Zwei Tage vor dem nächsten Bund-Länder-Gipfel stellte Ministerpräsident Stefan Weil ein Konzept für den Übergang in einen Alltag unter Corona-Bedingungen vor. Mit einem Fünf-Stufen-Plan sollen die Beschränkungen schrittweise aufgehoben werden - mit der Option, jederzeit wieder einen Schritt zurückgehen zu können.
Die Zahl der Gesundeten bleibt kontinuierlich über der Zahl der Neu-Infektionen. Bundesweit ist sie auf 26.179 akut an Covid-19 Erkrankte gesunken. Die Auslastung der Intensivbetten in Niedersachsen ist von Mitte April bis heute von rund 25 Prozent auf 16 Prozent gesunken. Die Gefahr einer Überlastung des Gesundheitssystem scheint also abgewendet.
Ist es jetzt an der Zeit, Beschränkungen zu lockern? Was tun, wenn die Infiziertenzahlen wieder steigen und die befürchtete 2. Welle über Deutschland schwappt? Ob sich die Bevölkerung ein zweites Mal auf harte Maßnahmen einlassen wird, ist ein unberechenbarer Faktor. Als erstes Bundesland entwickelte Niedersachsen nun einen Fünf-Stufen-Plan wie das Land in einen "neuen Alltag mit Corona" geführt werden kann.
Dazu Ministerpräsident Stephan Weil: „Es geht uns um eine Strategie, die ebenso vorsichtig, wie zielstrebig wieder halbwegs normale Verhältnisse schafft, bis das Virus durch einen wirksamen Impfstoff vollständig beseitigt werden kann. Beschränkungen die nur einen vergleichbar niedrigeren Nutzen für den Infektionsschutz bringen, aber mit einem hohen gesellschaftlichen oder wirtschaftlichen Schaden verbunden sind, sollen als erstes angegangen werden. Außerdem war abzuwägen, welche und wie viele Lockerungsmaßnahmen auf einer Stufe zusammenkommen dürfen, ohne dass die Zahl der Begegnungen von Menschen jenseits des eigenen Hausstandes in einer nicht mehr zu verantwortenden Weise steigen würde."Grundlage
bleibe dabei der Infektionsschutz. Ausdrücklich wird in der Mitteilung der Staatskanzlei darauf
hingewiesen, dass bei einem verstärkten Infektionsgeschehen auch
Verschärfungen erneut möglich sein können. Gesundheitsministerin Carola Reimann beschrieb das als "atmendes Sicherungssystem" .
Der 5-Stufen-Plan ist bis jetzt allerdings nur ein Strategievorschlag der Niedersächsischen Landesregierung. Es bleibt abzuwarten, wie viel davon am Mittwoch in der Bund-Länder-Konferenz akzeptiert wird.
Der 5-Stufen-Plan
Der Niedersächsische Weg enthält
insgesamt fünf Stufen. Stufe 1 beginnt am 6. Mai. Sie umfasst einige Maßnahmen, die bereits mit der letzten Änderung der ‚Verordnung
zum Schutz vor Neuinfektionen mit dem Corona-Virus' umgesetzt worden
sind sowie die am letzten Mittwoch beschlossenen Lockerungen wie beispielsweise die vorsichtige Öffnung einiger
Kultureinrichtungen.
So soll es ab Mittwoch, 6. Mai 2020, möglich
sein, private Betreuung für bis zu fünf Kinder zu organisieren.
Zudem können Tagesmütter und Tagesväter wieder betreuen.
- Den niedersächsischen
Krankenhäusern ist es wieder erlaubt, planbare Operationen durchzuführen.
- Als Vorsichtsmaßnahme wird den Krankenhäusern allerdings vorgeschrieben, dass sie 25 Prozent Ihrer Beatmungsplätze bis auf weiteres für Covid-19-Patienten reserviert lassen müssen. Darüber hinaus werden die Krankenhausträger verpflichtet, bei einer Dynamisierung des Infektionsgeschehens binnen 72 Stunden weitere 20 Prozent ihrer Beatmungskapazitäten zur Verfügung zu stellen.
- Die niedersächsischen Inseln können wieder für den
Tagestourismus geöffnet werden, wenn die Verantwortlichen Vor Ort (Kommunen und Landkreise) dies
für vertretbar halten.
Stufe
2 soll Mitte Mai umgesetzt werden - sofern die Neuinfektionszahlen
und die Krankenhausbelegung weiter niedrig bleiben.
- Die Rehakliniken können den Betrieb ab dem 11. Mai wieder aufnehmen.
- Restaurants und Cafés können wieder öffnen - allerdings nur mit einer Auslastung von 50 Prozent.
- Ferienhäuser bzw. -wohnungen können wieder angemietet werden
- Campingplätze können für vorübergehende, mindestens siebentägige Aufenthalte geöffnet werden - allerdings auch hier zunächst nur mit einer 50-prozentigen Auslastung.
- Die Begrenzung der Verkaufsflächen
auf 800 qm soll Mitte Mai entfallen.
Stufe 3 soll kurz vor Pfingsten, also Ende Mai, umgesetzt
werden.
- Hotels und Pensionen können wieder öffnen - die 50-Prozent-Regel gilt hier ebenso wie bei den Restaurants und Cafés. Auch hier sollen rasche Wechsel von Gästen ebenso
verhindert werden, wie allzu viele Begegnungen in geschlossenen
Räumen.
Trotz der in
einzelnen Ländern jetzt angekündigten Aufhebung soll es in
Niedersachsen bis Ende Mai bei der ‚Zwei-Personen-Regel' im
öffentlichen Raum bleiben.
Alle Indoor-Sportanbieter
müssen sich noch mindestens bis zur dritten Stufe, also bis Ende Mai
gedulden, ebenso die Freibäder.
In
den nächsten Phasen wird die Notbetreuung sukzessive ausgeweitet,
von derzeit sechs auf zunächst zehn Prozent landesweite
Betreuungsquote bis zum 18. Mai 2020, danach Steigerung auf bis zu 40
Prozent Betreuungsquote bis zum 6. Juni 2020, anschließend auf bis
zu 50 Prozent Betreuungsquote.
Bei allen Lockerungsmaßnahmen gilt als Voraussetzung, dass strenge Hygiene- und Abstandsregelungen eingehalten werden. Die Betriebe und Einrichtungen müssen hierzu Hygienekonzepte entwickeln.
Einer schnellen Entlassung aus der Maskenpflicht erteilte die Landesregierung eine Absage. "Sie werden
wohl in allen Stufen weiterhin Pflicht bleiben - beim Einkauf und in
Bussen und Bahnen," heißt es in der Mitteilung.
In der Regel sollte zwischen den
Stufen genug Zeit liegen, um die Wirkung auf das Infektionsgeschehen
erfassen zu können, so die Landesregierung. Erst wenn die dann vorliegende Zahl der
Neuinfektionen überschaubar bleibt und die Intensivkapazitäten
perspektivisch weiter ausreichen werden, könne die nächste Phase
eingeleitet werden.
Wie gesagt: die niedersächsischen Planungen werden am Mittwoch beim Bund-Ländertreffen besprochen. Es spricht allerdings Einiges dafür, dass sie Zustimmung finden werden.
Bild von S. Hermann & F. Richter from Pixabay - Der Traum von Eisdiele und Straßencafé könnte bald Wirklichkeit werden.