Die Elbe-Jeetzel-Capio-Klinik führt keine Abtreibungen mehr durch. Das wurde jetzt offiziell durch eine Veröffentlichung der EJZ bekannt. Seitdem hagelt es Kritik.
"Aus religiösen Gründen" wolle er keine Abtreibungen durchführen, so der neue Chefarzt der Gynäkologischen Abteilung, Thomas Börner. So weit so akzeptiert und respektiert. Börner führt deshalb konsequenterweise selber keine Abtreibungen durch. Doch nun hat er für die gesamte gynäkologische Abteilung "Abtreibungsverbot" verhängt - und die Klinikleitung unterstützt seine Haltung.
Seitdem diese Entscheidung bekannt wurde (siehe EJZ , 4.2.2017) stehen die Telefone nicht mehr still. Die vielfältigen Pressereaktionen (u.a.: NDR, HAZ, Osnabrücker Zeitung, the-germanz.de, WELT) zeigen, wie heiß diskutiert das Thema ist.
Der Vorwurf Börners, die abtreibenden Frauen würden leichtfertig handeln, rief dabei auch Gesundheitsministerin Cornelia Rundt auf den Plan: "Keine Frau nimmt einen solchen belastenden Eingriff wie einen Schwangerschaftsabbruch leichtfertig vor; sie tut dies nur dann, wenn sie sich in einer bestimmten Notsituation befindet," so Rundt in einer Stellungnahme zur Entscheidung der Capio-Elbe-Jeetzel-Klinik.
Daher bedauert es die Ministerin, dass die Klinikleitung der Capio-Elbe-Jeetzel-Klinik es künftig generell ablehnt, Schwangerschaftsabbrüche durchzuführen – auch wenn niemand persönlich verpflichtet werden, an einem Schwangerschaftsabbruch mitzuwirken (außer es besteht Gefahr für das Leben oder eine zu erwartende schwere Gesundheitsschädigung der Frau). Der Ministerin ist es wichtig, dass für die betroffenen Frauen die Möglichkeit erhalten bleibt, den für sie emotional und körperlich belastenden Eingriff in einer vertrauten Umgebung in angemessener Entfernung zu ihrem Wohnort durchführen zu lassen.Ministerin droht mit Kürzungen von Zuschüssen
"Gerade im Rahmen der Gespräche zu der sich ständig verändernden Krankenhauslandschaft in Niedersachsen ist die Gewährleistung des Sicherstellungsauftrages von großer Bedeutung," Rundt weiter. "Bei der Vergabe von Investitionsmitteln für Krankenhäuser obliegt es nach einer Änderung des Bundesrechts den Ländern, Qualitätskriterien zugrunde zu legen. Eines dieser zahlreichen Kriterien kann gegebenenfalls auch die Sicherstellung von Schwangerschaftsabbrüchen im jeweiligen Einzugsbereich der Krankenhäuser sein. Wenn Klinken keine Schwangerschaftsabbrüche anbieten, halten sie keine vollständige Gynäkologie mehr vor."
In Mediengesprächen hatte Klinikchef Fröhling diese "Drohung" lapidar mit der Bemerkung abgetan, Abtreibungen seien ja keine Krankenkassenleistung und gehörten daher nicht zum Sicherstellungsauftrag. Dem entgegnete die Ministerin nun, dass "nach § 13 Abs. 2 Schwangerschaftskonfliktgesetz des Bundes ein ausreichendes Angebot an Einrichtungen für ambulante und stationäre Schwangerschaftsabbrüche sicherzustellen" sei. "Den Versorgungsauftraghaben in diesem Bereich nicht die Krankenkassen – die Sicherstellung ist Aufgabe des Landes. Bei dem Sicherstellungsauftrag sind auch Kliniken zu berücksichtigen, die über die Landkreisgrenze hinausgehen, wenn diese gut mit öffentlichen Verkehrsmitteln (!) zu erreichen sind
Erst kürzlich führte Ministerin Rundt mit dem
Vorstand des christlichen Gesundheitskonzerns AGAPLESION ein intensives
Gespräch. Dort fand sich nach Medienberichten eine Lösung, die allen Seiten gerecht wird: in Zusammenarbeit mit niedergelassenen Arztpraxen können dort Abtreibungen wieder in der Klinik stattfinden.
Der Landrat des Kreises Lüchow-Dannenberg, Jürgen Schulz (parteilos),
sitzt als Vertreter des Landkreises mit im Beirat des Krankenhauses. Er zeigte sich irritiert darüber, dass die persönliche
Gewissensentscheidung des Chefarztes nun als Verhaltensvorschrift für
das gesamte Klinikum gelten soll.
Weitere Reaktionen aus dem Krankenhausbeirat und den Schwangerenberatungen stehen noch aus.
PS: Medizinisch begründete Abbrüche sowie solche nach Verwaltigungen führt die Klinik weiterhin durch.
Foto / Björn Vogt: Babies auf die Welt bringen findet Gynäkologie-Chef Thomas Ulrich Börner (hinten) gut. Abtreibungen durchführen dagegen gar nicht. Deshalb wies er die gesamte Gynäkologie-Abteilung des Krankenhauses in Dannenberg an, keine Abtreibungen mehr vorzunehmen.