Grashüpfer & Co: Ersetzen sie bald den Sonntagsbraten?

Geht es nach Arnold van Huis, Experte der Welternährungsorganisation (FAO), dann finden sich bald auch auf europäischen Tellern statt Rinder- und Schweinesteaks gegrillte Grashüpfer oder frittierte Ameisen. Angesichts des steigenden Hungers auf der Erde propagiert der belgische Professor die eiweißreiche Insektenkost.

In Europa geraten Massenzuchtanlagen immer mehr in Verruf, in Mittelamerika verschwindet jedes Jahr Regenwald in der Größe eines Bundeslandes zugunsten von Weideflächen und weltweite Fleischtransporte sowie gewaltige Viehplantagen tragen nicht unerheblich zum CO2-Ausstoß bei. Ganz abgesehen davon, dass der hohe Fleischkonsum der westlichen Länder den armen Ländern dringend benötigtes Getreide entzieht. Denn Fleisch ist Lebensmittelverschwender Nummer eins. Zur Produktion einer tierischen Kalorie werden je nach Tierart fünf bis dreißig pflanzliche Kalorien verfüttert. Beim Rind bleiben deutlich über 90 Prozent der Nahrungsenergie auf der Strecke. Mehrfach so viele Menschen können daher mit der gleichen Getreidemenge ernährt werden, wenn es weltweit weniger Fleischkonsum gäbe.

Seit Jahren entwickelt die Welternährungsorganisation (FAO) deshalb neue Konzepte, wie der Welthunger begrenzt werden könnte. Arnold van Huis, Ernährungsexperte der FAO, wies jetzt erneut darauf hin, welch excellente Nahrungsquelle Insekten sein könnten.

Mit über 1400 essbaren Insektenarten auf der Welt, bietet die Insektenwelt vielversprechende Möglichkeiten - sowohl in wirtschaftlicher als auch ernährungsphysiologischer Hinsicht. Schon mehrfach diskutiertenErnährungsexperten der FAO auf Konferenzen und Seminaren das Potenzial von Insekten für die Welternährung.

In Europa gilt das Essen von Insekten zwar immer noch als unüblich bis eklig, aber in vielen anderen Regionen der Welt gehören Insekten zum täglichen Speiseplan. Immerhin werden nach Informationen der FAO rund 527 verschiedene Arten in 36 Staaten Afrikas, 29 asiatischen Ländern und sogar in 23 Ländern Amerikas gegessen.

Insekten - Reich an Proteinen, Vitaminen und Mineralien

Von den hunderten verschiedenen Insektenarten, die als essbar gelten, stammen die meisen aus den Haupt-Insektengruppen Ameise, Käfer, Biene, Grashüpfer oder Grille. Aber auch Motten oder Schmetterlinge finden sich auf den Speisetellern der Welt - gegrillt, gebraten oder getrocknet.

Insekten gelten als hochgradig nahrhaft. Manche Arten enthalten soviel Eiweiß wie Fleisch oder Fisch. In getrockneter Form haben die Krabbeltiere oft doppelt soviel Protein als frisches Fleisch oder Fisch. Besonders im Larvenstadium bringen Insekten auch viel Fett und viele wichtige Vitamine und Mineralien mit.

Aber aufgrund ihrer unglaublichen Vielfalt sind Insekten die am schlechtesten studierten Arten der Fauna. "Wir wissen erstaunlich wenig über die Lebensräume, Populationsbewegungen oder das wirtschaftliche und praktische Potenzial der meisten essbaren Waldinsekten", so Patrick Durst, FAO Forstexperte.

Auch in praktischer Hinsicht haben sich die Experten der FAO bereits mit den Möglichkeiten der Weiterentwicklung von Aufzucht, Haltung und Vertrieb der essbaren Krabbeltiere beschäftigt. "Um essbare Insekten von hoher Qualität mit wenig Insektizid-Belastungen anbieten zu können, braucht es auch eine nachhaltige Forstwirtschaft, die den Lebensbedingungen der Insekten entspricht", so Experten der FAO.

Aber vorerst gilt es erst einmal, den Appetit de Europäer auf Grashüpfer, Ameisen & Co. zu wecken. Noch beschränkt sich das Insektenangebot auf einige wenige Restaurants, die sich des Gourmet-Themas "Krabbeltiere" angenommen haben.

Hier ein Rezept für ein "Kölsches Kartoffel-Mehlwurm-Süppchen à la Benecke":

Zutaten:
800 g Kartoffeln
1 Bund Suppengrün
1 große Zwiebel
2 Beete Kresse
50 g Butter
Salz, Pfeffer
Kräuter der Provence
4 Suppen-Brühwürfel
100 ml Schlagsahne
250 g Mehlwürmer

Zubereitung: Zirka 250 Gramm (etwa 2 Schalen voll) Mehlwürmer oder Schwarzkäfer-Larven im Zoo-Laden (Futtertiere für Echsen) kaufen. Tiere über Nacht im Tiefkühl-Fach lagern. Dann in einem Sieb unter fließendem Wasser waschen. 8 Tiere beiseite legen.

Kartoffeln, Suppengrün und Zwiebel reinigen und würfeln. Kresse waschen und klein schneiden. Butter im Topf erhitzen, alle Gemüse und die Tiere darin andünsten. Mit Salz, Pfeffer und Kräutern der Provence würzen. Vier Suppenwürfel in 1,5 Liter Wasser auflösen und dazugießen.
Die Suppe 5 Minuten auf kleiner Flamme halten, dann 3/4 der Kresse zugeben.
Währenddessen die acht übrigen Tiere in einer Pfanne in Butter 3 Minuten anbraten und danach beiseite stellen.

Zutaten im Topf pürieren. Sahne zugießen, kurz aufkochen, abschmecken. Suppen in Teller oder Suppentassen füllen, obenauf je 2 der angebratenen Tiere als Dekoration.
Dazu Baguette servieren.

Der Kölner Kriminalbiologe und forensische Entomologe (= Insektenkundler, der anhand der Leichenbesiedelung durch Insekten Näheres über die Todesumstände herausfinden kann) Mark Benecke hat auf seiner Website übrigens verschiedene Rezepte anzubieten.

Foto: benecke.com




2010-08-22 ; von Angelika Blank (autor),

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