Weil: "Krankenhaus bleibt"

Nachrichten dannenberg 10|12|2024

Vergangene Woche war Ministerpräsident Stephan Weil "Auf ein Wort" in Dannenberg. Es wurde eine Bürgerfragestunde mit rund 70 Interessierten. Bierdeckel mit ihren Fragen konnten sie an den Moderator abgeben. Ausdrücklich trat Weil hier nicht als Ministerpräsident auf, sondern als SPD-Vorsitzender in Niedersachsen.

In eineinhalb Stunden wurden Fragen zu vielen der Themen gestellt, die in Niedersachsen, aber auch bundesweit gerade aktuell sind: VW, Lehrermangel, Miethöhen, Rentensicherheit ... und nicht zuletzt die Frage nach dem Bestand der Elbe-Jeetzel-Klinik. Für die einzelnen Themen kaum Lösungen anzubieten - das lag aber womöglich an der Fülle der Fragen und der Kürze der Zeit.

Wenig mehr als "ein Wort" hatte Weil zu den einzelnen Themen zu sagen. Meist blieb er recht allgemein - verwies auf seine Referenten. Doch eine klare Ansage hatte er für die Lüchow-Dannenberger: "Das Krankenhaus bleibt!" versicherte Weil. "Und es bekommt auch eine Finanzierung, da die Klinik für die regionale Basisversorgung der Bevölkerung notwendig ist". Es werde als Sicherstellungskrankenhaus eingestuft - was bedeutet, dass es bestimmte Zuschläge gibt.

Zum Thema ÖPNV: Weil ist bewusst, dass die Organisation eines für alle zufriedenstellenden ÖPNV im ländlichen Raum eine besondere Herausforderung ist. Sein Vorschlag für eine bessere Taktung: Rufbusse als zentrales Tool. Was bessere Bahnverbindungen angeht, so ist Weil durchaus bereit, sich für Streckenausbeuten einzusetzen - wenn der wirtschaftliche Nutzen stimmt. Letztendlich bräuchte es aber viel mehr Geld, um den ÖPNV spürbar voranbringen zu können.

Ärztemangel: Der Ministerpräsident sieht die Gründe für den akuten Mangel an Landärzten unter anderem darin, dass in der nächsten Generation mehr Frauen Ärzte werden. "Sie wollen nicht selbständig sein mit all den Zusatzaufgaben und dadurch auf Familie verzichten". Ähnlich sehe es mit älteren Ärzten aus, die zwar gerne behandeln, aber mit dem bürokratischen Aufgaben als Selbständiger nichts zu tun haben wollen. Als mögliche Alternative, um dem Mißstand abzuhelfen, sieht Weil ärztliche Versorgungszentren. Außerdem sollen im Medizinstudium mehr allgemeinärztliche Ausbildungsinhalte vermittelt werden unddie Arztbindung für bestimmte Tätigkeiten soll aufgehoben werden.

Um das Interesse am Landarzt-Leben zu steigern, hat das Land Niedersachsen eine "Landarzt-Quote" eingeführt: Wer sich verpflichtet, Landarzt zu werden, bekommt einen Studienplatz. (Anmerkung Redaktion: Ursprünglich war die Regierung 2021 von 600 Bewerbungen pro Jahr ausgegangen, doch es gingen für den ersten Jahrgang nur 299 Bewerbungen ein. Und von den daraus ausgewählten 60 Kandidaten haben sich lediglich 46 eingeschrieben; Quelle: Ärzteblatt.de).

Um dem Lehrermangel entgegenzuwirken, werde an einer Reform der Lehrerausbildung gearbeitet, so Weil. Außerdem sollen den angehenden Lehrern Angebote gemacht werden, die es interessanter machen, auf dem Lande zu arbeiten. "Doch letztendlich ist es immer ein Kampf um die Attraktivität der Berufe", weiß Weil.

Personmangel Kindertagesstätten:
Weils Kurznalyse: Viele Berufsanfänger sind in der Ausbildung, bleiben aber nicht lange im Beruf. Das hänge auch damit zusammen, dass die Ausbildung schulisch abläuft, ohne dass ein Gehalt gezahlt wird. Das sei wenig attraktiv für Berufsanfänger. Da würden Modelle entwickelt.

In den anderthalb Stunden, die die Veranstaltung dauerte, drehten sich darüber hinaus viele Fragen um Themen, die nur teilweise auf Landesebene, ansonsten auf Bundesebene zu lösen sind. Hier einige Stichpunkte:

VW
Die Gründe für die aktuelle VW-Krise sieht Weil hauptsächlich in der negativen Entwicklung des E-Mobilitätsmarktes, der mit der Abschaffung der Prämie zusammengebrochen war. Außerdem habe der Konzern infolge Corona-Pandemie zwei Millionen Fahrzeuge weniger verkauft.

Sind Werksschließungen zu verhindern? "Versprechen kann ich nichts, aber ich dränge sehr darauf, dass diese Verhandlungen noch vor Weihnachten zu Ende gebracht werden. Wir spüren doch, wie dieses Problem in Niedersachsen an den Nerven von vielen Bürgerinnen und Bürgern zehrt. Umso mehr gilt das für diejenigen, die ganz konkret um ihren Arbeitsplatz fürchten, für ihre Familien und ihr Umfeld".

Ausnahmsweise hätten Arbeitgeber und Arbeitnehmer die gleichen Interessen: Wettbewerbsfähigkeit. "Ich kann auch nicht versprechen, dass es keinen Stellenabbau geben wird, aber es muss sozial anständig zugehen. Es muss intelligentere Lösungen geben".

Eine andere Modellpolitik soll helfen, den angeschlagenen Konzern wieder nach vorne zu bringen. Geplant ist, den Schwerpunkt in Zukunft mehr auf Fahrzeuge für "Normalverdiener" zu legen - weg von SUVs mit einem Preis von 30 000 Euro und mehr. Weil kündigte einen Golfähnlichen PKW mit E-Antrieb an.

Weil steht zum Autoindustrie als wichtigsten Wirtschaftsbereich nicht nur für Niedersachsen. "500 000 Angestellte und ihre Familien leben in Deutschland von dieser Branche", so Weil. "Deshalb ist das ein total wichtiges Thema für unsere Gesellschaft“.

Gleichzeitig will Weil aber auch andere Bereiche ausbauen - so zum Beispiel eine Transformation der Agrarwirtschaft. Außerdem soll Niedersachsen zum Energieland Nr. 1 werden.

RENTE
Weil betont, dass die SPD an Mindestgrenze des Rentenniveaus festhält. Aber: "Die Rentenfinanzierung steht und fällt mit der wirtschaftlichen Entwicklung. Für eine verlässliche Rentenpolitik ist eine gute Wirtschaftslage notwendig".

Eine BÜRGERVERSICHERUNG bleibt SPD-Forderung - die bisherigen Anläufe hätten aber keine Mehrheit gefunden. Um dies durchzusetzen, bräuchte es die absolute Mehrheit, so Weil.

FINANZEN
Die Schuldenbremse sieht Weil skeptisch. "Deutschland ist das einzige Land, das so vorgeht", sagt er. "Investitionen werden so nicht getätigt bzw. sind kaum möglich. Es ist in Ordnung, wenn laufende Ausgaben nur aus dem vorhandenen Geld getätigt werden. Für langfristige Investitionen darf es dagegen keine Schuldenbremse geben".

WOHNEN/MIETHÖHEN
"Es müssen mehr Wohnungen gebaut werden, die auch von Normalverdienern gemietet werden können", ist Weils Appell. "Doch die Finanzierung ist schwierig. Die Baukosten müssen günstiger werden".

29451 Dannenberg (Elbe), Deutschland

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