Thema: ernährung

Es ist Holunderzeit ... und HUGO wartet

HUGO - der Cocktail aus Holunderblütensirup und Prosecco - hält sich seit Jahren auf der Hitliste der Sommerdrinks. Doch Holunder hat noch mehr zu bieten: seit Jahrtausenden gelten Blüten und Beeren des unscheinbaren Baums als Medizinschrank der Natur. Und aus der Gourmetküche ist Holunder auch nicht wegzudenken.

Jetzt, im ausgehenden Sommer, ist es wieder soweit: überall an den Wald- und Wiesenrändern, in Trümmergrundstücken oder vergessenen Ecken im Garten bietet ein unscheinbarer Busch Köstlichkeiten in Hülle und Fülle: Holler, Elder, Kisser, Schwarz- und Husholder  oder Flieder - so verbreitet und so altbekannt ist der bis zu 7 m hohe Holunder-Busch, dass er im Laufe der Jahrhunderte viele Namen bekommen hat.

Schon Hippokrates schrieb den zarten Blüten und den süßen Beeren im 5. Jh. v. Chr. vielfältige Gesundheitswirkung zu. Für den altgriechischen Arzt waren vor allem die Beeren "sein Medizinschrank".

Hieronymus Bock, der im 15. Jahrhundert die erste wissenschaftliche Beschreibung von Heil- und Gewürzpflanzen veröffentlichte, lobte den Holunder u.a. als wassertreibend, «Holder inn leib genüzt / ist einer krefftigen außtreibenden Natur... / treibt auß die Wassersucht mit gewalt /... Etliche machen ein guten Essig aus Holder blüet.»

Bis heute nutzt die Naturheilkunde Blüten und Beeren des Holunderstrauchs als Medizin. So wirken Tees aus getrockneten Blüten gegen Infektionen der oberen Atemwege und gelten auch als fiebersenkend.  Darüber hinaus entwässern die Blüten und helfen so bei der Entgiftung. Aber auch dem Geist helfen die zarten Blüten: sie entspannen, beruhigen die Nerven und vertreiben Ängste und depressive Stimmungen. Die schwarzen, recht süßen Beeren sind sehr reich an Vitaminen und Mineralstoffen und finden als Saft, Kompott oder Suppe Einsatz in der heilenden Küche.

Auch in der Gourmetküche findet Holunder immer wieder Einsatz - meist süß in Kuchen, Torte oder als Gelee, aber auch pikante Varianten nutzen die Süße der Beeren. Zum Beispiel die traditionelle englische Pontacksauce: 450 g reife Holunderbeeren werden mit 450 ml Essig übergossen und zwei Stunden lang in die Wärme gestellt. Danach wird der Sud abgesiebt und mit 200 g Zwiebeln (Schalotten), 1 TL Salz, 1 EL Pfeffer, 1/2 TL Nelken, 1/2 TL Muskatblüte, 1/2 TL Piment. Zwei von drei traditionellen Rezepten geben an, dass auch 15 gr Ingwer zur Sauce gehört.

Nach dem Köcheln absieben, die Sauce noch einmal 5 Minuten erhitzen und noch heiß in Flaschen abfüllen. Dann heißt es warten, warten, warten ... denn traditionell soll diese alte englische Sauce sieben Jahre lang ruhen. Erst dann hat sie das volle Aroma entwickelt. Aber natürlich schmeckt sie auch schon nach einer kürzeren Lagerzeit.

Erfunden hat diese legendäre Sauce im 17. Jahrhundert der Besitzer eines der traditionsreichsten Restaurants in London, dem "Pontack's Head". Francoise Auguste de Pontac war der Sohn des Premierministers von Bordeaux und leitete in London das damals angesagteste Restaurant. Er galt zwar als verrückt - auf seiner Speisekarte standen Skurrilitäten wie ein "Ragout aus Mastschnecken" - aber britische Offiziere liebten die Sauce derart, dass sie sie in die ganze Welt mitnahmen.

Hugo -Jäger von Aperol Spritz

Auch unter den Cocktailshits macht sich der Holunder breit. Vom Süden der Republik ausgehend zieht der HUGO immer mehr Drink-Liebhaber an. Von seinem Erfinder - einem Bartender aus Südtirol - ursprünglich zwar mit Zitronenmelissesirup geschüttelt, wurde dieser Sirup auf seinem Siegeszug gen Norden gegen Holunderblütensirup ausgetauscht, vermutlich weil dieser leichter erhältlich ist. Für die Cocktail-Fachzeitschrift "mixology" hat der HUGO zwar das Kultgetränk Aperol Spritz noch nicht eingeholt - ist ihm aber hart auf den Fersen.

Hier das Originalrezept des Bartenders Roland Gruber (veröffentlicht in "mixology"): 15 cl 2cl Zitronenmelissesirup (Holunderblütensirup), ein Spritzer Soda, etwas Minze. Serviert wird der Cocktail im Weinglas, mit zwei, drei Eiswürfeln vorsichtig verrührt und mit einer Zitronenspalte dekoriert.

Mythisches rund um den unscheinbaren Busch

Es hüte sich derjenige, der einen Holunderbusch abschlägt. Nach alten Legenden durften dies lediglich Witwen und Waisen tun, denn diese "waren sowieso dem Tode geweiht". Und wenn es einmal gar nicht anders geht und ein Holunderbaum unbedingt abgeholzt werden muss, dann gilt es noch bis ins 18. Jahrhundert als Selbstverständlichkeit, sich beim Baum zu entschuldigen, ansonsten drohte Unheil bis hin zum Tod.

Selbst wenn Blüten und Blätter gepflückt wurden, bat man den Baum ehrfürchtig um dessen Erlaubnis, um ihn nicht zu verärgern und damit die Wirkung seiner Heilkraft einzubüßen. Blühte der Holunder ein zweites Mal im Jahr, so stand ein familiärer Todesfall bevor. Doch beginne auf einem Grab ein Holunderbaum zu wachsen, so habe der Verstorbene endlich seine Ruhe gefunden.

Im germanischen Kulturraum werden dem Holunderbaum überwiegend schützende und Nahrung spendende Eigenschaften zugeschrieben. Bei den Kelten allerdings werden dem Hollerbusch sowohl schwarz (Erdgötting Morrigan) als auch helle Seiten (Lichtgöttin Brigid) zugeschrieben.

Seinen Namen soll der Holunder übrigens von dem Märchen "Frau Holle" haben, die wie eine Naturgöttin über das Wetter auf Erden wachte und beständig um das Wachsen und Gedeihen besorgt war.

Und auch Harry Potter nutzte Holunderholz für seinen Zauberstab. Holunder sucht des Menschen Nähe, heißt es, und wächst von daher gern nahe von Häusern oder an Scheunen sowie an Bahngleisen, Wiesen und Waldrändern. Die Häuser schütze er vor dem Eindringen von Mäusen, Fliegen und auch Blitzeinschlägen. Wird ein Haus von seinem Bewohner verlassen, sei es keine Seltenheit, dass der Holunderbaum eingehe.

Foto: Jetzt ist die Zeit, dass die Holunderbeeren reifen




2012-09-11 ; von Angelika Blank (autor),

ernährung   holunder   essen   esskultur  

Kommentare

    Sie müssen registriert und angemeldet sein um einen Kommentar schreiben zu können