Der Salzstock Gorleben wird teilweise für die Erkundung außer Betrieb genommen. Dies teilte am Montag Abend ein Vertreter des Bundesumweltministeriums im Gartower Samtgemeinderat mit.
Auf den ersten Blick klingt es wie eine sensationelle Mitteilung: der gesamte Erkundungsbereich I im Salzstock Gorleben wird von allen Betriebseinrichtungen und -anlagen geräumt, die Bohrlöcher verfüllt und dann so abgesperrt, dass er nicht mehr betreten werden kann. Besucherverkehr soll zukünftig - sofern das Landesministerium dies zulässt - nur noch in den Schächten außerhalb des Erkundungsbereichs stattfinden. Ein entsprechender Antrag auf Genehmigung des Hauptbetriebsplans für diesen "Offenhaltungsbetrieb" im Salzstock Gorleben ist laut Hart in Vorbereitung und wird kurzfristig eingereicht.
Es sei auch nicht geplant, die aufgefahrenen Stollen regelmäßig von Salzsedimenten zu räumen, so Peter Hart, im Bundesumweltministerium Leiter der Abteilung Nukleare Ver- und Entsorung, am Dienstag Abend in den Hahnenberger Bierstuben.
Doch Bierseligkeit kam bei den anwesenden Gorlebengegnern nicht auf. Wie sich im weiteren Verlauf des Abends verdeutlichte, bleiben weiterhin alle Optionen für eine Endlagerung in Gorleben offen.
"Wir haben im Ministerium lange überlegt, wie wir den Offenhaltungsbetrieb, der jetzt nach dem Standort-Auswahlgesetz vorgesehen ist, gestalten wollen," so Hart. "Letztendlich ging es darum, eine Variante zu finden, die nach der Offenhaltung einen möglichst kostengünstigen Weg entweder in die Erkundung oder in die Stilllegung bietet."
Vierzehn Varianten habe man im Ministerium geprüft, unter anderem auch die Extreme der vorweg genommenen Stilllegung mit Verfüllung der Schächte oder einem Offenhaltungsbetrieb auf dem Niveau des Moratoriums. Es habe sich jedoch keine Variante gefunden, die sich "bei jeglicher Form der Weiternutzung" als günstigste herausgestellt habe. "So haben wir uns für die Variante entschieden, die uns die größtmöglichste Flexibilität erlaubt."
Bis mindestens zum Jahre 2022 wird es wohl dauern, bis klar sein wird, ob es eine weitere Erkundung in Gorleben geben wird. "Solange muss der Offenhaltungsbetrieb weiterlaufen," so Hart. "Diesen langen Zeitraum mussten wir bei unserer Entscheidung für eine Variante auch berücksichtigen."
Erkundungsbereich III bleibt weiter erreichbar
Wie Wilhelm Hund, beim Bundesamt für Strahlenschutz zuständig für das "Projekt Gorleben" erläuterte, war die Erkundungsarbeiten im sogenannten Bereich "I" bis auf "einige wenige Tiefbohrungen" bis zur Einstellung erledigt. Wenn die Erkundung jetzt nicht durch das Standortauswahlgesetz gestoppt worden wäre, so wäre es im Erkundungsbereich III weitergegangen.
Dieser liegt östlich vom Erkundungsbereich I, der jetzt in den nächsten zwei Jahren verschlossen werden soll. Sollte die Erkundungen tatsächlich wieder aufgenommen werden, so könnte der Zugang entweder über den bereits aufgefahrenen (dann aber verschlossenen) Stollen des Erkundungsbereich geschaffen werden. "Falls dies aus irgendwelchen Gründen nicht möglich sein sollte, so könnte ein neuer Stollen parallel zu dem anderen Stollen aufgefahren werden, um in den EB III zu kommen," so Hund.
Da die überirdischen Anlagen sowie die Zufahrtsschächte nebst zentralen Einrichtungen weiterhin in Betrieb gehalten werden, bleibt also die weitere Erkundung - wenn auch mit erhöhtem Aufwand - weiterhin möglich. Andererseits, so Hund, wäre mit der jetzt gewählten Variante auch eine vollständige Stilllegung des Bergwerks vorbereitet.
Ungefähr zwei Jahre wird es dauern, bis alle Betriebseinrichtungen- und Anlagen inklusive der Versorgungsleitung entfernt und die Tiefbohrlöcher verfüllt sind.
Martin Donat, Vorsitzender der Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg, mochte die Entscheidung des Ministeriums nicht bejubeln. "Letztendlich haben die Betreiber alles erreicht, was sie wollten. Alle Optionen bleiben weiterhin offen. Deswegen beruhigt uns die Entscheidung für diese Variante gar nicht."
Samtgemeinderat will mehr Unterstützung vom Bund
Der Samtgemeinderat in Gartow zeigte sich nicht sonderlich begeistert von den Plänen des Bundesumweltministeriums. Während die Gorlebenkritiker der UWG (die Grünen-Vertreter waren verhindert) sich eine weitergehende Schließung des Bergwerkes gewünscht hätten, sorgen sich die Gorleben-Befürworter der CDU um Arbeits- und Ausbildungsplätze. Peter Hart konnte nicht sagen, wieviele Arbeitsplätze im Bergwerk weiterhin gehalten werden können. "Das hängt letztendlich von der Arbeitsstruktur der DBE ab. Es wäre Spekulation, eine konkrete Anzahl von Arbeitsplätzen zu nennen," so Hart - schätzte deren Anzahl aber auf "ungefähr 50".
Die CDU-Fraktion nutzte außerdem die Gelegenheit, dem Bundesministerium seine Forderung mitzuteilen, dass der Bund ein "Entwicklungs- und Nutzungskonzept" für die nach ihrer Ansicht recht lange Auszeit der Erkundung vorlegen solle. "Wir haben ein Anrecht darauf, dass wir für den Ausfall entschädigt werden," begründete Hans-Udo Maury das Ansinnen der CDU. "Sollte keine Zwischennutzung möglich sein, so wünschen wir uns einen finanziellen Ausgleich für ausfallende Arbeits- und Ausbildungsplätze." Nach Ansicht von Maury spare der Bund ja nun 40 Millionen Euro, von denen Gartow "etwas zurückhaben" möchte.
Foto / Andreas Conradt ... publixviewing.de: Der Schachtturm am Erkundungsbergwerk in Gorleben bleibt noch für mindestens acht Jahre Symbol für die nicht abgeschlossene Suche nach einem Endlager für atomaren Abfall.