Ein Fund, mit dem wohl niemand in einem Gotteshaus gerechnet hatte, überraschte in der katholischen St. Agnes-Kirche in Lüchow. Bei Renovierungsarbeiten in der Sakristei ist unter deren Fußboden eine Waffe entdeckt worden – ein Revolver.
Wäre ein Kelch, ein Hostiengefäß oder ein Weihrauchfass ans Tageslicht gekommen, vermutlich hätten die in der Sakristei Beschäftigten angenommen: Ein besorgter Pfarrer hat irgendwann einmal die wertvollen Dinge versteckt, aus Furcht vor Dieben. Aber eine Schusswaffe? Hatte sie ein Krimineller hier verborgen, ein reumütiger Mensch, der das gefährliche Stück los werden wollte?
1922 notiert: Es war die Waffe des Pfarrers
Die Antwort fand sich im Tagebuch eines Pfarrers, der um 1922 sein Amt in Lüchow versah. Er hatte sich die Waffe zur Selbstverteidigung besorgt, wollte sich wappnen gegen eventuelle Überfälle finsterer Gestalten
„Gesindel“ und ein Doppelmord
In seinen Aufzeichnungen berichtet der Geistliche im Februar 1922 von großen Bränden, die in Lanze, Holtorf und Reetze wüteten, und: „Die Bauern wagten kaum noch, ihre Höfe zu verlassen. Allerhand fremdes Gesindel trieb im Wendland sein Unwesen“. Im März dann, so notiert der Pfarrer, erschreckte ein grauenhafter Mord die Lüchow-Dannenberger: Im Wald bei Gamehlen waren zwei Schulkinder umgebracht worden. Die Täter wurden gefasst, wie im Tagebuch zu lesen ist: „Nach zweiwöchiger Jagd gelang es dem katholischen Landjäger (Polizist) Bredow aus Dannenberg, die Mörder in einem Thüringischen Dorfe dingfest zu machen. Es waren zwei Stromer aus Holstein.“ Im nächsten Satz des Pfarrers findet sich dann die Lösung der Frage, wie eine Waffe in die Kirche kam, schreibt doch der Gottesmann: „Ich trug bei meinen Dienstfahrten stets einen geladenen Revolver schussfertig in der Rocktasche. Gebraucht habe ich ihn aber nie!“
Fundstück nun bei der Polizei
Ob der Pfarrer selbst
die Waffe unter
dem Fußboden verbarg, ist dem Tagebuch nicht zu entnehmen. Pfarrer
Hans Günter Sorge, der zurzeit in der Kirchengemeinde St. Agnes
amtiert, hatte den Revolver gleich nach seiner Entdeckung zur Polizei
gebracht. Fachleute dort haben ihn untersucht und festgestellt: Das
Schießwerkzeug ist nicht mehr brauchbar, der Zahn der Zeit hat arg
an ihm genagt. „Es ist ein Revolver, mit dem scharf geschossen
werden konnte - keine Gaswaffe“, erfuhr wnet vom derzeitigen
Leiter der Lüchow-Dannenberger Polizei, dem Ersten
Kriminalhauptkommissar Ulrich Constabel. Nachdem die Waffe gereinigt
worden ist, wird sie womöglich bei der Polizei ausgestellt.