Rund 50 Menschen trafen sich am Freitag in Waddeweitz, um mit einem Mahnfeuer auf Probleme mit Wölfen aufmerksam zu machen. Koordiniert hatte die Aktion das Aktionsbündnis für aktives Wolfsmanagement.
An einem warmen Frühlingsabend wurde locker diskutiert. Auch Wolfsfreundinnen kamen zu Wort. Pizza aus der nahe gelegenen Bäckerei Becker war eine willkommene Bereicherung des Abends. Mehr zufällig übernahm Monika Hintze die Diskussionsleitung.
Monika Hintze ist Rinderhalterin in Dünsche. Der Ort liegt dicht am Gartow-Gorlebener Forst, wo regelmäßig Wölfe gesichtet werden. Sie macht sich Sorgen um ihre Tiere und war deswegen zum Mahnfeuer nach Waddeweitz gekommen.
"Bis jetzt sind wir im Wendland von Wolfsrissen verschont geblieben," so Monika Hintze. Nach ihrer Ansicht liegt das vor allem daran, dass die Nutztierhalter in der Region sich um einen effektiven Herdenschutz kümmern. "Die Probleme sind vor allem dort aufgetreten, wo der Herdenschutz nicht hundertprozentig war," ist Monika Hintze überzeugt. "Gelegenheit macht Diebe. Das führt natürlich auch zu Problemen. Wenn wir nicht für einen guten Herdenschutz sorgen, werden wir den Wolf animieren, unsere Herden zu überfallen. Und wenn er das einmal tut, dann werden wir ihn nicht wieder loswerden. Und dann haben wir tatsächlich schnell Problemtiere, die ansonsten vielleicht im Wald geblieben wären."
An die Politik hat Monika Hintze zwei zentrale Forderungen. "Wir müssen einen hundertprozentigen Herdenschutz gewährleisten. Da möchte ich aber auch eine hundertprozentige Unterstützung haben - personell wie finanziell. Hierbei gehe es nicht nur um die Übernahme der Kosten für einen Zaun, sondern auch um eine 100%ige Erstattung der Mehrkosten, die durch Wolfsrisse entstehen. "Dabei geht es nicht nur um die Schäden an den gerissenen Tieren sondern auch um Folgeschäden, wie z. b. Stressschäden, Aborte, Trächtigsverluste oder Tiere, die durchgegangen sind," so Hintze.Mehraufwand entstehe auch durch das Wiederberuhigen der Herde oder das Einfangen. "Das ist eine sehr hohe Belastung für die Weidetierhalter. Und wir wissen ja, dass sowohl Schafe- als auch Rinderhalter nicht unbedingt von finanziellem Erfolg in den letzten Jahren beglückt waren und diese zusätzliche Belastung ist für viele tatsächlich ein Grund, zu überlegen, ob sie das weitermachen. Da müssen die Halter unterstützt werden, damit wir weiter Tiere auf der Wiese halten und trotzdem dabei überleben können," plädierte Hintze. "Wenn der Herdenschutz vorher stattgefunden hat und es trotzdem zu übergriffen kommt, dann möchte ich eine schnelle sachgerechte Regulierung im Marktwert des Tieres."
Bisher dauerte es mehrere Monate, bevor die Untersuchungen abgeschlossen sind, ob es tatsächlich ein Wolf war, der ein oder mehrere Weidetiere gerissen hat. Erst dann werden die Nutztierhalter entschädigt. Für viele Halter ist das eine unzumutbar lange Zeit.
Monika Hintze hat auf die Rückkehr des Wolfes frühzeitig reagiert und ihren Kälberstall, der im Außenbereich liegt und nach allen Seiten offen ist, mit einem wolfssicheren Zaun eingegrenzt.
"Wir
sind Nutztierhalter, aber wir haben trotzdem ein emotionales
Verhältnis zu unseren Tieren. Und wenn wir morgens kommen und da
liegen zahlreiche Tiere gerissen da, das müssen Sie emotional auch
erst einmal verarbeiten. Da muss man dafür sorgen, dass es dazu
nicht kommt," plädiert Hintze für aktiven Schutz gegen Wölfe. Bisher blieb sie denn auch von Wolfsrissen verschont.
Damit das Thema "Wolf" nicht eskaliert, sollte mehr Aufklärungsarbeit betrieben werden, so die Ansicht von Monika Hintze. "Die Ängste sind da, sie müssen wahrgenommen, ernst genommen und abgebaut werden. Die Menschen müssen lernen, wie sie mit der Situation umzugehen haben. Sonst wird es tatsächlich eine so große negative Lobby geben, dass das ganze Thema eskaliert. Dazu wird es führen."
HINTERGRUNDNach den Informationen des NLWKN leben in Niedersachsen derzeit rund 100 Wölfe, die sich auf 20 Territorien verteilen. Bisher stellte das Wolfsmonitoring des Landes Niedersachsen insgesamt 9 ortsansässige Rudel fest, von denen zwei in Lüchow-Dannenberg leben (Raum Gartow und Göhrde).
Nach Berechnungen des Steuerzahlerbundes kostet das Wolfsbüro jährlich rund 450 000 Euro. Dazu kommen nach einem Bericht von topagrar.com 800 000 Euro, die vom Land Niedersachsen für die Förderung von Herdenschutzmaßnahmen oder die Entschädigung von Wolfsrissen ausgegeben werden. Demnach gibt Niedersachsen rund 1,2 Millionen Euro jährlich für das Wolfsmanagement aus. Zum Teil werden diese Kosten aus EU-Mitteln finanziert. (Zum Vergleich: Umweltminister Stefan Wenzel hatte vor einiger Zeit die Kosten für die Entschädigung von Gänsefraß-Schäden mit jährlich 7,4 Millionen Euro angegeben).
Das im Sommer 2015 neu eingerichtete Wolfsbüro (eingerichtet beim Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz/NLWKN) wird derzeit auf Veranlassung des Umweltministeriums mit weiterem Personal aufgestockt - die zusätzlichen Mitarbeiter/innen sollen nun auch Hobbytierhalter betreuen und beraten sowie für eine schnellere Bearbeitung von Entschädigungsanträgen sorgen.
Um Aufklärung über den Wolf und die Dokumentation der Wolfsvorkommen kümmern sich in Niedersachsen insgesamt über 130 ehrenamtliche Wolfsberater - 10 davon allein in Lüchow-Dannenberg. Sie sind für alle Fragen und Probleme im Zusammenhang mit dem Wolf ansprechbar. Sie beraten, machen (teilweise) Führungen, dokumentieren im Auftrag des Landes Wolfsspuren und nehmen im Schadensfall die Proben. Hier gehts zur Liste der Wolfsberater.
Und: Von rund 408 Nutztierrissen, die zwischen 2012 bis Februar 2017 dokumentiert wurden, ist nach DNA-Untersuchungen belegt, dass sie nicht vom Wolf begangen worden, sondern von anderen Tieren wie Fuchs oder Hund.