Thema: atommüll

Endlagerung: Erweiterung von Schacht Konrad vermeiden

Auf Vorschlag von Bundesumweltministerin Barbara Hendricks hat die Bundesregierung am Mittwoch ein umfassendes Konzept zur Entsorgung aller radioaktiven Abfälle beschlossen. In diesem "Nationalen Entsorgungsprogramm" ist vorgesehen, das Endlager Schacht Konrad möglichst nicht zu erweitern.

Atomkritische Initiativen hatten sich schon länger kritisch gegen eine Ausweitung des Endlagers für schwach- und mittelradioaktiven Müll im Schacht Konrad ausgesprochen. Mit dem am Mittwoch vorgestellten "Nationalen Entsorgungsprogramm" kommt Bundesumweltministerin Barbara Hendricks diesen Bedenken nach eigenem Bekunden entgegen: radioaktiver Abfall aus der Asses und aus der Urananreicherungsanlage in Gronau sollen - zumindest teilweise - in einem noch zu planenden Endlager für hochradioaktiven Müll mit untergebracht werden.

Doch auch dieses Vorhaben stößt bei Gorlebengegnern auf Skepsis. Im Rahmen der vorläufigen Sicherheitsanalyse für Gorleben sei bereits ein bestimmter Bereich für die Einlagerung von schwach- und mittelaktivem Abfall vorgesehen, heißt es aus BI-Kreisen. Vor diesem Hintergrund stärke der Plan Hendricks, diesen Abfall in ein noch zu benennendes Endlager zu bringen, die Befürchtung, dass klammheimlich weiterhin der Salzstock Gorleben als Endlager für radioaktiven Müll manifestiert werde.

Hinsichtlich der Abfälle aus der Schachtanlage Asse II und der eventuell
endzulagernden Abfälle aus der Urananreichung in Gronau hatte Hendricks erklärt, dass diese bei der Standortsuche für das Endlager für insbesondere hochradioaktive Abfälle berücksichtigt werden sollen. Hendricks: „Schacht Konrad scheidet nicht mit endgültiger Gewissheit aus. Aber ich habe klar die Richtung vorgegeben. Eine Erweiterung von Konrad wollen wir auf diese Weise vermeiden.“ Im Entwurf des Nationalen Entsorgungsprogramms waren das Endlager Konrad und das Endlager für hochradioaktive Abfälle noch als gleichwertige Optionen für die Asse-Abfälle und Urantails vorgesehen.

Mit dieser Aussage wird die Entscheidung, was mit den Abfällen aus der Asse und aus Gronau passiert, an die Endlagerkommission abgegeben. Ebenfalls ein Punkt, den Atomkraftgegner für "ein Unding" halten. "Die Endlagerkommission arbeitet sowieso schon unter einem enormen Zeitdruck. Jetzt soll sie auch noch diesen schwierigen Punkt klären," so Wolfgang Ehmke, Sprecher der BI Umweltschutz Lüchow-Dannenberg. " Statt - so wie vorgesehen - grundsätzliche Fragen zu klären, werden jetzt schon über die Bundesregierung Teilfestlegungen vorgenommen. So wird der Endlagerkommission der Handlungsrahmen genommen. " Des weiteren könne die Endlagerkommission nicht in der ihr zur Verfügung stehenden kurzen Zeit die Fehler von über 30 Jahren verfehlter Endlagerpolitik heilen.

Grundlage des Nationalen Entsorgungsprogramms ist ein aktuelles Verzeichnis, das alle Arten radioaktiver Abfälle umfasst, die in Deutschland endgelagert werden sollen. Das schließt sowohl den hochradioaktiven Atommüll wie die abgebrannten Brennelemente aus den Atomkraftwerken und zurückgeführte Abfälle aus der ausländischen Wiederaufarbeitung als auch schwach- und mittelradioaktive Abfälle aller Art ein. Zudem enthält das Verzeichnis eine Prognose über die zu
erwartende Menge der radioaktiven Abfälle, die bis 2080 anfällt.

Die erwarteten Mengen an radioaktiven Abfällen sind im Nationalen Entsorgungsprogramm detailliert aufgeführt. Dabei handelt es sich nach Angaben von Ministerin Hendricks um

•       rund 10.500 Tonnen Schwermetall in Form von bestrahlten Brennelementen aus dem Betrieb der Atomkraftwerke (diese Masse wird in rund 1100 Behältern in der Regel der Bauart CASTOR®V aufbewahrt),
•       rund 300 Behälter mit hoch- und mittelradioaktiven Abfällen aus der Wiederaufarbeitung bestrahlter Brennelemente im europäischen Ausland sowie
•       rund 500 Behälter mit bestrahlten Brennelementen aus dem Betrieb von
Forschungs-, Entwicklungs- und Demonstrationsreaktoren.

Zusätzlich werden nach der Abfallstatistik rund 600.000 Kubikmeter schwach- und mittelradioaktive Abfälle eingeplant. Dies umfasst insbesondere erwartete radioaktive Abfälle aus dem Betrieb und Rückbau der Atomkraftwerke, aber auch radioaktive Abfälle aus Industrie, Medizin und Forschung. "Außerdem sind derzeitige Schätzungen zur Abfallmenge aus der Schachtanlage Asse II berücksichtigt," so Hendricks weiter. "Die dort eingelagerten Abfälle sollen zurückgeholt werden, es wird von einem Volumen in einer Größenordnung von 200.000 Kubikmeter ausgegangen. Des Weiteren ist in dieser Schätzung auch eine Menge von 100.000 Kubikmeter von Abfällen aus der Urananreicherung vorsorglich eingeplant, die entsorgt werden müssen, sofern diese nicht verwertet werden."

Für die Endlagerung der radioaktiven Abfälle sieht das Konzept des Bundesumweltministeriums zwei Standorte vor: das bereits genehmigte Endlager Konrad für vernachlässigbar Wärme entwickelnde Abfälle und einen noch festzulegenden Standort für insbesondere hochradioaktive
Abfälle. Eine zügige Inbetriebnahme von Schacht Konrad hält das Bundesumweltministerium weiterhin für unverzichtbar.

Das so genannte Nationale Entsorgungsprogramm muss bis zum 23. August 2015 der EU-Kommission vorgelegt werden, so fordert es eine europäische Richtlinie von allen Mitgliedstaaten. Das Nationale Entsorgungsprogramm gilt als vorläufig, da die Atommüllkommission in Berlin ihre Arbeit noch nicht abgeschlossen hat. Alle drei Jahre ist der Bericht fortzuschreiben, um Fortschritte oder Änderungen der Kommission mitzuteilen.  

Niedersachsen: Wenzel begrüßt Entscheidung

Niedersachsens Umweltminister Stefan Wenzel zeigte sich am Mittwoch erleichtert über die Aussage von Bundesumweltministerin Hendricks, im Nationalen Entsorgungsprogramm noch Änderungen vorgenommen zu haben, um eine Erweiterung von Konrad zu vermeiden. Nicht zuletzt sei das auch der beeindruckenden gemeinsamen Initiative von besorgten Bürgerinnen und Bürgern aus der betroffenen Region und von Betriebsräten führender Industrieunternehmen zu verdanken, die sich mit besonderem Engagement in die Debatte eingebracht hätten. „Allerdings ist die Kuh damit noch lange nicht vom Eis", so Wenzel.

Die weitere Entwicklung hänge insbesondere an den von der Atommüllkommission zu entwickelnden Kriterien und Sicherheitsanforderungen. „Wir müssen gemeinsam hellwach bleiben und dem Bund und den anderen Ländern genau auf die Finger schauen. Niedersachsen hat mit dem havarierten Atommüllstandort Asse, und dem planfestgestellten Standort Konrad schon eine große nationale Verantwortung übernommen".

Im ersten Entwurf des Nationalen Entsorgungsprogramms hatte das Bundesumweltministerium als Option eine Erweiterung von Schacht Konrad für weitere 300.000 Kubikmeter schwach- und mittelradioaktiven Müllvorgesehen, die bislang nicht bilanziert wurden, so Wenzel weiter. Niedersachsen hatte sich im Vorfeld vehement dagegen ausgesprochen, eine Verdopplung der Lagermenge für Schacht Konrad in Betracht zu ziehen. " „Selbst für bislang geplante Mengen seien viele Fragen offen", hatte Wenzel zu Bedenken gegeben. Der Umweltminister hatte sich daher bereits 2013 mit einem umfassenden Fragenkatalog zum Stand von Wissenschaft und Technik an das Bundesamt für Strahlenschutz als Betreiber des Endlagers Konrad gewandt. Von dort wurde signalisiert, dass die Errichtung nur unter Berücksichtigung der neuesten technischen und wissenschaftlichen Möglichkeiten erfolgen solle.





2015-08-12 ; von asb (autor), pm (autor),
in Berlin, Deutschland

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