Wie wär’s mal mit Gemeinsamkeit?

Helmut Koch über allerlei Stadtjubiläen

Sechs Damen sitzen im Museum. Es wird diskutiert, vorgeschlagen, angehört und Kaffee getrunken. Weil Hitzacker 2008 vermutlich 750 Jahre alt wird und dies gefeiert werden will, haben sich auf Initiative von Ursula Pehlke einige Hitzackeraner zusammengefunden, um ihren Teil dazu zu tun. Einen Stadtspaziergang mit historischen Szenen will man erabeiten.

Angefangen mit der Hiddo-Sage: Da tobte mal Heinrich der Löwe mit reichlich Gefolge über die Äcker der Bauern. Einer fand das nicht prall und ließ seinen Hofhund los, der gewaltig wölfisch aussah. Die Adligen hielten das Viech tatsächlich für einen Wolf und gaben ihren Gäulen die Sporen. Nur der junge Hiddo stürzte sich auf den Köter und brachte ihn um. Das Fell bekam der Heinrich und schenkte Hiddo zum Dank das Land: Hiddos Acker, der Anfang von Hitzacker.

Die Damen üben und sind schon recht textsicher, wachsen in ihre Rollen, Tonfall und Gestus verändern sich – ein Schauspiel beginnt. Anderes wird noch erkundet oder gerade geschrieben. Lebhaft geht es zu, gegenseitig versucht man Geschichten von Häusern, die abgebrannt sind oder überschwemmt und wiederaufgebaut wurden, zu rekonstruieren. Wer wohnte da noch, wie lange war es eine Bäckerei, oder war es das Pfarrhaus?

Geschichte lebt auf, und wenn die Erinnerung nicht mehr reicht, bleiben noch immer die Quellen, die man anzapfen kann. Das Museum, in dem man gerade sitzt, diese und jener, die und den man fragen könnte. Natürlich darf man auch Bernhard Varenius nicht vergessen – in Hitzacker geboren. Wie soll man das in Szene setzen? Ein Treffen zur Zeit des Varenius? Eine Dame liest einen selbst verfaßten Dialog vor: ein Schreiber trifft den älteren Varenius vor seinem Haus und der erzählt über sich. Das sei so nicht glaubhaft, wenn der nie wieder hier gewesene und sehr früh verstorbene Varenius so über sein Leben und Werk erzählt, meint eine der Damen. Sonst sei der Text gut. Eine neue Rahmenhandlung wird besprochen.

Dieser Bericht hätte so ähnlich auch über einen Arbeitskreis oder eine Initiative in Lüchow gehen können. Dort ist es der 850. Geburtstag. Aber ist es nicht schade, wenn die Bereitschaft dieser Menschen, die Kreativität, die viele ehrenamtliche Arbeit unkoordiniert nebeneinander stattfinden, wenn jede Stadt für sich wurstelt, ums gleiche Publikum konkurriert, statt gemeinsam zu arbeiten und eine für alle größere Wirkung zu erzielen? Besonders dort, wo es um öffentliches Geld geht.

Doch so sind hiesige Kommunalpolitiker nur selten gestrickt. Immerhin – es waren schon Aktive des Lüchower Arbeitskreises in Hitzacker, und es gibt auch die Absicht, sich mit Salzwedel – dort findet 2008 der Hansetag statt – kurzzuschließen. Aber wird daraus wirklich etwas gemeinsames entstehen? Letztlich fummelt wohl wieder jede Kommune isoliert vor sich hin.

Schade – für die Damen im Museum Hitzacker und die Engagierten in allen Arbeitsgruppen.


2007-12-01 ; von Helmut Koch (autor),

 

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