Lüchow wird von einem Bauskandal erschüttert - jedenfalls wenn man der lokalen Tageszeitung glauben darf. Vier Wochen nach Fertigstellung der Amtsturmspitze entdeckte ein aufmerksamer Bürger, dass die Zinnen des historischen Turms nicht so angeordnet sind wie vor der Sanierung.
Wie der Lüchower feststellte, ist der gesamte Zinnenkranz um einige Winkelgrade verdreht - eine Tatsache, die bisher niemanden aufgefallen war. Kein Wunder, denn die Verdrehung fällt nur denjenigen auf, die seit 1989 - dem Jahr der letzten Sanierung der Amtsturmspitze - immer wieder den Kopf reckten, um sich die Spitze genau anzuschauen. Die aktuelle Sanierung war in Auftrag gegeben worden, um damalige schwere Baufehler zu korrigieren, die unter anderem dazu geführt hatten, dass permanent Wasser in den Turm lief.
Durch die Verdrehung der Zinnen ist laut dem verantwortlichen Redakteur der Zeitung nun die "Skyline" Lüchows zerstört. Die Stadt war durch die Kritik derart verschreckt, dass sie sofort eine außerordentlich überfraktionelle Sitzung einberief, um den "Fall" zu besprechen. Flugs wurde auch die Einweihungsfeier am 20.12. "wegen organisatorischer Probleme" abgesagt.
Doch schon am Mittwoch war klar, dass der zuständige Architekt, Ralf Pohlmann aus Kiefen, die Verantwortung für den Baufehler übernimmt und die Zinnen, sobald die Witterung es zulässt, wieder in die richtige, für die Lüchower gewohnte, Richtung setzen lässt. Die Stadt Lüchow wird diese Korrektur keinen Cent kosten.
Im übrigen weist Ralf Pohlmann daraufhin, dass die gesamte 540 000 Euro teure Maßnahme wesentlich mehr Bestandteile enthielt als die Sanierung der Amtsturmspitze.
So ist die Turmspitze dauerhaft und vollständig abgedichtet worden, was dazu führt, dass der Amtsturm das erste Mal in seiner Geschichte regendicht ist. Zum Planungsauftrag gehörten auch die Verbesserung des äusseren Erscheinungsbildes der Turmspitze durch
Auswahl eines dunkleren Steines und einer dunkleren Fugenfarbe, die Herstellung wertiger Fussbodenoberflächen aus geschliffenem
Gussasphalt auf den Treppen, im oberen Turmzimmer und auf dem Umlauf sowie die Erneuerung eines Teiles der Natursteinabdeckung der Brüstung des Umlaufes.
Alle diese Maßnahmen sind nach Auskunft von Ralf Pohlmann wie geplant umgesetzt worden ebenso wie die Realisierung eines einheitlichen Farbkonzeptes aller neuen Bauelemente im Amtsgarten und am Turm, die Erneuerung der alten, baufälligen geschlossenen Holztreppe durch
eine offene und bequemere Stahltreppe in das obere Turmzimmer. Außerdem ist die alte verrostete Befestigungstechnik für den Weihnachtsstern erneuert und eine attraktive Außenbeleuchtung der Turmspitze oben und des Turmes von unten mit moderner LED-Technik eingebaut worden.
Auch die Verschiebung der oberen Tür hat architektonische Gründe, so Ralf Pohlmann. Neben ästhetischen und praktischen Gründen ist einer der Hauptgründe, dass die Tür nun vollständig auf der schlagregenabgewandten Seite des Turms liegt und somit geschützter vor Witterungseinflüssen.
Im übrigen sind nach Auskunft von Pohlmann die geplanten Kosten von 540 929,00 Euro lediglich um 598,00 Euro überstiegen worden. Die Ende November abgerechneten Baukosten betragen insgesamt 541 527,00 Euro.
PS: Auf den Straßen Lüchows löste der ausgerufene "Bauskandal" überwiegend Amüsement aus, wie wnet am Mittwoch Nachmittag in der Innenstadt feststellen konnte.
Foto / Angelika Blank: Still leuchtet der Weihnachtsstern über der frisch sanierten Amtsturm-Spitze - und ahnt nicht, welch Aufregung unter ihm wegen der schützenden Zinnen entstanden ist.