Welches Ausmaß die Auseinandersetzungen zweiter verfeindeter Familien Anfang September 2014 vor dem Klinikum in Lüneburg tatsächlich hatten, zeigt jetzt die Anklage der Staatsanwaltschaft Lüneburg. Sie hat jetzt gegen sieben 26 bis 34 Jahre alte Männer Anklage wegen versuchten Mordes und gefährlicher Körperverletzung erhoben.
Weitläufig abgesperrt war das Klinikum Lüneburg am Samstag, dem 6. September des vergangenen Jahres. Das war auch gut so: denn im Eingangsbereich waren sich einige Mitglieder zweier verfeindeter Familien begegnet, von denen jeweils ein Angehöriger wegen schwerer Verletzungen ins Krankenhaus eingeliefert worden war - sie waren bei einer Auseinandersetzung am Vortag durch zerschlagene Glasflaschen so schwer verletzt
worden, dass sie im Klinikum behandelt werden mussten. Offenbar hatten Mitglieder der einen Familie der anderen Familie dann am nächsten Tag vor dem Krankenhaus bewaffnet aufgelauert, um sich an ihnen zu rächen. Mehrere Schüsse fielen, durch die drei Männer schwer verletzt wurden. Es kam zu regelrechten Verfolgungsjagden, die bis ins Kinderkrankenhaus führten.
Die Staatsanwaltschaft wirft nun sieben Angeschuldigten vor, bewaffnet mit
Baseballschlägern bzw. Schlagstöcken, Pfefferspray sowie einer Pistole
und einem Revolver der anderen Familie vor dem Klinikum Lüneburg am
06.09.2014 aufgelauert, sie überfallen und im Sinne einer Blutrache
verletzt zu haben, wobei sie den Tod von Mitgliedern der verhassten
Familie zumindest billigend in Kauf nahmen.
Bei der
Auseinandersetzung vor dem Klinikum wurden insgesamt acht Angehörige der
überfallenen Familie zum Teil schwer verletzt, drei Personen durch
Schusswunden, wobei zwei Verletzte einen Durchschuss des linken
Oberschenkels erlitten, die dritte Person einen Durchschuss im
Becken-/Gesäßbereich. Die Anklage geht davon aus, dass der
Angeschuldigte, der mit einer Pistole bewaffnet war, auf zwei weitere
Personen geschossen hat, die jedoch nicht getroffen wurden.
Eine weitere Person, die mit einem Revolver bewaffnet war und ebenfalls Schüsse abgab, konnte bisher nicht ermittelt werden.
Wie jetzt erst durch die Anklage öffentlich wurde, ging die Auseinandersetzung noch in der Kinderklinik weiter. Einer der durch Schüsse Verletzten hatte sich dorthin geflüchtet. Zwei der Angeschuldigten sollen den Verletzten verfolgt und in der Kinderklinik auf diesen mit Schlaggegenständen eingeschlagen und ihn getreten zu haben, um den Verletzten zu töten. Dadurch erlitt er multiple Brüche des linken Arms, zwei Platzwunden am Kopf und mehrere Prellmarken am Rücken. Als eine dritte Person mit den Worten "Es reicht jetzt!" eingriff, verließen die Angeschuldigten die Kinderklinik.
Einem der sieben Angeschuldigten wird außerdem vorgeworfen, auf der Bögelstraße am Klinikum mit einem Pkw mit hoher Geschwindigkeit gezielt auf einen bereits Verletzten zugefahren zu sein, um diesen zu überfahren. Die Anklage geht davon aus, dass der Angeschuldigte dabei mit Tötungsvorsatz handelte. Der Geschädigte, der auf dem Weg zur Notaufnahme war, um den bereits erlittenen Durchschuss versorgen zu lassen, konnte sich wegdrehen, um zu flüchten, so dass der Pkw nur noch über einen Fuß rollte. Dadurch erlitt der Geschädigte Frakturen des vierten und fünften Mittelfußknochens.
Gegen vier Angeschuldigte hat das Amtsgericht Lüneburg auf Antrag der
Staatsanwaltschaft Haftbefehle erlassen. Der 33-jährige mutmaßliche
Schütze befindet sich seit dem 18. September 2014 in Untersuchungshaft, die
Angeschuldigten (damals 28 und 32 Jahre alt), die einen Verletzten in
der Kinderklinik angegriffen haben sollen, und der 34-jährige
Angeschuldigte, der mit einem Pkw auf einen Verletzten zugefahren sein
soll, seit dem 16. September.
Dem 34-jährigen Angeschuldigten wird neben versuchtem Mord und gefährlicher Körperverletzung auch ein gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr vorgeworfen sowie ein Verstoß gegen das Waffengesetz.
Die Angeschuldigten haben die Vorwürfe bestritten oder keine Angaben zur Sache gemacht. Wann das Strafverfahren vor dem Landgericht Lüneburg beginnen wird, ist noch nicht bekannt.