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Nach 20 Jahren: Nie wieder „Kulturelle Lachparade“

Eine makellose Bilanz für Kunstschaffende: 20 Jahre lang alle Vorstellungen durchgehend ausverkauft! Umso härter wird die Nachricht alle Fans treffen: Es wird in diesem Jahr keine „Kulturelle Lachparade“ geben. Auch im nächsten Jahr nicht. Nie wieder. „Die Ära ist beendet“, teilt Willem Wittstamm aus Clenze mit.

Gründe gibt es mehrere. Der erste ist banal: Der nunmehr letzte Veranstaltungsort der Lachparade, das „Herrenhaus“ in Salderatzen, will in diesem Jahr keine Abendveranstaltungen anbieten. Diese Nachricht hat Wittstamm über Dritte erreicht. Ein Ausweichquartier kann er in der Kürze nicht mehr beschaffen. „Und man soll ja auch aufhören, wenns am Schönsten ist“, seufzt der geistige Vater der Lachparade.Zum anderen hat Kerstin Wittstamm inzwischen ein erfolgreiches Soloprogramm, welches sie in diesem Jahr im Wittstamm-eigenen Kulturzentrum „K3“ in der Clenzer Kirchstraße  präsentieren will.

2009: Eckhard von Hirschhausen moderiert

Rückblick: Lachparade 2009, Moderator ist Eckhard von Hirschhausen. Die Karten für die fünf Lachparaden um Pfingsten sind in nullkommanix ausverkauft. Nach drei Stunden buntem Programm johlen, jubeln, trampeln die Zuschauer im vollbesetzten Herrenhaus. Es war einer der Höhepunkte der Lachparaden-Geschichte. Obschon: Magische Momente gab es von Anfang an.

Schlangenmenschen und Zaubernummern

Radikal subjektiv hier ein paar Namen: der umwerfende Herrn Niels, gesehen im Zelt der Compagnia Buffo (dazu später mehr). Green Gift. Parodistische Sternstunden mit Manuel Muerte. Erinnerungen an „Das-Leben-ist-hart,-aber-ich-bin-Hertha“ Schwätzig. An Moderator/Zauberer Thomas Otto. An Schlangenmenschen, Jongleure, Seiltänzer, Rola Rola-Artisten, die Überirdisches leisteten. An phänomenale Zaubernummern mit Kerstin und Willem Wittstamm, die Hausherren und -damen solo - Stoff, aus dem Legenden gewoben werden. „Vorne zu sitzen ist immer riskant“, hieß es mal in einem Zeitungsartikel. Einen (oder eine) traf es immer, der/die während der Vorstellung konsequent veräppelt wurde. Stellvertretend für den johlenden Rest.

Lachparade, das waren drei Stunden beste - und authentischste Unterhaltung - „und all die Jahre für denselben Eintritt! Was viele nicht so richtig würdigten, weil sie es nicht anders kennen“, erinnert sich Wittstamm. „Dafür haben wir immer ein Spitzenprogramm geboten“.

Willem Wittstam: Großstadtprogramm

Möglich war dies durch die Kontakte Wittstamms in die Szene, und die besondere Atmosphäre, die die Künstler verleitete, ihr Pfingstwochenende spielend im Wendland zu verbringen.„Anfangs habe ich die Lachparade  nur mit Kumpels gemacht. Aber irgendwann kamen auch Anfragen von anderen Künstlern und Artisten. Und jede Lachparade war immer besser als die zuvor. Der Anspruch stieg. Wir haben Großstadtprogramm geboten, eine Zeit lang auch Weltklasse. Aber daraus ergab sich ein  Zwang zur Steigerung. Das Publikum hatte seine Erwartungshaltung. Wir aber  wollten die Preise nicht erhöhen.“Am Ende waren es 15 Euro pro Karte - dafür bekommt man in den Spiegelzelten der Republik mit Glück zwei Sekt; „das nehmen andere für ein schamanistisches Lagerfeuer“, schmunzelt Wittstamm.

Gleich zu Anfang überfüllt

Eckart von Hirschhausen war von Anfang an dabei. Anfangs ein unbekannter Kleinkünstler, ist der studierte Mediziner inzwischen zu einem Star mit gleich mehreren TV-Shows avanciert. Mit Hirschhausen hat Wittstamm früher Straßentheater gemacht. Eine Freundschaft entstand, die bis heute anhält. Bestimmt nicht des Geldes wegen, sondern aus Freundschaft kam Hirschhausen immer wieder mal zur Lachparade. „Gleich die erste Lachparade, vor 20 Jahren in Platenlaase, war total überfüllt“, erinnert sich Wittstamm stolz: „Damit hatte keiner gerechnet“.

Goldene Zeiten im Buffo-Zelt

Auch der „Rebstock“ in Waddeweitz, die nächste urige Location, war von Anfang an umlagert.In den nächsten Jahren ging es ins Clenzer Schützenhaus. Und dann kauften Wittstamms das Zirkuszelt der Compagnia Buffo. Goldene Zeiten für die Lachparade - Stargäste, hinreißende Atmosphäre, ausverkaufte Vorstellungen.„Auch deshalb haben wir über die Jahre  so viele tolle Künstler bekommen: wegen der einmaligen Atmosphäre“, bilanziert Wittstamm.

Aber: So ein Zelt kostet auch eine Menge Unterhalt. Allein die bürokratischen Auflagen: „Da kommt regelmäßig ein staatlich geprüfter Bauingenieur, der diese „Fliegenden Bauten“ - ähnlich wie etwa eine Achterbahn(!) - kontrolliert. Die Latte hängt gebührenmäßig hoch. In den Jahren, als ich noch gut verdient habe, war mir das egal, da haben wir gerne war reingebuttert. Damals haben wir zehn Prozent des Umsatzes an den Widerstand gespendet“.

Und die Gäste trampelten

Das Zelt wurde Ballast, wurde verkauft. Die Lachparade ging zurück in den schon reichlich verblühten „Rebstock“ nach Waddeweitz. „Wenn die Gäste auf dem Holzboden getrampelt haben, haben die Bretter abgehoben. Das hatte echt Charme. Es gab keine Hinterbühne, da standen die Künstler schon mal mit dem Regenschirm im Garten“, berichtet Willem.Und dann der Rola Rola-Künstler Dany Daniel (der auch in Tokio oder Monte Carlo auftritt), der nur einen Meter vom Publikum entfernt in fünf Metern Höhe auf mehreren Rollen gleichzeitig balancierte: „Da hab ich Blut und Wasser geschwitzt, dass nichts schief geht“, sagt Wittstamm. Es ist nie etwas schief gegangen. „Danach wurde es von der Location professioneller, dann kamen wir zu Heinz Laing ins Herrenhaus. Da stimmte auch das Drumherum, die schöne Pausen-Atmosphäre. Man musste nicht mehr auf der Straße stehen, und Platzreservierungen waren auch möglich“, erinnert sich Wittstamm.

Als Highlight in Erinnerung bleiben“

Die Bilanz: „Die „LaPa“ war eine der wenigen wendländischen Veranstaltungen von Format, wo man mit der ganzen Familie, mit Freunden hingehen konnte, ohne dafür wegfahren zu müssen. Irgendwann hieß es sogar: „Wir kommen Pfingsten zur Lachparade - und gehen vorher nochmal zur KLP“, erinnert sich Wittstamm. So heißt es nun Abschied nehmen. „Wir wollen lieber als magisch, als echtes Highlight in Erinnerung bleiben. Und wir behalten diese Welle von Dankbarkeit in Erinnerung - wenn 400 Zuschauer kollektiv ausflippen. Aber: Man soll aufhören, wenn es am Schönsten ist. Es war eine großartige Zeit. Danke an alle, die uns mit ihrem Applaus gefüttert haben!“

Foto oben: Hören auf, „wenn es am schönsten ist“:  Willem Wittstamm alias Guillaume le Grand und „seine bezaubernde Assistentin“.  Ab diesem Jahr gibt es zur Kulturellen Landpartie keine Lachparade mehr.

Gern gesehener Lachparaden-Gast und Moderator war Eckhard von Hirschhausen. (erstes Foto unten). Fotos: Björn Vogt




Fotos

2014-03-14 ; von Björn Vogt (autor),
in Clenze, Deutschland

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