Wer geglaubt hatte, der Ausbau der sogenannten "Reststrecke" zwischen Hitzacker und Dömitz sei vom Tisch, der irrt sich. Wie am Dienstag auf einem Treffen in Hitzacker deutlich wurde, wird auf Bundesebene an einem "Gesamtkonzept Elbe" gearbeitet, in dem die durchgängige Schiffbarkeit ein Teil des Vorhabens ist.
Zu dem Treffen eingeladen hatten der CDU-Bundestagsabgeordneten Eckhard Pols und der Vorsitzende der ARGE Elbe der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, Jürgen Klimke. „Eine Sanierung der Reststrecke gehört zu unseren wichtigsten Forderungen an die Bundespolitik. Das ist Grund genug, uns vor Ort über die verkehrlichen und wirtschaftlichen Auswirkungen zu informieren und mit Experten und Verantwortlichen in der Region zu sprechen,“ hieß es in der Einladung zu dem Treffen in Hitzacker.
Der Einladung gefolgt waren – unter anderem - sowohl Harald Ottmar, Leiter der Regierungsvertretung in Lüneburg als auch Baudirektor Jürgen Weinhold von der Kreisverwaltung, Samtgemeinde-Bürgermeister (Elbtalaue) Jürgen Meyer, Hitzackers Bürgermeister Holger Mertins sowie der Leiter des Biosphärenreservats Niedersächsische Elbtalaue Prof. Dr. Johannes Prüter.
Mit im Boot auch die hiesige Landtagsabgeordnete Karin Bertholdes-Sandrock, die kürzlich erst auf einer Bootsfahrt mit Naturschützern (link) ihre Forderungen nach einer wirtschaftlichen Nutzung der Elbe vehement betont hatte.
Peter Schneeberg, CDU-Kreistagsabgeordneter, der als Eigentümer des Hitzackeraner Hafens besonders unter der immer wiederkehrenden Verlandung der Sportboothafeneinfahrt zu leiden hat, war an dem Treffen besonders gelegen – er hofft, für seine Probleme mit der Beseitigung der Sandbänke eine größere Unterstützung zu bekommen.
Elbe ist wichtig für den Schiffsgüterverkehr
„Wir sehen die Elbe in einer Schlüsselfunktion für den Hinterlandverkehr des Hamburger Hafens,“ so Jürgen Klimke in Hitzacker. „Aber die Stärkung des Schiffsverkehrs lässt mit der ökologischen Bedeutung des Flusses verbinden. Wir meinen, es geht beides,“ ist der Vorsitzende der ARGE Elbe überzeugt. Dass die Abgeordneten mit ihrem Ansinnen, die Fahrrinne der Elbe zu vertiefen, nicht alleine dastehen, zeigt die Tatsache, dass in Zusammenarbeit zwischen dem Bundesverkehrsministerium und dem Bundesumweltministerium gerade ein „Gesamtkonzept Elbe“ entwickelt wird, mit dem der Spagat zwischen Naturschutz und Wasserwirtschaft versucht werden soll.
Nach den bisher bekannten Inhalten dieses Konzeptes soll der Unterhaltungsstatus des Jahres 2002 wieder hergestellt sowie ein „aktualisiertes Stromregelungskonzept“ für die Bundeswasserstraße Elbe entwickelt werden. Wie auch in Hitzacker immer wieder argumentiert, geht das „Gesamtkonzept Elbe“ davon aus, dass eine wirtschaftliche Notwendigkeit für die durchgängige Schiffbarkeit gegeben ist, da der Fluss „die Wirtschaftszentren Tschechiens, Sachsens, Sachsen-Anhalts, Niedersachsens, Brandenburgs und Berlins mit dem Hafen Hamburg bzw. mit dem westdeutschen Binnenwasserstraßennetz verbindet".
Für die Fahrrinne der Binnenelbe unterhalb von Dresden wird deshalb im Rahmen der Unterhaltungsmaßnahmen eine Fahrrinnentiefe von ca. 1,60 m bei Niedrigwasser angestrebt (oberhalb von Dresden 1,50 m), allerdings mit lokalen Breiteneinschränkungen mit BUND, NABU und WWF hatten bereits im April 2012 eine Stellungnahme zu diesem Gesamtkonzept abgegeben. Darin begrüßen die drei Umweltschutz-Organisation zwar „ausdrücklich die neue gemeinsame Initiative des BVMS und des BMU für ein Gesamtkonzept Elbe“ haben aber durchaus einige kritische Fragen: So ist ihnen z.B. das „aktualisierte Stromregelungskonzept“ noch nicht konkret genug.
Ökologische Belange berücksichtigen
In Hitzacker vertrat Biosphärenreservatsleiter Johannes Prüter die Naturschutz-Interessen. Vehement mahnte er an, dass die „ökologischen Belange nicht nur im Kielwasser mitschwimmen“ dürfen. Die Elbe sei immerhin ein Fluss von europäischer Bedeutung. Auch erinnerte er an die Landtagsbeschlüsse, die dem Elbe-Seiten-Kanal die Aufgabe zuweisen, den Hinterlandverkehr des Hamburger Hafens aufzunehmen.
„Und es gerät auch immer wieder aus dem Blick, dass wir es nicht nur hier zwischen Hitzacker und Dömitz mit Mindertiefen zu haben,“ so Prüter weiter. „Auf der gesamten Elbe kommt es über das ganze Jahr verteilt zu Unschiffbarkeiten. Wollte man die Elbe wirklich für Containerschiffe durchgängig ertüchtigen, so müsste sehr viel mehr geschehen als nur der Ausbau dieser kleinen Strecke zwischen Hitzacker und Dömitz.“
Argumente, die von den CDU-Abgeordneten ohne weiteren Kommentar zur Kenntnis genommen wurden. Landtagsabgeordnete Karin Bertholdes-Sandrock möchte gerne die „langwierige und zermürbende Diskussion über den Begriff der Unterhaltung“ beendet wissen. ES müsse eine dauerhafte Basis gelegt werden, damit die Dinge auch greifen, so Bertholdes-Sandrock. Für sie ist der Ausbau der Reststrecke und der nach ihrer Ansicht verbundene verstärkte Gütertransport über den Fluss auch aus ökologischen Gründen zu forcieren. „Sind wir nicht aus ökologischen Gründen darauf angewiesen, das wir den Transport auf dem Wasser sichern und stärken?“ fragte sie in die Runde.
Auf die bestehenden Landtagsbeschlüsse angesprochen, entgegnete die Abgeordnete lapidar: „Landtagsbeschlüsse hin oder her – Beschlüsse kann man ändern.“
Unterstützung bekamen die CDU-Abgeordneten von Rolf Lack, ehemaliger Chef des WSA Magdeburg und stellvertretender Vorsitzender des „Vereins zur Förderung des Elbstromgebietes und seiner Kulturlandschaft“. Er meint, entgegen anderslautender Statistiken eine 14,5%ige Zunahme des Güterschiffsverkehrs auf der Elbe zumindest für den Zeitraum 2009 und 2011 belegen zu können. Auch Jürgen Klimke meint zu wissen, dass der Hamburger Hafen gerne 5 % seines Containeraufkommens über die Elbe schicken würde.
Deutlich wurde in Hitzacker, dass zumindest die regionalen CDU-Abgeordneten sich keinesfalls mit einer Absage an den "Ausbau der Reststrecke" abfinden wollen. Die Arbeit an einem "Gesamtkonzept Elbe" ist für Jürgen Klimke Grund genug, daran zu glauben, dass es bei der Bundesregierung ein "Umdenken" in Richtung Ertüchtigung der Elbe gibt. Allerdings: eine "Flussgebietskonferenz Elbe" soll eine breite Einbindung aller Interessengruppen sichern und den "öffentlichkeitswirksamen Einstieg" in das Thema bilden. Was den hochgradig belasteten Schlick im Elbeuntergrund angeht, so ist Klimke der Ansicht, dass dieser entsorgt werden muss. Wohin allerdings die Unmengen der giftigen Sedimente, von denen die Wassergütestelle nach der Flut im Jahre 2002 sagt, dass hier eine "Zeitbombe ticke", "entsorgt" werden sollen, blieb im Dunkeln.
Organisieren will diese Flussgebietskonferenz übrigens der Parlamentarische Staatssekretär Enno Ferlemann in Zusammenarbeit mit dem Kirchenpräsidenten Joachim Liebig der Landeskirche Anhalt.
Foto: Angelika Blank ... Begutachteten am Dienstag die Situation an der Elbe (von links): Jürgen Klimke, Vorsitzender der ARGE Elbe der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, Peter Schneeberg, Hafenbesitzer und Immobilienkaufmann, Eckhard Pols, CDU-Abgeordneter im Bundestag