Seit Jahren stöhnen die Anwohner der Hauptstrasse in Gartow bzw. der Landesstraße 256 über unablässigen LKW-Verkehr. Doch sämtliche Versuche, eine 30-km/h-Zone schlagen fehl, wie am Donnerstag Abend die Fachdienstleiterin Verkehr, Dagmar Schulz, im Ausschuss mitteilen musste.
Sowohl bei Dagmar Schulz als auch in der Samtgemeinde Gartow füllen die Korrespondenzen mit der Landesbehörde für Straßenverkehr sowie dem Landes- und Bundesministerium mittlerweile mehrere Bände. Die Auskunft auf die diversen Anfragen, wie die LKW-Belastung in diesem stark befahrenen Gebiet reduziert werden könnte, bleiben seit Jahren immer gleich: Da es sich um Landesstraßen (L 256 zwischen Dannenberg und Kapern) und Bundesstraßen handelt (B 216 von Lüneburg bis Dannenberg) handelt, kann die Gemeinde nicht so handeln wie sie will.
Die Problematik ist nicht neu, und betrifft auch nicht nur die Gemeinde Gartow: auch in der Göhrde ächzen die Anwohner zunehmend unter dem intensiven LKW-Verkehr auf der B 216. Seit der Wende wird die Strecke zwischen Lüneburg und Gartow/Kapern immer häufiger als Mautausweich- und Verkürzungsstrecke von Speditionen genutzt, die Waren von und zum Hamburger Hafen und von/nach Brandenburg/Berlin transportieren wollen.
Verkehrsbeschränkungen nur, wenn es viele Unfälle gab
Doch jegliche Geschwindigkeitsreduzierende Maßnahmen werden bisher von den zuständigen Landes- und Bundesbehörden abgelehnt. Dagmar Schulz kennt auch die entsprechende Gesetzesgrundlage: "Nach § 45 Abs 9 Straßenverkehrsordnung dürfen Verkehrsbeschränkungen nur zugelassen werden, wenn eine besondere Gefahrenlage wie z.B. hohe Unfallzahlen besteht," erläuterte die Fachdienstleiterin am Donnerstag Abend währed einer Sonder-Ausschusssitzung des Gartower Samtgemeinderates.
Eine Auskunft, mit der die rund 16 erschienenen Bürgerinnen und Bürger gar nicht einverstanden waren. Sie können nicht verstehen, warum sie dulden sollen, dass ihre Häuser und ihre Nerven seit Jahren, genauer gesagt, seit der Wende zunehmend geschädigt werden.
Doch Dagmar Schulz konnte den Betroffenen nicht viel Hoffnung machen, dass die Landes- und Bundesministerien in absehbarer Zeit andere Entscheidungen treffen werden. Allerdings könnte es demnächst eine grundsätzliche andere Regelung für Ortsdurchfahrten geben. Auf einer Verkehrstagung der SPD wurde im vergangenen Jahr ernsthaft diskutiert, die Geschwindigkeit in Orten landesweit auf 30 km/h festzulegen. "Dann wäre die 50 km/h, die derzeit gilt, die Ausnahme," so Dagmar Schulz.
Letztendlich muss die Samtgemeinde tätig werden
Doch bis es soweit ist, bleibt den Gartowern nichts anderes übrig, als über Alternativmaßnahmen nachzudenken, wie zum Beispiel Querungen, Verkehrsinseln u.ä. Wie auf der Ausschusssitzung deutlich wurde, waren derartige Vorhaben in der Vergangenheit bereits mit der Landesbehörde besprochen worden und von dort mit der Ansage beschieden worden, dass die "Gemeinde das umsetzen kann, wenn sie die Maßnahme selber finanziert."
Wie Samtgemeindebürgermeister Friedrich-Wilhelm Schröder erläuterte, hatte der Samtgemeinderat sich damals aus finanziellen Gründen gegen die Umsetzung von Straßenberuhigungsmaßnahmen entschieden. Für einige Bürger war diese Erkenntnis das Aha-Erlebnis des Abends. Doch ob Verkehrsinseln wirklich den ersehnten Nutzen bringen? Eine Arbeitsgruppe soll sich nun mit der Thematik noch einmal beschäftigen und die Möglichkeiten dem Samtgemeinde-Rat vorlegen. In der Verwaltungsleitung war die Wiederaufnahme dieses Thema sofort Grund zur Überlegung, ob die Samtgemeinde überhaupt zuständig sei und nicht vielmehr die Gemeinde. ...
Ein Blitzer soll ausbremsen
Als kurzfristige Maßnahme hatte Dagmar Schulz den Gartowern allerdings auch eine - vielleicht nicht für alle PKW-Fahrer - angenehme Mitteilung zu machen: "In die Springstraße bekommen Sie einen Blitzer!" An der Ausfallstraße nach Dannenberg, die von der B 216 herkommend, die meisten LKWs in den Ort bringt, soll diese Geschwindigkeitsmeßanlage demnächst fest installiert werden. Zusätzlich, so versprach Dagmar Schulz werde der Landkreis auch die mobilen Geschwindigkeitskontrollen etwas mehr auf diesen Bereich konzentrieren.
Einen dringenden Rat gab die Fachdienstleiterin dem Samtgemeinderat noch mit auf den Weg: Im Zuge der Planungen für die A 14 sei auch eine Elbquerung zur Anbindung an die neue Autobahn geplant, die den Gartower Raum massiv betreffen würde. "Ich rate Ihnen dringend, sich um diese Problematik rechtzeitig zu kümmern," so Dagmar Schulz. "Wenn die A 14 erst einmal existiert, kommen auf Sie noch ganz andere Belastungen zu."
Samtgemeinde-Bürgermeister Schröder sah die Brisanz in der Sache nicht. "Ich halte die Elbquerung nicht für realistisch," beschwichtigte er den Rat. "Diese Diskussion haben wir aber sowieso erst ab 2020 zu führen, eigentlich ist die 189 N als Verbindung im Gespräch."
Nach Aussagen von Dagmar Schulz steht aber die Elbquerung in der Vorschlagsliste des Landes für den Bundesverkehrswegeplan - wenn auch nicht mit extrem hoher Priorität. Nach allem Gehörten wird es letztendlich am Engagement und der kreativen Findigkeit der Gartower liegen, eine Lösung für die LKW-Problematik zu finden.
Ein Hinweis könnte womöglich sein, dass die Straßen zu früheren Zeiten für eine ganz andere, sehr viel geringere Belastung ausgelegt worden sind und die Anzahl und Große der modernen LKWs gar nicht verkraften können. Die Frage stellt sich, ob Land oder Bund nicht Haftung für Schäden übernehmen müssen, die letztendlich durch eine dem modernen LKW-Verkehr nicht entsprechende Straßenausgestaltung entstanden sind. Das wird jedoch nur ein Fachanwalt klären können.
Foto / Angelika Blank: In Gartow muss man keine Minute warten, bevor wieder ein großer LKW vorbei donnert.