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Universität Lüneburg: Hochfliegende Pläne - doch ein kleiner Vogel sitzt am Boden

Mit insgesamt 100 Mio. Investitionsvolumen möchte sich die Lüneburger Leuphana-Universität mit einem „Innovations-Inkubator“ zum „wichtigen Wachtumsmotor für die ganze Region“ aufschwingen. Doch das Herzstück der ehrgeizigen Pläne, der „Campus der Zukunft“, geplant durch Stararchitekt Daniel Libeskind, droht nun an einem kleinen Vogel zu scheitern: zwei Paare der seltenen Haubenlerche haben sich auf dem Campus-Gelände eingenistet …

Nur 18 cm groß und 45 gr schwer ist der kleine Vogel, der nun eines der ehrgeizigsten Projekte der Universitätslandschaft womöglich ins Wanken bringt. Auf der europäischen Roten Liste der unmittelbar vom Aussterben bedrohten Arten steht die Haubenlerche in der Kategorie I. In Niedersachsen leben nach Vermutungen von Naturschützern nur noch rund 50 Paare – zwei davon haben sich nun ausgerechnet den Baugrund auf dem Universitätsgelände ausgesucht. Die Vorsitzende des Bundes für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND) Lüneburg, Christiane Schuster, hatte sich am Freitag deshalb mit einer Erklärung an die Öffentlichkeit gewandt. Sie fordert nun, den Bebauungsplan für das Campus-Gelände zu ändern. Da die Haubenlerche sehr scheu sei, befürchten die Naturschützer, dass sie durch den Baulärm und erhöhte Nutzung des Geländes vertrieben würden.

Nun droht dem ehrgeizigen Bauprojekt, das im letzten Herbst von Bundeskanzlerin Merkel  bei ihrem Besuch in Lüneburg als „mutige und sehr gute“ Campusentwicklung gewürdigt worden war, eine deutliche Verzögerung. Gutachten müssen eingeholt und Stellungnahmen bearbeitet werden.

Auch der AstA lehnt die Pläne ab

Doch nicht nur ein kleiner Vogel macht dem 100 Mio. schweren Investitionsprojekt zu schaffen. Auch die Studierenden der Leuphana-Universität protestieren gegen die Umsetzung der Pläne. Der AstA und das Studierendenparlament lehnen die Pläne der Universtitätsleitung für ein privat betriebenes Hotel und Zentralgebäude entschieden ab.  Die Studierenden fordern einen absoluten Vorrang für Forschung und Lehre. „Ein kommerziell betriebenes Hotel wird von der Universität nicht benötigt und verbaut die letzten Erweiterungsflächen auf dem Campus“, so AstA-Sprecherin Philine Busch in einer Presseerklärung. „Es würde für die privaten Profitinteressen eines Investors die zukünftige Entwicklung der Hochschule dauerhaft blockiert. Mit gesundem Menschenverstand betrachtet, ist ein Hotelbau daher unverantwortlich.“

Auch was das künftige Zentralgebäude angeht, so befürchten die Studierenden, dass es ihnen für universitäre Zwecke nicht wirklich zur Verfügung steht. „Das ist aber mit den wirtschaftlichen Vorstellungen eines privaten Investors nicht vereinbar. Die Universätt muss das Gebäude selbst betreiben oder auf den Bau ganz verzichten“, fordert AstA-Sprecher Mathias Ahrens.
AstA und Studierendenparlament fordern nun insbesondere die Hansestadt Lüneburg auf, ihre Finanzzusage für das Bauprojekt an die Einhaltung einer 2007 geschlossenen Rahmenvereinbarung mit der Universität zu pochen. Darin ist festgelegt, dass die Universität das Zentralgebäude selbst betreibt und die Studierendenzahl deutlich steigt. „Beide Zusagen wurden von der Universtät gebrochen. Unter diesen Umständen muss die Finanzzusage der Stadt nach Meinung der Studierenden aufgehoben werden.

Hintergrund

Mit einem der größten Fördervolumen in der Geschichte der EU-geförderten Regionalentwicklung – 64 Mio. Euro aus EFRE-Mitteln – will sich die Leuphana-Universität mit zusätzlichen Mitteln des Landes (22 Mio Euro) sowie Eigenmitteln in Höhe von 12,5 Mio. Euro zur „Modell-Universität“ aufschwingen. Dabei möchte sie gern die führende Rolle als Motor regionaler Wirtschaftsentwicklung übernehmen. Nicht nur Bundeskanzlerin Merkel, auch Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff erwartet blühende Landschaften rings um Lüneburg nach Start des „Innovations-Inkubators“.
Mit insgesamt 16 Teil-Maßnahmen will sich die Universität in Sachen Forschung und Lehre  an die Spitze der Universitäten Deutschlands setzen. Herzstück sind international besetzte und transdisizplinär ausgerichtete Forschungskooperationen, so genannte „Kompetenztandems“ Konkret sind bis zu 14 anwendungsorientierte, jeweils dreijährige Forschungs- und Transferprojekte geplant.
Insgesamt ist das ehrgeizige Vorhaben bisher auf 98,5 Mio. Euro veranschlagt. Wieviel Millionen davon das von Daniel Libeskind entworfenene Zentralgebäude verschlingen wird, bleibt allerdings bisher im Dunkeln.


Links zum Thema:

Informationsdienst Wissenschaft: Beifall für Rekordförderung der Leuphana Universität Lüneburg
Informationsdienst Wissenschaft: Rekordförderung für die Leuphana Universität stärkt Region Lüneburg - Innovations-Inkubator genehmigt

Leuphana-Universität

Foto: E.K. Schubert/Leuphana (Modell des geplanten Libeskind-Gebäudes)




2009-10-30 ; von Angelika Blank (autor),

forschung   universität   naturschutz  

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