Mitten während des Castortransports meldete die BI Lüchow-Dannenberg, dass die Staatsanwaltschaft errechnet habe, dass die Strahlenwerte am Zwischenlager 0,294 mSv erreichen würden. Ausserdem habe die Staatsanwaltschaft ein formelles Ermittlungsverfahren eingeleitet. Beides ist nicht ganz richtig.
Wie die Pressesprecherin der Staatsanwaltschaft in Lüneburg, Staatsanwältin Angelika Klee, bereits am Montag gegenüber wnet erklärte, hat sich nach den ersten Ermittlungen kein Anfangsverdacht auf eine Straftat ergeben. Es wird also kein weiteres formelles Ermittlungsverfahren gegen die Betreiber des Zwischenlagers geben, wie es die BI mit ihrer Strafanzeige erreichen wollte.
"Wir haben nichts selber errechnet, sondern uns vom Bundesamt für Strahlenschutz informieren lassen", so die Staatsanwältin. Dabei seien die unterschiedlichen Berechnungen bzw. Messungen von Greenpeace, des NLWKN sowie der PTB miteinander verglichen und erläutert worden.
"Im Ergebnis hat sich kein Verdacht ergeben, dass hier eine Straftat begangen worden ist", so Angelika Klee.
CHRONOLOGIE DER EREIGNISSE
Die Vermutung, dass der Strahlenwert ausserhalb des Zwischenlagers sich mit der Einlagerung der aktuell angelieferten Castorbehälter auf über 0,3 mSv steigern könnte, ist nicht neu. Bereits im August schlug der NLWKN Alarm, als er bei Routineüberprüfungen feststellte, dass der sogenannte "Eingreif-Grenzwert" von 0,27 mSv bereits zur Mitte des Jahres erreicht war.
Selbst Atomexperte Mathias Edler von Greenpeace räumte ein, dass daraufhin genau das vorgeschriebene Verfahren eingeleitet wurde, welches nach der Nebenbestimmung A 8 der Aufbewahrungsgenehmigung des Bundesamts für Strahlenschutz für das Zwischenlager vorgeschrieben war: das Niedersächsische Umweltministerium als Aufsichtsbehörde prüfte bzw. ließ prüfen, ob die Aufbewahrungsgenehmigung ausgesetzt werden müsse. Die GNS sollte bis Ende September erklären, ob und wie sie sicherstellen könne, dass der Strahlungs-Grenzwert nicht überschritten wird.
Die Physikalisch-Technische Anstalt wurde mit Messungen beauftragt, die der TÜV Nord zur Grundlage seiner (Neu-)Berechnungen machte. Ende September wurde dann der Umweltausschuss des Landtages in Lüchow über das Ergebnis der Messungen informiert: Das Niedersächsische Umweltministerium kam zu dem Schluss, dass der zulässige Grenzwert auch mit der Einlagerung von weiteren 11 Castorbehältern mit hochradioaktivem Inhalt nicht überschritten würde.
Über diese Bewertung gibt es bis heute massive Auseinandersetzungen. Greenpeace kritisiert einerseits das intransparente Verfahren, in dessen Verlauf der Umweltschutz-Organisation vergangene Woche sogar das Akteneinsichtsrecht entzogen wurde, andererseits wird die Art und Weise der Festlegung der Hintergrundstrahlung kritisiert. Gorlebengegner vermuten gar Manipulation der Daten, um den Castortransport termingerecht nach Gorleben bringen zu können.
Wie aus dem Fachgespräch in Lüchow sickerte, hatte die PTB in der Umgebung des Zwischenlagers nach Messpunkten mit dem ungünstigsten Strahlungswert gesucht und diese ausgerechnet im Schotter des umlaufenden Weges sowie in der Umwallung des Zwischenlagers gefunden. Aufgrund dieser Strahlenwerte wurde die natürliche Hintergrundstrahlung wesentlich höher angesetzt als dies z.B. Greenpeace getan hatte.
Derzeit gibt es noch keine Aufklärung darüber, warum und zu welchem Zeitpunkt das belastete Material am Zwischenlager in Gorleben verbaut worden war.
Mathias Edler während des Castortransports: "Nach Auswertung der offiziellen Dosimeter wird sich zeigen, ob die Grenzwerte in Gorleben mit der Einlagerung der elf neuen Behälter überschritten werden." Doch diese Informationen werden die Öffentlichkeit wohl frühestens Ende Januar erreichen, wenn die Eingangsmessungen im Zwischenlager abgeschlossen sind und jeder Castorbehälter auf seinem ihm zugewiesenen Platz steht.
Foto: greenpeace / Wärmebild am Zwischenlager - deutlich sind in orange die Stellen erkennbar, wo Strahlung austritt ...