Munster: war die Wolfs-Vergrämung erfolgreich?

Um einen Wolf aus dem Munsteraner Rudel dazu zu bringen, die Nähe des Menschen zu meiden, war vergangene Woche ein Vergrämungsexperte aus Schweden im Einsatz. Nachdem "Kurti" bei Annäherungen mehrfach flüchtete, wurde die Aktion vorerst abgeschlossen.

Inzwischen hat der Wolfsrüde, der bei Munster seit einigen Monaten für Unruhe sorgt, einen Namen bekommen. "Kurti" trieb sich in Wohngebieten herum, schlich Spaziergängern hinterher und folgte gar einer Frau mit Kind. Als er sich auch noch an einer Flüchtlingsunterkunft zum Schlafen niederlegte, war Schluss mit Lustig.

Nach einem aufwändigen Genehmigungsverfahren kam vergangene Woche der schwedische Vergrämungsexperte Jens Karlsson vom Swedish Wildlife Dammage Centre in Grimsö, um drei Tage lang zu versuchen, den Wolf zu vergrämen, sprich: ihn dazu zu bringen, sich den Menschen nicht mehr so dicht zu nähern.

Acht mal begegnete das Vergrämungsteam dem Wolf, es wurde jedoch nicht geschossen, teilte das Umweltministerium vor einigen Tagen mit. Nach den Schilderungen des schwedischen Experten sei der Wolf in Begleitung eines zweiten Tieres angetroffen worden und habe sich deutlich scheuer verhalten, als in den vergangenen Wochen berichtet. Selbst bei größeren Abständen habe der Wolfsrüde ein ausgeprägtes Fluchtverhalten gezeigt. Experten vermuten, dass dies mit der Paarbildung zu tun haben könnte. 

Wolf wird weiter beobachtet

Nach drei Tagen beendete der Vergrämungsexperte seinen Einsatz. Nun hofft man, dass "Kurti" sein Fluchtverhalten beibehält und keine Menschen mehr erschreckt. Im Ministerium will man die Vergrämungsaktion jetzt gemeinsam mit Fachleuten im neuen Dokumentations- und Beratungszentrum des Bundes und im niedersächsischen Arbeitskreis Wolf auswerten. Der besenderte wird weiterhin intensiv beobachtet.

"Bei Bedarf ist eine Wiederholung der Aktion, unter Umständen auch mit härteren Vergrämungsmaßnahmen in Zusammenarbeit mit dem schwedischen Experten nicht ausgeschlossen," so Wenzel. "Die Anordnung des Ministeriums zur Vorbereitung einer möglichen Entnahme des Tiers aus der Natur behält bis auf weiteres ihre Gültigkeit." Eine Tötung des Wolfs ist für Wenzel allerdings immer noch die allerletzte Alternative.

Wie Umweltminister Stefan Wenzel auf eine Mündliche Anfrage von FDP-Abgeordneten im Landtag erläuterte, wird die Art der Vergrämung jeweils dem Anlass entsprechend gewählt. "Grundsätzlich möglich sind Maßnahmen, die einen negativen Reiz durch Lärm, Licht oder Schmerz auslösen," so Wenzel. "Als Vergrämung gilt zugleich das Aufstellen von Elektrozäunen oder der Einsatz von Herdenschutztieren, Ultraschallgeräten und anderen technischen Maßnahmen."

Das Ziel der Vergrämungsmaßnahmen ist es zunächst, den besenderten Rüden des Munster-Rudels dazu zu bringen, wieder eine ausreichende Distanz zu Menschen einzuhalten. Das Swedisch Wildlife Damage Centre in Grimsö (Schweden), für das der beauftragte Vergrämungsexperte arbeitet, ist die bislang einzige Institution in Europa, die über entsprechende langjährige Erfahrung mit Wölfen verfügt.

Ist eine Vergrämung tiergerecht?

Jede Vergrämungsmaßnahme muss zunächst bei mehreren Behörden und Institutionen angemeldet und von ihnen genehmigt werden. Dazu gehören u. a. Naturschutzbehörden, der bretroffene Landkreis, die Jagdbehörde sowie weitere Fachsstellen. Hier wird geprüft, ob die Vergrämungsmaßnahme mit Naturschutz-, Waffen- oder Jagdrecht vereinbar ist.

Eine Veterinärin begleitet die Vergrämungsmaßnahme und achtet auf die Einhaltung des Tierschutzes. Eine professionelle Vergrämung ist das mildeste Mittel, welches gegen einen auffälligen Wolf eingesetzt werden kann. Nur wenn keine zumutbare Alternative - wie z. B. das Vergrämen - mehr greift, darf für das Töten eines Wolfs eine Ausnahmegenehmigung erteilt werden.

Der Freundeskreis freilebender Wölfe lobt die aktuelle Vergrämungsmaßnahme als "umsichtig", befürwortet aber gleichzeitig "eine Zusammenführung des Monitorings und des Managements, damit das Wolfsbüro zukünftig schneller agieren kann ." (hier! geht es zur ganzen Erklärung zur Vergrämungsaktion bei Munster). 

Und die Kosten?

Neben den Kosten für die aufwändigen Verwaltungsverfahren, die vor der Vergrämung durchgeführt werden mussten, müssen eine Aufwandsentschädigung und Reisekosten für den schwedischen Experten gezahlt werden. Ein Honorar erhält er nach Aussagen von Minister Wenzel nicht.

Vor dem Landtag erläuterte Wenzel in dieser Woche: "Für den Einsatz zum Monitoring, zur Ortung und bei der Vergrämungsmaßnahme selber steht Personal des Wolfsbüros, der Bundes- und der Landesforsten sowie des Nationalparks Harz zur Verfügung, dass diese Aufgaben im Rahmen des Dienstes oder ehrenamtlich in der Freizeit wahrnimmt. Die Aufgaben der Tierschutzbeauftragten werden durch eine von einem Landkreis an den NLWKN abgeordnete Kreisveterinärin wahrgenommen." Zusätzlich würden die Maßnahmen durch ehrenamtliche Wolfsberater unterstützt. "Kosten entstehen dem Land vor allem für Übernachtungen, Transporte und sonstige Logistik," so Wenzel.

Für eine möglicherweise notwendige Ortung aus der Luft (bei schwierigen Geländeverhältnissen ist die terrestrische Ortung nicht immer gewährleistet) steht die Flugbereitschaft der Feuerwehr zu einem Stundensatz von 360,- € pro Stunde zur Verfügung.

Wenzel betonte vor dem Landtag aber auch, dass die Gesamtkosten für eine Vergrämungsmaßnahme erst dann endgültig feststellbar sind, wenn die jeweilige Maßnahme abgeschlossen ist. 

Foto / Bodlina : Wenn Wolf "Kurti" sich nicht bald daran gewöhnt, die Nähe von Menschen zu meiden, könnte er demnächst Wohngenosse dieses Wolfs im Prager Zoo werden - oder in einem anderen Wildtier-Reservat landen.




2016-03-11 ; von asb (autor),

 

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