Welch hervorragende Produkte sich aus den alten Haustierrassen der Archeregion herstellen lassen zeigten über 20 Aussteller auf dem 3. Archetag in Dellien (Amt Neuhaus). Neben viel Interesse für die verschiedenen Rassen fanden vor allem die regionalen Köstlichkeiten reißenden Absatz bei den unzähligen Besuchern.
Genüsslich lässt sich der Poitou-Esel die Ohren kraulen - was ihn nicht davon abhält, derweil weiter an einer Eselsleckerei zu knabbern. Ein Stückchen weiter springen junge Thüringer Waldziegen über Stock und Stein und ärgern den großen Bock, der sich redlich bemüht, sich von den kleinen Rackern nicht aus der Ruhe bringen zu lassen.
Es ist Archetag im Amt Neuhaus. Über 20 Aussteller haben einen Teil ihrer Tiere nach Dellien auf den Hof von Hans-Jürgen Niederhoff gebracht, um sie den unzähligen Besuchern vorzustellen, die sich auf den Weg zum Archetag gemacht haben - oder sie präsentieren Produkte, die sie aus Wolle, Fleisch oder Obst hergestellt haben.
Poitou-Esel, das Bunte Bentheimer Schwein, die Leinegans oder das Heckrind - sie stehen alle auf der Roten Liste der bedrohten Arten. Aus der landwirtschaftlichen Nutzung sind sie weitgehend zugunsten von als effizienter geltenden Nutztierrassen verschwunden. In den 70er Jahren verschwand zum Beispiel das schwarz-weiße Landschwein vollständig von den Höfen. Damit es anderen alten Nutztierrassen nicht ebenso geht, gibt es inzwischen eine Reihe von Liebhabern, die sich um die Erhaltung kümmern.
Das lässt sich sehen: eine breite Produktpalette ist inzwischen auf dem Markt
Seit 2011 ist die "Archeregion Flusslandschaft Elbe" offiziell von der Gesellschaft zur Erhaltung alter und gefährdeter Haustierrassen
(GEH) anerkannt worden. Seitdem ist die Zahl der Archebetriebe in der Region zwischen Amt Neuhaus und Lüchow-Dannenberg auf 16 gewachsen. Weitere Privatleute halten über 100 Rassen in Hobbyhaltungen wie das Vorwerkhuhn oder die Lippegans.
Doch die Haltung allein wird das Aussterben nicht verhindern. Die Erhaltung wird nur funktionieren, wenn die Produkte aus den alten Rassen auch vermarkten lassen. Deswegen gibt es auf dem Archetag neben vielen niedlichen Tieren auch Einiges an Köstlichkeiten zu naschen, die das Bentheimer Schwein, verschiedene Schafsrassen oder die Auerochsen geliefert haben.
"Erhalten durch Nutzen" ist denn auch das Motto der GEH. In der Vermarktung müssen die Produzenten dabei auch unkonventionelle Wege gehen. Beispiel "das goldene Vlies": Um eine ausreichende Menge und eine attraktive Vielfalt an Produkten anbieten zu können, haben sich mehrere Halter von Coburger Fuchsschafen zu einer Genossenschaft zusammengeschlossen, die aus der Wolle dieser Rasse eine Produktpalette an Kleidung und Accessoires von ausgewählten Werkstatten herstellen lässt. Nachhaltig produziert entstehen so aus der hellen, wärmenden Wolle der "Coburger" Westen, Jacken, Schales und andere Accessoires.
Mit anderen Problemen haben sich Besitzer von Streuobstwiesen herumzuschlagen: Brennereirechte sind nur rar vergeben und teuer in der Produktion. Also galt es zunächst, eine Brennerei zu finden, die aus den Äpfeln von einem Hektar Streuobstwiese sortenreine Apfelbrände herstellt. Es hat geklappt: die "Vintage Companie" bietet nun fünf verschiedene Brände an, die nicht nur wegen ihrem Alkoholgehalt als "hochwertig" bezeichnet werden können.
Auf ganz andere Art pflegen die "Amtsspinner" die Tradition: die rund ein Dutzend Frauen aus dem Amt Neuhaus treffen sich seit 12 Jahren regelmäßig, um zu spinnen und sich - ganz wie es jahrhundertelang ihre Vorfahrinnen getan haben - gegenseitig Geschichten zu erzählen. Die dabei entstandene Wolle wird dann zu Pullovern, Schals und anderen Accessoires weiter verarbeitet.
Mit vielen Informationen über alte Nutztierrassen, die Biosphärenregion und allerlei Köstlichkeiten war auch der 3. Archetag rundum ein Genuss für alle Sinne.
Fotos / Angelika Blank