Bundeskanzlerin besucht - trockenes - Hitzacker / Problem Wussegel
Angela Merkel ist pünktlich: Gegen Nachmittag trifft sie per Helikopter im wendländischen Hitzacker ein. Das Fachwerkstädtchen an der Elbe steht auf ihrer Hochwassertour, so mutmaßen einige Journalisten, weil Hitzacker so etwas wie ein happy end der Hochwasserkatastrophe sein könnte: Die rund 37 Mio. Euro teure Spundwand samt Schöpfwerk hält bislang dicht und widersteht den Wassermassen. Gut investiertes Steuergeld. Die Bundeskanzlerin kommt gerade aus Lauenburg, die dortige Altstadt steht unter Wasser - und die Lauenburger hatten nicht in ein solches Flutabwehr-System investiert. Ist das die Botschaft?
Die Medienmeute erwartet die Bundeskanzlerin, und medienwirksam startet "ganz spontan" ein Hanomag vom THW den Motor, als sich der Tross, der die Bundeskanzlerin umringt, auf die Flutmauer zubewegt. Brummend seilt der Lkw einen Baumstamm ab, der frisch aus der Elbe geborgen wurde. Merkel nimmt sich viel Zeit, geht zu den ehrenamtlichen Helfern von THW und DLRG, DRK und Feuerwehr, um mit den Menschen zu reden und sich persönlich zu bedanken.
Die Journalisten filmen jeden Handschlag. Merkel tut das unaufgeregt, wirkt eine Spur abgespannt. Auch für sie ist es offenbar nicht leicht, immer dieselben Bilder von Not und Elend präsentiert zu bekommen. Hinter vorgehaltener Hand murren viele Helfer über Politikerbesuche.
In Hitzacker aber bekommt die Kanzlerin eine Erfolgsstory präsentiert: Im Wendland halten die Deiche, und Hitzacker, sonst regelmäßig abgesoffen, ist bislang trocken geblieben - trotz des höchsten jemals gemessenen Hochwassers.
Plötzlich schrillen die Sirenen von Feuerwehrfahrzeugen, vier Autos brausen davon, Richtung Wussegel - eine Schwachstelle im Deich, an der seit gestern abend fieberhaft gearbeitet wird. Dort sickert inzwischen viel Wasser durch den Deichfuß, der mit Stahlmatten und Sandsäcken verstärkt wird. Der Feuerwehrsprecher wird später von Fehlalarm reden - eine akute Bedrohung besteht zur Stunde wohl nicht.
Schließlich stellt sich die Kanzlerin mit dem Bürgermeister Hitzackers, dem Landrat und dem Samtgemeinde-Direktor den Kameras. Als Bürgermeister Holger Mertins sie vor der versammelten Presse spontan umarmt, muss sie lächeln - das sieht man auch nicht oft. Ein Mitarbeiter einer großen Nachrichtenagentur raunt, dass es das mit der Flut wohl bald war: "Wir fahren das Thema langam runter". Hoffentlich hält sich das Wasser auch daran.
In Lauenburg verkündete die Kanzlerin eine Stunde zuvor, dass sich Bund und Länder die Last von 7 Mrd. Euro Flutschäden teilen wollen.
Foto /Björn Vogt/: Angela Merkel mit Helfern; Links von Merkel Stephan Weil