Familientheater in Platenlaase: „Die Schlündelgründler“ von Ken Campbell in der Überarbeitung von F. K. Waechter.
Die Polizistendichte im neuen Stück des Kulturvereins Platenlaase ist ähnlich hoch wie im Wendland zu Castor-Zeiten: vier von neun Figuren sind im Polizeidienst. Jedenfalls zu Beginn des Stücks. Am Ende der rasanten Clownerie sind es ein paar weniger.
Doch keine Sorge: im sogenannten Weihnachtsmärchen geht es nicht um den Castor. Schlimm genug, daß sich die „Grünen Wochen“ und die heißen Probenphasen immer wieder kräftezehrend überschneiden. Trotzdem: die beiden Hauptakteure Fazz und Zwoo kommen einem merkwürdig bekannt vor. Sind sie uns nicht rund um Gorleben immer mal wieder über den Weg gelaufen? Bühnenautor Ken Campbell hat sein legendäres Clowns-Duo bereits 1968 erfunden. Aber siehe da: die Kraft des anarchischen Witzes ist immer noch höchst lebendig und brandaktuell. Tommy Tonne und die Clownsarmee lassen grüßen!
Zur Handlung. Wer kennt das nicht: Du wirst morgens wach und hast keine Lust auf gar nichts? Fazz und Zwoo geht es genauso. Dann aber haben die beiden eine Idee: sie erfinden neue Wörter und denken sich aus, was sie wohl bedeuten könnten. Vollblutwörter müssen es sein – solche, die sich tief im Schlund bilden und von dort nur langsam in einem aufsteigen. „Summ-glummerbubbeln“, zum Beispiel.
Fazz und Zwoo sind aber nicht nur geniale Sprachakrobaten, sondern auch die Spezialisten für Chaos und Tohuwabohu. Weil, zum Beispiel, „HuiPyratzeln“ so etwas ähnliches heißen muß wie „Wie der Wind im Pyjama durch die Straße flitzen“, sind sie auch sofort in der Stadt unterwegs, um die frisch erfundenen Wörter auszuprobieren – die Geburtsstunde der Pyjamabande, deren anarchische Vitalität wie ein Virus auf andere überspringt und auch vor dienstbeflissenen Polizisten nicht haltmacht. Selbst die alarmierte psychiatrische Sonderabteilung der Polizei in Gestalt von Politesse Knastel läßt sich anstecken.
Was aber ist nun „RumpfSchlungNockeln“, „KulzSchmunDätschern“ oder „Inschlinkeln“? Der Versuch, die rasante Handlung im Einzelnen zu beschreiben, soll hier gar nicht erst unternommen werden. Unbeschreiblich eben – und saukomisch. Am Ende ist niemand mehr derselbe, was vermutlich auch für die Zuschauer gilt. „Ein turbulentes Plädoyer für die Macht der Phantasie – ein Spaß für Kinder von 6 bis 60" loben die „Nürnberger Nachrichten“. Und die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ ergänzt: „Friedrich Karl Waechter gelang das Kunststück, Campbells sprachliche Nonsens-Einfälle adäquat zu übersetzen.“
Als sich das Theaterteam vor Monaten auf die Suche nach einem neuen Stück machte, sah es zunächst nach dem „verflixten siebten Jahr“ aus. Nach sechs erfolgreichen Produktionen wollte und wollte sich für das neue Projekt keine Vision einstellen. Jeder hatte ein anderes Stück als Favoriten, aber die meisten waren nicht finanzierbar, und eine Förderung stand zu diesem Zeitpunkt noch in den Sternen. Die „wendländische Erfolgsgeschichte“ (EJZ) also einfach beenden? Daran wollte niemand auch nur denken. Denn längst hat sich eine treue Liebhabergemeinde gebildet: nicht nur Schulklassen freuen sich ab Ende Sommer auf die Aufführungen – auch für viele Erwachsene ist das „Weihnachtsmärchen“ Kult. Kinder sehen die Stücke nicht selten ein zweites Mal – am Wochenende, zusammen mit ihren Eltern. Die Belegschaft einer Zahnarztpraxis hat den Besuch sogar zu ihrer traditionellen Weihnachtsfeier erklärt.
Keine Frage also: weitermachen! Zur Not mit einfachsten Mitteln und ohne Aussicht auf Honorare. Kaum war dieser Entschluß gefaßt, brachte jemand die (da noch unbekannten) „Schlündelgründler“ in die Diskussion. In einer nächtlichen Sitzung lasen sich die Teilnehmer den Text mit verteilten Rollen vor – und lagen schon nach den ersten Minuten vor Lachen unterm Tisch.
Die gemeinsame Begeisterung hat sich gehalten und schlägt auch bei den Proben immer wieder Funken. Als Besonderheit teilen sich Carolin Serafin und Caspar Harlan die Regiearbeit, und alle anderen assoziieren. Teamarbeit; mitunter mühsam, aber äußerst kreativ! So wird in Platenlaase dank der Leidenschaft einiger Theaternarren auch in diesem Jahr wieder ein kleines Wunder zu bestaunen sein: engagiertes, intelligentes Theater für die ganze Familie. Das Niedersächsische Ministerium für Wissenschaft und Kultur, die Sparkassenstiftung Lüchow-Dannenberg, der Landkreis und die Gemeinde Jameln fördern das Projekt.
Es spielen: Kerstin Wittstamm, Caspar Harlan, Carolin Serafin, Peter Bauhaus, Constanze Schrader, Burkhard Reinecke, Horst Bretz, Günter Henneke-Kienitz und Ursula Pehlke. Das Bühnenbild und die Kostüme stammen von Julia da Franca, für Licht und Ton ist Per Stüve verantwortlich, für die Baubühne Oliver Kranik und Dirk Tiedemann.
Die Premiere findet am Freitag, dem 28. November, um 20 Uhr in Platenlaase ( {{tpl:GMap |ort=platenlaase,jameln }} )statt. Kartenreservierungen, auch für die folgenden Vorstellungen unter der Telefonnummer 0 58 64 - 5 58.
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