Die Werke von drei Künstlerinnen treffen in der Ausstellung „Belle Beauty“, die vom 12. April bis zum 02. Juni dieses Jahres im Kunsthaus Salzwedel zu sehen ist, zusammen. Ausgangspunkt dieses feminin-künstlerischen Dialogs bilden die Relief-Arbeiten der ehemaligen Bauhaus-Schülerin, Li Loebell (1904-1995), die erstmals 2020 im Museum Waldemarturm/Dannenberg gezeigt wurden. Sibylle Hauswaldt und Claudia Hoffmann stellen dieser Entdeckung historischer Positionen ihre eigenen neuzeitlichen Werkmotive gegenüber. Ganz bewusst entsteht ein Spannungsfeld zwischen den vor über 50 Jahren entstandenen Madonnendarstellungen Li Loebells, den modernen farbintensiven, expressiv - figurativen Bildern Sibylle Hauswaldts und den klar geometrisch aufgebauten Plastiken Claudia Hoffmanns. Und in aller Selbstverständlichkeit rückt eine Auseinandersetzung mit Frauen- und Rollenbildern, Frauen in der Kunst bis hin zum Bauhaus in den Vordergrund. Jahrhunderte lang spielten Frauen als Künstlerinnen im Bewusstsein der Öffentlichkeit kaum eine Rolle. Doch heute setzen sie deutliche Akzente. Diese Ausstellung gibt, trotz aller individuellen und medialen Unterschiede, einen interessanten Überblick über historische und aktuelle Zustände weiblicher Künstlerinnen-Identität: Ein Austausch, der nicht durch Ähnlichkeiten, sondern vor allem durch Unterschiedlichkeit stimuliert und sehenswert besticht.
Li Loebell (1904 – 1995) scheint mit ihren Arbeiten, trotz Bauhausstudium von 1920 – 1925 bei Johannes Itten, Paul Klee und Joseph Albers, trotz Begabung und eigenständigen Visionen über Existenzkampf und Familienleben fast spurlos „aus der Zeit gefallen zu sein“. Dabei berühren Loebells seltsam „eingehauste“ Figurinen mit ihrer für die erste Hälfte des letzten Jahrhunderts extrem experimentell-poppigen Materialverarbeitung unbedingt unser Interesse. Sprachlose Frauengestalten in flächig-kubistischer Reduktion greifen mit Nagelärmchen in leere Räume, scheinbar klassische Mutter- Kind-Konstellationen überraschen mit unheiligem Draht- oder Kronkorken-Nimbus und verweisen trotz flachgeklopfter Schrott-Materialität auf Transzendenz. Unter Loebells Händen gelingt eine filigrane Allianz aus Talmi, Mäuseschädelchen und Alltagsrelikten. Ihre Gestalten sind heterogene Schmerzensfrauen, Madonnen oder Königinnen. Bruch, Perfektion und Ideal sind allgegenwärtig und machen Loebells Arbeiten zeitlos.
Sibylle Hauswaldt studierte u.a. bei der ehemaligen Bauhausschülerin Thyra Hartmann. Entscheidende Merkmale ihrer Bilder sind Kombinationen aus figürlichen und abstrakten Elementen, die konzeptionell kubistisch geprägt sind. Dabei verweist die Verbindung von unterschiedlichen Stilkonzepten, die sorgfältig ausgewogene Farbpallette und sorgfältige technische Umsetzung auch auf eine Nähe zur „Neuen Leipziger Schule“. Denn, obwohl die Bilder größtenteils in Gegenständlichkeit ausformuliert sind, bleibt das Innerste, das sie zusammenhält, abstrakt. Automatenpuppen, Knollenköpfe, Modells oder Schutzikonen – starkfarbige Protagonistinnen ringen um Selbstermächtigung, gegen Fremdbestimmung. Vertraute Madonnenbilder, wie von Piero della Francesca oder Botticelli, geben häufig eine tradiert-geschmeidige Vorlage zur malerischen Untersuchung und Intervention ab. Hauswaldt nutzt mit Vorliebe dieses historisch bekannte Repertoire weiblicher Körpersprache, Formeln von Grazie und Hilflosigkeit. Ein interessenloses Wohlgefallen mag sich jedoch nicht einstellen. Hauswaldts Bilder zeigen facettenreich eine weibliche Geschichte mit all ihrer kulturellen Verletzung, die in rätselhaft-surrealen Spots erzählt wird.
Claudia Hoffmann will mit ihrer Kunst keine illustrativen Themen bedienen. Ungeachtet dessen wirken ihre klar geometrisch aufgebauten Plastiken sehr weiblich und bestimmt. Hoffmanns Arbeiten basieren auf ästhetischen Formelementen, die einer unmittelbaren Naturbeobachtung mit Ranken, Blüten und Blattwerk entnommen sind. Mit diesem Vorgehen steht sie in bester Bauhaustradition. So entstehen vegetative Grundelemente, die, ähnlich wie versetzte Bausteine, mittels Reihung oder Stapelung variieren und ein harmonisch-komplexes Gesamtgefüge bilden. Entsprechend ergeben sich neue Räumlichkeiten, Bewegungen und haptische Qualitäten.
„On Top“, „Care“ oder „Weiße Skulptur“ folgen formal einer Kugel- oder Eiform. Spannung oder Dynamik entwickeln sich dann aus den jeweils zerlegten oder geschichteten Details. Das so verdichtete, in sich logisch aufgebaute Sujet bleibt auch farblich konsequent in den Grundtönen Schwarz-Weiß oder in einem Materialton gehalten. Trotz „harter“ Materialien – Beton, Holz, Metall - wirken Hoffmanns Plastiken erstaunlich weich, strömend und feminin.
Eröffnung Donnerstag, den 11. April 2024, 19:00 Uhr, Einladung erhältlich unter info@kunsthaus-salzwedel.com, Teilnahme nur mit Einladung und nach Anmeldung!
Öffnungszeiten Di - So 14 - 17 Uhr
Eintritt Erwachsene 4 €, ermäßigt 3 €. Kinder und Jugendliche bis 14 Jahre Eintritt frei.
Bilder
Sibylle Hauswaldt – Malerei | Li Loebell – Relief | Claudia Hoffmann - Plastik