Das Ergebnis der Landrats-KandidatInnen-Diskussion am Montag in Prießeck lässt sich insgesamt einfach formulieren: Alle wollen irgendwie das gleiche - Und wen soll Mensch jetzt wählen?
Ein Streitgespräch war es sicher nicht, was Moderator Andreas Krüger* am Montag Abend vor rund 100 Interessierten inszenierte. Die von der Grünen Werkstatt Wendland veranstaltete Podiumsdiskussion brachte wenig Erhellendes über die KandidatInnen für das Landratsamt zu Tage. Um es anders zu sagen: In vielen Punkten war nicht zu erkennen, wo die Unterschiede liegen - was sicher auch daran lag, dass der Moderator sich kritische Nachfragen gänzlich schenkte. Launiges Infotainment also anstatt lebhafter Diskussion. Was sehr bald langweilig wurde.
Die Moderationstechnik machte es schwierig, Vergleiche zu ziehen. Einzelne Themen ließ Krüger von einzelnen KandidatInnen beantworten, während die anderen dazu nicht angesprochen wurden. Zum Beispiel wurde Hanno Jahn auf das Thema Digitalisierung angesprochen - aber die anderen drei PodiumsteilnehmerInnen hatten keine Gelegenheit, sich dazu zu äußern. Oder umgekehrt: Dagmar Schulz wurde zu ihrem Spezialthema Bildung befragt - aber keine/r der anderen erhielt Gelegenheit, die eigenen Vorstellungen zum Thema einzubringen.
So ging es in allen Themenbereichen weiter. Recht zufällig wirkte auch die
Auswahl, wer welche Fragen beantworten sollte. Das Einzige, was deutlich
auffiel: Heike Bade wurde wesentlich weniger angesprochen als die anderen
drei KandidatInnen.
Dass dann am Ende Martin Donat allein das Schlusswort erhielt, war dann doch eher peinlich.
Da keiner der PodiumsteilnehmerInnen frech genug war, sich selber zu Wort zu melden, gab es für die ZuhörerInnen also nur Statements zu Einzelfragen. Somit konnten keine Positionen miteinander verglichen werden.
Auch kritische Themen ließ Krüger ausgespart. Zum Beispiel die Frage nach der Haltung zur Einführung der 5G-Technologie. Im Kreistag ein heiß umstrittenes Thema. Auch das konfliktreiche Thema der Ausweitung bzw. Beschränkung von Windkraftanlagen wurde nur am Rande gestreift.
Soziales? Fehlanzeige
Sozialthemen blieben ebenfalls weitestgehend unbesprochen. Keine Frage zur Altersarmut, keine zu altersgerechtem Wohnen. Keine Nachfrage zur Sozialraumanalyse, die 2017 fertiggestellt wurde. Daraus ergibt sich unter anderem, dass über die Hälfte der Lüchow-Dannenberger EinwohnerInnen unter 25 000 Euro verdienen - dafür 23 % über 35 000 Euro, dass sich bei Kindern Dauerkrankheiten wie Allergien oder Hauterkrankungen mehren oder dass vor allem Alleinerziehende sich zunehmend mit Zweitjobs über Wasser halten müssen. Wie überhaupt auch in Lüchow-Dannenberg die Zahl derjenigen, die mit Zweitjobs ihren Lebensunterhalt verdienen müssen, massiv ansteigt.
Stattdessen wurden hauptsächlich Lieblingsthemen der Grünen Werkstatt Wendland wie Zuzug von Jüngeren, Bildung der Zukunft, Klimaschutz, Digitalisierung (allgemein), oder Wohn- und Baukultur angesprochen. Ein Satz wie "wir wollen die 100%ige Abdeckung mit Glasfaser in allen Orten" (Hanno Jahn) hätte sicher von allen KandidatInnen Zuspruch erfahren. Ebenso verhält es sich mit der Aussage "Klimaneutralität so schnell wie möglich umsetzen" (Heike Bade). Und dass der Öffentliche Nahverkehr unbefriedigend ist, ist mittlerweile ein historisches Thema, bei dem sich die Kritik durch alle Lager und Schichten zieht.
Dennoch hier einige erkennbare Positionen zu einzelnen Themen:
Martin Donat zu Hochwasserschutz-Strategien bzw. der Gartower Absicht, ein Sperrwerk zu bauen: "Einzellösungen machen keinen Sinn. Es braucht ein Auenmanagement von der Quelle bis zur Mündung. Aber jeder zieht die Schotten hoch."
Hanno Jahn: "Die Fördertöpfe sind voll. Bevor allerdings das richtige Programm gefunden werden kann, braucht es eine gemeinsame Richtung im Kreistag."
Dagmar Schulz zur Altbausanierung angesichts der hohen Denkmalschutzauflagen: "Wir haben eine einzigartige Baukultur, die erhalten werden muss. Aber es müssen auch neue Lösungen möglich sein. Da muss Verwaltung Ermessensspielräume ausloten."
Heike Bade: "Um den öffentlichen Nahverkehr zu verbessern, müssen Carsharing-Projekte ausgebaut werden, aber auch Fahrradausleihen. Des Weiteren muss die Rufbus-Taktung anders geschaltet werden."
Und immer wieder fiel der Satz: "Da müssen wir gemeinsam getragene Lösungen entwickeln". Da waren sich alle KandidatInnen einig.
Unter dem Strich konnten die ZuschauerInnen allenfalls einen persönlichen Eindruck von jedem/jeder KandidatIn zu einzelnen Themen mitnehmen. Ob daraus Rückschlüsse auf das zu ziehen sind was von einem/r zukünftigen Landrat/-rätin zu erwarten ist, bleibt fraglich.
*Andreas Krüger ist Geschäftsführer der Belius GmbH, die sich selber als Spezialist für "inhalts-, werte- und gemeinwohlgetriebene Raumstrategien im urbanen und ländlichen Raum für Kreativ-, Kultur-, Handels-, Wohn- und Tech-Standorte" bezeichnet (Zitat Website Belius GmbH).