Überschwänglich begrüßten zahlreiche Bewohner der Notunterkunft in Lüchow eine Delegation um die Europaabgeordnete Rebecca Harms, die am Freitag die Notunterkünfte in Lüchow-Dannenberg besuchte.
Mit einem solchen Empfang hatte niemand gerechnet: als die Gruppe Freitag Mittag das Essenszelt in der Lüchower Notunterkunft betrat, brachen rund 80 Flüchtlinge, Kleinkinder, Jugendliche und Erwachsene in Jubel aus. Begeistertes Klatschen und "Deutschland, Deutschland"-Rufe brachten die Besucher etwas aus der Fassung. Landrat, Bürgermeister, Vertreter der Polizei und auch Rebecca Harms konnten angesichts dieser Dankesbekundungen allesamt kaum Tränen der Rührung verbergen.
Mit selbst gebastelten Pappherzen und Transparenten brachten die Flüchtlinge ihre Dankbarkeit zum Ausdruck. "Wir lieben Deutschland", "vielen Dank den Lüchowern" oder "Herzlichen Dank für all die Hilfe" war auf den Pappschildern zu lesen, die Kinder wie Erwachsene hoch hielten. Und die altvertrauten Worte "Einigkeit und Recht und Freiheit" bekamen - geschrieben von Flüchtlingen auf einem Plakat - eine völlig neue Bedeutung.
Tief empfundene Dankbarkeit - und Ungeduld ob der langen Bearbeitungszeiten
Rebecca Harms, im europäischen Parlament Fraktionsvorsitzende der Grünen/EFA wollte sich nach ihren Besuchen entlang der Flüchtlingsrouten in Ungarn, Griechenland und der Türkei über die Verhältnisse in den hiesigen Notunterkünften informieren. Ihr Resümee am Ende des Tages: "Die Notunterkünfte in Lüchow-Dannenberg funktionieren gut," so Harms. Doch Europa und auch Deutschland haben noch eine immense Herausforderung vor sich, mit der Flüchtlingsflut zurecht zu kommen.
Harms musste im Laufe des Tages immer wieder betonen, dass die Flüchtlinge wohl noch eine Weile in den Notunterkünften ausharren müssen. Wo immer sie hinkam, wurde die ganze Besuchergruppe umringt und alle wurden dringend gebeten, sich um die Beschleunigung der Verfahren zu kümmern. Neben der grossen Dankbarkeit eine Bitte, die die ganze Besuchstour dominierte.
Sorge um zurückgebliebene Angehörige treibt die Flüchtlinge um. Im Krieg und unter der Bedrohung von Terrormilizen sind die Familien zurückgeblieben und haben oft nur die Jüngsten und Kräftigsten auf die Reise geschickt. Und auch die (vermutlich) monatelange erzwungene Untätigkeit löst Unruhe und Unzufriedenheit in den Notunterkünften aus.
Sowohl in Woltersdorf als auch in Lüchow übergaben die Flüchtlinge offene Briefe, in denen sie dringlich um eine Beschleunigung bitten. "Wir sagen Danke vom ganzen Herzen für diejeniegen die uns ihr Land und Ihr Herz öffnen. Aber wir haben eine Bitte an Euch und wissen ihr werdet uns helfen," trug eine 16-jährige Syrerin die Anliegen der versammelten Bewohner vor. "Wir alle streben nach Gemeinsamkeit öffnet eure Herzen für uns. Unser Verfahren ist sehr langsam und kommt nicht in Gang. Bitte vergessen Sie nicht, wir haben oft noch unsere Familien: Kinder und Frauen die, noch im Kriegs Gebiet sind und wir haben ganz viel Angst um ihr Leben. Wir bitten um Gehör für unsere Situation und, wünschen uns vom Herzen dass das Asylverfahren schneller voran schreitet, damit unsere Familien hier herkommen können. Unsere Kinder möchten gerne wieder zu Schule gehen und lernen. " Eine Bitte, die alle Empfänger betroffen machte. (Der vollständige offene Brief steht hier! zum Download bereit).
Es fehlt an Personal - und an Wohnungen
In einem Tischgespräch in der Notunterkunft in Dannenberg, an der neben den beiden Bürgermeistern von Elbtalaue auch ein Vertreter des Innenministeriums teilnahm, wurde erneut deutlich, wie sehr sich die Flüchtlinge noch in Geduld üben müssen. Niemand der Anwesenden wagte vorherzusagen, wie lange sie wohl noch in den Notunterkünften ausharren müssen, bevor ihr Antragsverfahren startet und sie auf die Kommunen verteilt werden.
"Wir hängen jeden Tag mit rund 3000 Registrierungen hinterher," so Jörg Schallhorn, der im Innenministerium für die Koordination der Flüchtlingsunterbringung zuständig ist. Ab Montag werde eine eigens eingerichtete Abteilung die Koordination übernehmen. Immer wieder im Fokus der Problematik: das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, welches ebenfalls mit der Bearbeitung der Asylanträge nicht hinterher kommt. Überall fehlt Personal.
So konnte Rebecca Harms am Freitag die Flüchtlinge nur immer wieder um Geduld bitten. Am Rande der Besuchstour wurde auch ein anderer Aspekt sichtbar: selbst wenn die Flüchtlinge die Notunterkünfte verlassen können, müssen sie damit rechnen, angesichts der Wohnungsknappheit in nicht unbedingt bequemere Unterkünfte umziehen zu müssen.