Thema: zwischenlager

Immer noch kein Katastrophenschutz-Plan für das Zwischenlager Gorleben?

Seit Jahren wird gefordert, dass auch für die Standorte von End- und Zwischenlagern für radioaktiven Müll staatliche Katastrophenschutzpläne aufgestellt werden. Doch die BI befürchtet, dass wohl auch im neuen Entwurf der Landesregierung für die Umgebung von Zwischen- und Endlagern mit radioaktivem Abfall keine Katastrophenschutz-Pläne erstellt werden müssen. 

Der Niedersächsische Landtag berät über eine Novellierung des niedersächsischen Katastrophenschutzgesetzes. Im Vorentwurf war vorgesehen, dass für Atomkraftwerke sogenannte externe Katastrophenschutzpläne erstellt werden müssen.

Die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg e.V. hat Einblick in den Gesetzesentwurf genommen und kommt zu dem Schluss, dass darin keine Katastrophenschutz-Sonderpläne für Gorleben und das Bergwerk Asse II vorgesehen sind.

Bereits 2014 hatte Umweltminister Stefan Wenzel auf eine kleine Anfrage der FDP im Landtag geanwortet, dass auf die Erstellung eines Katastrophenschutz-Sonderplanes im Bereich von Zwischen- und Endlagern verzichtet werden kann, "wenn die rechnerischen Dosen im Falle eines Unfalls in der Umgebung unterhalb der Störfallplanungswerte gemäß §§ 49 und 50 Strahlenschutzverordnung liegen." Diese Prüfungen seien jeweils im Rahmen der Genehmigungsverfahren durchgeführt worden, so Wenzel damals. Für den Standort von Zwischen- und Endlagern sei kein Katastrophenschutz-Sonderplan vorgeschrieben.

Die Strahlenschutzkommission hatte in ihren Empfehlungen zur Weiterentwicklung des Notfallschutzes nach den Erfahrungen des GAUs in Fukushima (2/2015) ebenfalls keine Notwendigkeit gesehen, Änderungen an den Schutz-Rahmenrichtlinien für Zwischenlager vorzunehmen, "die über die Änderungen/Ergänzungen für Kernkraftwerke im Leistungsbetrieb hinausgehen. "

EU-Richtlinie gilt auch für Zwischenlager

Etwas anders stellt sich die Einführung von Katastrophenschutz-Sonderplänen (externen Notfallmaßnahmen) in der EU-Richtlinie 2014/87/EURATOM dar. Die im August 2014 geänderte Richtlinie sieht zwar auch bei den Betreibern kerntechnischer Anlagen die Hauptverantwortung, nimmt aber Zwischenlager ausdrücklich mit in den Maßnahmenkatalog der Richtlinie auf. §2, Artikel 2: " Diese Richtlinie gilt für alle zivilen kerntechnischen Anlagen, die einer Genehmigung unterliegen". In § 3, Artikel 3 a wurde präzisiert, welche Anlagen damit gemeint sind: "... Kernkraftwerk, eine Anreicherungsanlage, eine Anlage zur Kernbrennstoffherstellung, eine Wiederaufarbeitungsanlage, einen Forschungsreaktor, eine Zwischenlagerung für abgebrannte Brennelemente ...“.

Außerdem schreibt die EU-Richtlinie vor, dass mindestens alle sechs Jahre auf EU-Ebene ein "Peer Review" durchzuführen ist, in dem die bisher festgelegten Sicherheitsvorschriften überprüft werden, ob sie noch den aktuellen Sicherheitsnotwendigkeiten entsprechen. Und: Im Falle eines Unfalls, "der anlagenexterne Notfallschutzmaßnahmen oder Schutzmaßnahmen für die Bevölkerung erfordert," muss der betroffene Mitgliedstaat sicherstellen, dass unverzüglich zu einem internationalen Peer Review eingeladen wird.

"Das letzte Ziel (fünfte Schutzebene) ist die Abmilderung der radiologischen Auswirkungen erheblicher anlagenexterner Freisetzungen durch anlagenexterne Notfallmaßnahmen," heißt es in der Richtlinie weiter. Ob diese Formulierung bedeutet, dass auch für Zwischenlager Katastrophenschutz-Sonderpläne aufgestellt werden müssen, können allerdings wohl nur Juristen beurteilen.

Die BI will bei dem Thema jedenfalls nicht locker lassen und fordert weiterhin, dass auch für End- und Zwischenlager externe Katastrophenschutzpläne erstellt werden. In einem Schreiben an Umweltminister Stefan Wenzel fordert sie dementsprechend, dass die Novellierung des Katastrophenschutzgesetzes auch für die beiden Standorte Gorleben und Asse II gelten sollte. Dabei geht es nicht nur um das Castorlager mit hochradioaktem Müll sondern auch um die Leichtbauhalle mit schwach- und mittelaktivem Abfall.

HINTERGRUND

Nach dem Niedersächsischen Katastrophenschutzgesetz (NKatSG) sind die Landkreise und kreisfreien Kommunen für den Katastrophenschutz zuständig ( Art. 2 NKatSG).

Der Landkreis wäre also zuständig, einen sogenannten „externen Notfallplan“ aufzustellen. Wenn es allerdings um einen Betrieb mit gefährlichen Stoffen geht, kann er auf Erstellung eines solchen Plans verzichten – muss dies aber klar begründen und in den Akten dokumentieren (§ 10 a NKatSG).

Das Problem dabei: in der EU-Richtlinie zur „Beherrschung der Gefahren bei schweren Unfällen mit gefährlichen Stoffen“ sind radioaktive Nukleide als gefährliche Stoffe nicht aufgelistet. Warum dies so ist, bleibt das Geheimnis der EU-Kommission.

UPDATE, 24.7.: Wie von der grünen Landtagsabgeordneten Miriam Staudte zu hören war, haben sich in der letzten Anhörung vor der Sommerpause alle Landtagsfraktionen für die Aufnahme von Zwischenlagern für Atommüll in das Niedersächsische Katastrophenschutz-Gesetz ausgesprochen. Wann allerdings das Gesetz im Landtag beschlossen wird, konnte die Abgeordnete nicht sagen. Derzeit liege es zur weiteren Bearbeitung beim zuständigen Gesetzgebungsausschuss.

   







2017-07-22 ; von Angelika Blank (text),
in 29475 Gorleben, Deutschland

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