"Als der Albrecht kam, hat meine Mutter ihn nicht ins Haus gebeten"
Ich fand meine Mutter ganz toll, weil sie eine emanzipierte, starke Frau war. Die hat Herrn Albrecht, den Ministerpräsidenten, nicht zum Kaffee eingeladen. Der ist kurz vor dem Treck zu uns auf den Hof gekommen. Das war ein Tag – blauer Himmel, Raureif in den Bäumen. Und es war vorher ge- backen worden. Es roch nach Butterkuchen und frischem Brot. Aber meine Mutter hat ihn nicht ins Haus gebeten. Als der Albrecht kam, stand mein Vater auf dem Wagen und hat Rüben für die Kühe abgeladen. Er ist nicht einmal abgestiegen.
Elke Janning, geb. Albrecht, (Jahrgang 1949) gehörte als junge Bäuerin zum Kreis der Aktiven, die den Treck vorbereiteten.
Foto: Günter Zint
Alle Geschichten in unserem #Adventskalender stammen aus dem Buch
„Mein lieber Herr Albrecht…!“ Auf den Spuren eines politischen Großkonflikts
Das Buch des Gorleben-Archivs dokumentiert 34 Gespräche mit Zeitzeug*innen des gesellschaftlichen Wandels.
Menschen berichten, wie die Protestbewegung ihr persönliches Leben veränderte und ihre politische Haltung
prägte. (192 Seiten, 20 Euro Herausgeber: Gorleben Archiv e.V.; Verlag jeetzelbuch, Lüchow; ISBN
978-3-928117-90-6;)
Das Buch erscheint am 10. Dezember.