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SOLI: Stein mit Namen des Sexualstraftäters Luckner soll weg. Hoch geehrter Graf missbrauchte 1937 eine Achtjährige

Der Gedenkstein für den Seefahrer Friedrich Lüdemann nahe dem Dannenberger Verwaltungsgebäude soll weg. Das fordert die SOLI-Fraktion im Rat der Stadt.

 
Ihr Begehr richtet sich nicht gegen Lüdemann, sondern gegen den Stifter des Denkmals, Felix Graf von Luckner. Auch sein Name steht auf dem Stein. Der Name eines Mannes, der nicht nur „Seeheld“ war sondern nachweislich auch geständiger Kinderschänder. Die Sache ist Thema im Rat der Stadt am Montag, dem 5. Mai, um 19 Uhr im Gasthaus Grönecke in Breese/Marsch. 
Zwischen den Häusern der Samtgemeindeverwaltung an der Rosmarienstraße, auf dem kleinen Gedenkplatz vor dem Stadtarchiv, steht der Stein mit der Aufschrift „Friedrich Lüdemann aus Breese i. D.d. Marsch bei Dannenberg / Steuermann auf dem Kaperschiff Seeadler 1916 – 17 / zum Gedächtnis / Sein Kommandant Graf Luckner und seine Kameraden 1958“.

Gutachten belegt Graf Luckners Sexualstraftaten

Luckner, vielfach glorifizierter Marineoffizier des ersten Weltkriegs, war nicht nur wagemutiger „Seeheld“ und Autor der „Seeteufel“-Bücher, sondern auch Kinderschänder. Das belegt ein vor allem auf amtlichen Akten fußendes Gutachten, das die Stadt Halle im Vorfeld einer möglichen Straßenbenennung - sie erfolgte nicht ­– in Auftrag gegeben hatte.

Bundespräsident Theodor Heuss ehrte ihn mit dem Großen Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland, die Post mit einem Sonderstempel zum 125. Geburtstag, und noch heute sprechen vor allem alte Seebären voller Ehrfurcht vom „Seeteufel“ Felix Graf Luckner. Berühmt geworden war er, als er im ersten Weltkrieg als Kapitän mit den Schiff „Seeadler“ die englische Seeblockade durchbrach. Seine Kühnheit brachte ihm den Beinamen „Seeteufel“ ein, den er später auch in die Titel seiner Bücher einflocht. Die spannenden Erzählungen wurden vor allem von seefahrt begeisterten Jungen verschlungen.

Seeheld“ verging sich an achtjährigem Mädchen

Felix Luckner begeisterte sich für Mädchen. Für kleine Mädchen. Wie das Gutachten ausweist, verging er sich Anfang 1937 nachweislich an der achtjährigen Tochter seines Rechtsanwaltes in Hannover. Nachweislich, weil der Marineheld die Tat zugab – vor einem Sondergericht. Als die Vorwürfe gegen Luckner bekannt geworden waren, ordnete Adolf Hitler persönlich an, dass die Sache nicht an die Öffentlichkeit gelangen dürfe. Er wünsche, so verfügte der braune Machthaber, keine „Einleitung eines förmlichen Strafverfahrens“. Am 10. Juni 1939 befahl der Diktator, Luckner müsse sich vor einem Sonderehrengericht verantworten. Eingesetzt werden sollte dies vom Chef der Reichskanzlei Hans Heinrich Lammers und dem Reichsführer der SS Heinrich Himmler.

Missbrauch einer Elfjähriger bestritten

Vor dem Sondergericht schilderte Luckner, wie er sich „in einem Zustand sittlicher Erregung“ an dem Kind befriedigte und sich am Tage danach ein zweites Mal in widerlicher Weise an der Achtjährigen verging. Vorgeworfen war dem Pädophilen, sich auch an der elfjährigen Tochter seines Anwalts vergriffen zu haben. Das jedoch stritt der Graf ab. Das Sondergericht stellte schließlich fest, Felix Luckner habe „zweimal Unzucht mit einem achtjährigen Kinde getrieben und sich daher in zwei Fällen eines Verbrechens schuldig gemacht“.

Intimverkehr mit eigener Tochter - oder Stieftochter

Zugegeben hatte Luckner im Laufe des Verfahrens auch, mit seiner 23-jährigen Tochter Intimverkehr gehabt zu haben. Er beteuerte, das sei in beiderseitigem Einvernehmen geschehen. Die junge Frau dagegen erklärte, ihr Vater habe sie alkoholisiert und dadurch „in einen willenlosen Zustand versetzt“. Auch behauptetet Luckner, es sei gar nicht seine leibliche Tochter – denn er sei durch einen Unfall und eine Geschlechtskrankheit zeugungsunfähig. Fest stand, dass das Mädchen von Luckners erster Ehefrau geboren worden war. Hätte die junge Frau tatsächlich einen anderen leiblichen Vater gehabt, so wäre sie immerhin Stieftochter des Grafen gewesen und somit lag nach Ansicht des Gerichts nach damaliger Gesetzeslage eine „Blutschande in minderem Grade“ vor.

Kein Strafurteil

Von einer Strafe gegen Luckner ist nichts zu lesen. Es heißt, die Mitglieder des Sondergerichts hätten sich, noch ehe sie einen Urteilsspruch fällen konnten, beim plötzlichen Kriegseinbruch zur Wehrmacht oder „zum Polizeidienst in Polen“ melden müssen. Deshalb, so schlug der Vorsitzende des Gerichts damals vor, solle man einen Bericht verfassen, der dann „Grundlage für die weiteren Entschließungen des Führers“ sein könne. Von „Entschließungen“ Hitlers zum Fall Luckner ist nach derzeitigen Erkenntnis nichts überliefert.

SOLI: Den Stein entfernen

Ein Gedenkstein, auf dem auch der Name eines Sexualstraftäters zu lesen ist, der sich an einem Kind vergangen hat, kann nicht länger hingenommen werden, meint die SOLI-Fraktion. Sie hatte im Fachausschuss auch die Alternative vorgeschlagen, den Stein zu belassen, ihn aber mit einer erläuternden Tafel zu versehen, Doch das sei vor allem bei der CDU-Fraktion nicht gut angekommen, berichtet SOLI-Fraktionsvorsitzender Kurt Herzog. Verständlich. Wer möchte schon in „seiner“ Stadt eine Erläuterungstafel haben, die auf die scheußlichen Taten eines Gedenkstein-Stifters hinweist – und sei es auch nur andeutungsweise.

Foto oben: Der Gedenkstein in Dannenberg Foto: Hagen Jung / Foto unten: Hochdekoriert: Felix Graf von Luckner




Fotos

2014-04-29 ; von Hagen Jung (autor),
in Dannenberg (Elbe), Deutschland

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