Thema: wildtiere

Schluss mit automatischen Schussanlagen

Bereits 2004 waren im Raum Schnackenburg Schussanlagen zum Vertreiben von wildlebenden Tieren verboten worden. Nun erließ der Landkreis für ganz Lüchow-Dannenberg ein Verbot, nachdem immer wieder Beschwerden über die lärmenden Knall-Maschinen eingegangen waren. Bereits im Herbst 2009 hatte die Kreisverwaltung angekündigt, bei weiterem rücksichtslosen Betrieb ein kreisweites Verbot anzuordnen. "Dieser Fall ist nun eingetreten", teilte die Kreisverwaltung heute mit, nachdem in der Dannenberger und Gartower Marsch im Biosphärenreservat drei solcher Anlagen gefunden worden.

Welchem Zweck dienen diese Schussanlagen?

Seit der Mensch systematisch Ackerbau betreibt, will er seine Kulturen vor Wild und Vögeln schützen. Zur Abwehr der hungrigen Tiere aus den landwirtschaftlichen Kulturen wurden über Jahrhunderte verschiedene Verfahren und Methoden entwickelt und eingesetzt. Vogelscheuchen, schwingende und surrende Drachen sowie Alufolien oder Flatterbänder wirken für die Vögel abschreckend durch ihre Ähnlichkeit mit angsterzeugenden Objekten, durch Überraschungseffekte und irritierende schnelle Bewegungen. Im Obst- und Weinbau gilt das Einnetzen als sicherste und teuerste Methode. In der heutigen Zeit kommt es auch nicht mehr zum Einsatz von Feldhütern, die die Landschaft beobachten und Schreckschüsse erzeugen und die Vögel vertreiben, wenn sie anfliegen und sich auf einem Weinberg oder in einer Obstplantage niederlassen wollen.

Die Technisierung hat auch in diesem Zusammenhang fragwürdige Fortschritte gemacht. Erstmals wurden in den Weinbaugebieten in Rheinland-Pfalz automatische Schussanlagen zum Vertreiben von Vögeln eingesetzt. Mittels einer Zeitschaltuhr, d. h. unregelmäßig, wird mittels einer Batterie und einer handelsüblichen Propangasflasche ein Dreifachschuss elektronisch ausgelöst. Die Wirksamkeit der Methode, die präventiv eingesetzt wird, d. h., auch wenn gar keine Vögel da sind, ist umstritten. Die automatische Dauerbeschallung soll allerdings kaum eine Verscheuchungswirkung haben und führt gleichzeitig zu unangenehmen Lärmauswirkungen für Anwohner in den benachbarten Orten. "Wenn die Anlagen überhaupt für eine Verscheuchung sorgen, ist die Wirkung auf eine Ackerfläche von ein bis zwei Hektar begrenzt. Der verbreitete Einsatz hat Rheinland-Pfalz dazu bewogen, dass in das Landesimmissionsschutzgesetz eine Reglementierung aufgenommen wurde, Schussanlagen unter einer Genehmigungspflicht zu unterwerfen", so die Kenntnis der Kreisverwaltung.

Vor allem Gänse sollen verjagt werden

Über Rheinland-Pfalz und die Obstanbaugebiete im Alten Land haben die Schussanlagen in den letzten Jahren auch das Wendland und den Drawehn erreicht. Hier geht es den Landwirten ungeachtet der umstrittenen Methode darum, auf kostengünstige Weise das aufgelaufene Getreide im Herbst und Winter vor dem Kahlfrass durch die nordischen Gastvögel, wie Graugans, Saatgans oder Blässgans zu schützen. Die Anschaffungskosten von mehr als 600 Euro haben die Verbreitung der Knall-Maschinen nicht verhindern können. Die laufenden Kosten sind allerdings gering, wenn man berücksichtigt, dass 5 kg Propangas für etwa 20.000 Schuss reichen.

Auch beim Mais kommen derartige Anlagen zum Einsatz, die dann auch noch besonders rücksichtslos für die Bewohner der benachbarten Orte in der Nachtzeit betrieben wurden. Hier soll versucht werden, Wildschweine rund um die Uhr zu vertreiben, was jedoch ziemlich aussichtslos bei dem verlockenden Nahrungsangebot sein dürfte. Allein der Mensch wird durch die unregelmäßigen Schussfolgen um seinen wohlverdienten Schlaf gebracht.

In Lüchow-Dannenberg durften auch bereits vor dem Erlass der Allgemeinverfügung derartige Schussanlagen in weiten Bereichen aufgrund des naturschutzrechtlichen Schutzstatus nicht betrieben werden. Die Vorschriften für das Biosphärenreservat Niedersächsische Elbtalaue und die zahlreichen EU-Vogelschutzgebiete stehen dem entgegen. Das Vogelschutzgebiet „Niedersächsische Mittelelbe“ wurde u.a. für die nordischen Gastvögel ausgewiesen. Zu den Erhaltungszielen gehört zum Beispiel die Minimierung und Vermeidung von Störeinflüssen während der Zug- und Rastzeiten in Bereichen, die als Nahrungsflächen und Schlafplätze besonders bedeutsam sind.

So laut wie ein Staubsauger

Die Immissionsrichtwerte für Dorfgebiete betragen tags 60 und nachts 45 dB(A). Einzelne Geräuschspitzen dürfen die Richtwerte am Tage nicht mehr als 30 dB(A) und in der Nacht nicht mehr als 20 dB(A) überschreiten. In einem von der Kreisverwaltung geprüften Fall betrug der Beurteilungspegel in 1000 m Entfernung noch an die 50 dB(A) - das entspricht ungefähr dem Lärm eines Staubsaugers aus 10 m Entfernung gehört.

Trotz des soeben erlassenen Verbots ist nicht ausgeschlossen, dass auf Antrag einzelne Anlagen zugelassen werden, wenn Immissionsrichtwerte eingehalten werden und keine naturschutzrechtlichen Aspekte entgegenstehen. Mit dem formlosen Antrag sind ein Lagenachweis und eine Beschreibung der Betriebsweise der Anlage einzureichen. Die Entscheidung, ob positiv oder ablehnend, ist kostenpflichtig.

Die Kreisverwaltung weist darauf hin, dass der nicht genehmigte Betrieb von Schussanlagen einen Straftatbestand darstellt. Wer weiterhin eine Schussanlage betreiben will, sollte in jedem Fall Kontakt zum Fachdienst Bauordnung, Immissionsschutz und Denkmalpflege beim Landkreis Lüchow-Dannenberg suchen.

Für Auskünfte steht in der Kreisverwaltung Manfred Haacke, Tel. 05841/120-530, E-Mail: m.haacke@luechow-dannenberg.de zur Verfügung.

Foto: Kreisverwaltung

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2010-02-15 ; von asb (autor),

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