Die Landesregierung muss mehr Transparenz über geplante Wolfsabschüsse herstellen. Das entschied der Niedersächsische Staatsgerichtshof in Bückeburg. Die grünen Landtagsabgeordneten Imky Byl und Christian Meyer hatten mit dem Verfahren beantragt, festzustellen, dass die Landesregierung ihre Auskunftspflicht in diesem Zusammenhang verletzt habe.
Byl und Meyer begründeten ihren Antrag damit, dass die Landesregierung über die Mitteilung hinaus, dass Ausnahmegenehmigungen für einen Wolfsabschluss erteilt worden sind, weitere Auskünfte verweigert habe. Diese Ablehnung begründete die Landesregierung mit dem Schutzbedürfnis der am Wolfsabschuss Beteiligten. Es hätten nach den jeweiligen Wolfsabschüssen regelmäßig umfangreiche Repressalien im persönlichen Bereich gedroht.
Der Staatsgerichtshof gab nun den Antragstellern teilweise recht. Die RichterInnen entschieden, dass die Landesregierung zumindestens - wie beantragt - Informationen über die gerissene Nutztierart, Angaben zu Zaunart und -höhe, Schwachstellen des Herdenschutzes sowie die Schadenshöhe bekommen müssen. Ebenso sei über Zahl und Datum erteilter Genehmigungen zu informieren.
Informationen über die Kennnummer des Falls, das Datum und den Ort des Abschusses müsse das Land allerdings nicht geben, weil dadurch die Beteiligten leicht zu identifizieren seien. "Soweit die zuvor genannten Informationen eine Identifizierung von Tierhaltern, Jägern und Behördenmitarbeitern ermöglichen würden, hat die Antragsgegnerin zu Recht deren Gefährdung angenommen," unterstützte das Gericht die Haltung der Landesregierung. Aber: "Mindestens hätte die Antragsgegnerin eine Teilantwort geben müssen, etwa durch Nennung der Zahl der erteilten Abschussgenehmigungen."
Lies: "Eine sehr ausgewogene Entscheidung"
Umweltminister Olaf Lies freut sich über das Urteil. "Der Staatsgerichtshof ist der Argumentation und Rechtsauffassung der Landesregierung in weiten Teilen gefolgt. Der Staatsgerichtshof hat hier eine sehr ausgewogene Entscheidung getroffen, die die betroffenen Rechte gegeneinander abwägt."
Der Rechteschutz der am Vollzug der Tötung beteiligten Personen sei von den RichterInnen anerkannt worden. "Der Staatsgerichtshof hat ausdrücklich gewürdigt, dass die Schmähungen und Anfeindungen in Foren und Sozialen Medien nicht im Internet bleiben, sondern sich in konkrete Bedrohungssituationen im realen Leben für die handelnden Personen niederschlagen können und dies auch tun," betonte Lies in seiner Reaktion auf die Entscheidung.
Grüne: "Klares Stoppschild für Umweltminister Lies"
Christian Meyer, stv. Fraktionsvorsitzender der Grünen und naturschutzpolitischer Sprecher: "Das Urteil ist ein Stoppschild für Umweltminister Olaf Lies. Der Umgang mit dem streng geschützten Wolf ist keine Geheimsache, das hat der Staatsgerichtshof nun klargestellt," so Meyer. "Unsere Klage bringt nun endlich mehr Licht in die Genehmigungspraxis des Landes und sorgt damit für eine dringend notwendige Versachlichung der Debatte. Dies schafft auch die Grundlage eines Neustarts der festgefahrenen Wolfspolitik mit allen Beteiligten."
Informationen, die zu einer möglichen Identifizierung von JägerInnen oder TierhalterInnen führen, seien in der Anfrage ausdrücklich nicht begehrt worden und dürfen auch weiterhin verweigert werden.
Die Grünen fordern einen ernsthaften Neustart in der verfahrenen Wolfspolitik. "Nur Transparenz, Fakten und Dialog statt Heimlichtuerei können die hochemotionale Debatte versachlichen," heißt es in einer Mitteilung der Landtagsfraktion. "Mit einem sofortigen Moratorium wollen wir einen Neustart in der verfahrenen Wolfspolitik des Landes. Das Wolfsmanagement des Landes muss auf neue, faktenbasierte Füße gestellt werden. Dazu müssen alle Beteiligten, wie etwa NaturschützerInnen, WeidetierhalterInnen, LandwirtInnen und JägerInnen, an einen Tisch. Wir brauchen unbürokratische Hilfen für Herdenschutz und mehr Unterstützung für TierhalterInnen durch eine Weideprämie, um den Konflikt zwischen Wolf und Weidehaltung zu befrieden." Die Bilanz der Wolfsjagd der Landesregierung sei düster: Mindestens fünf der sechs Wolfstötungen in der Amtszeit von Olaf Lies seien Fehlabschüsse von Tieren gewesen, denen keine Nutztierrisse zur Last gelegt wurden.
Außerdem weisen die Grünen darauf hin, dass sie nicht die einzigen Kläger gegen die aktuelle Wolfspolitik des Landes seien. Der NABU klage gegen die niedersächsische Wolfsverordnung und die Gesellschaft zum Schutz der Wölfe habe die aktuelle Abschussgenehmigung für die Rudel ‚Schiffdorf‘ und ‚Garlstedt‘ im Raum Cuxhaven angefochten.
Bild von WorldInMyEyes