Kaltnass begann der Welterbetag in Bussau. Dennoch ließen es sich Viele nicht nehmen, den historischen Rundling zu besuchen. Viele in der Hoffnung, dass die Rundlingsdörfer bald als UNESCO-Weltkulturerbe anerkannt werden.
Große Pfützen auf den Wegen bringen lediglich den kleinen Kindern Spaß. Eingepackt in Ganzkörperanzüge und ausgestattet mit Gummistiefeln patschen sie mit Genuss hin und her durch die großen Lachen.
Die erwachsenen Besucher hingegen
bibbern in der Kälte und suchen schnell Schutz unter den großzügig
verteilten Zeltdächern, hoffen auf ein schnelles Ende des
offiziellen Teils. Die wird jedoch durch die Ankündigung von
Bürgermeister Schwedland, dass jetzt eine „längere Rederunde“
folgt, zunichte gemacht. „Nichts wie weg“ ist bei den Umstehenden
zu hören.
Und doch bleiben alle, um den
Grußworten von Europa-, Bundes- und Landtagsabgeordneten zuzuhören,
die allesamt betonen, wie sehr ihnen die Anerkennung der
Rundlingsdörfer als Weltkulturerbe am Herzen liegt. Außerdem wollen viele wissen, ob sie ihren Besuchern demnächst sagen können, dass sie in einem Weltkulturerbe leben.
Die Europaabgeordnete Rebecca Harms
geht in ihrem Grußwort besonders die Heimatverbundenheit ein, die
unter anderem in dem außerordentlich starken Engagement der Dörfler
ihren Ausdruck findet. Für sie selbst war die Standortbenennung
Gorlebens als Endlager für radioaktiven Müll ein Einschnitt, der
bei ihr den Impuls auslöste, ihre wendländische Heimat verteidigen
zu wollen. Jahrzehntelang kämpft sie inzwischen auf verschiedenen
Ebenen gegen das geplante Endlager, was ihre Verbundenheit zu Land
und Menschen noch mehr stärkte.
Nicht nur deshalb verspricht Harms, den Antrag auf die Anerkennung als Weltkulturerbe mit allen ihr möglichen Mitteln unterstützen zu wollen – durchaus auch mit dem Gedanken, dass dann die gesamte wendländische Kultur mit ihren Skurrilitäten und ihrer Kreativität besondere Aufmerksamkeit erfährt.
Grußworte sprechen ebenfalls die Bundestagsabgeordneten Eckhard Pols (CDU) und Hiltrud Lotze (SPD) sowie die Landtagsabgeordnete Miriam Staudte (Grüne). Sie alle betonen, wie wichtig die Anerkennung als Weltkulturerbe ihnen ist. Vehementer Beifall der Zuhörenden aus Bussau und Umgebung mach deutlich, dass auch ihnen der Titel „UNESCO Weltkulturerbe“ sehr am Herzen liegt.
Die intensive Unterstützung zeigt sich
auch in dem außerordentlich vielfältigen Engagement, mit dem die
gesamte Dorfgemeinschaft den Tag gestaltete. Nach dem Gottesdienst
ist den ganzen Tag über Kulturprogramm zu erleben. Liebevoll
gebackene Torten, Hochzeitssuppe oder Pizza aus dem Steinbackofen
laden auch in kulinarischer Hinsicht zum Verweilen ein – ganz
abgesehen von den Ausstellungen und Informationen über die
Geschichte der Rundlinge und den Stand des Welterbe-Verfahrens.
Wie Lüchows Samtgemeindebürger Hubert
Schwedland berichtete, wird es wohl 2018 die nächste Möglichkeit
geben, den Welterbe-Antrag voran zu bringen. Dann soll die Tentativ
(Vorschlags)-Liste neu aufgelegt werden. Zunächst geht es dann
darum, dass das Land Niedersachsen die Rundlingsdörfer als Vorschlag
an die Bundes-Kultusministerkonferenz meldet. Diese wird dann
entscheiden, welche Anträge sie nach Paris zur
UNESCO-Welterbe-Kommission meldet. Und dann muss die Pariser UNESCO-Kommission noch
entscheiden. Dort stehen deutsche Projekte in direkter Konkurrenz zu Welterbe-Anwärtern aus der ganzen Welt.
Der Prozess, bis die wendländischen
Rundlingsdörfer Weltkulturerbe werden (könnten), dürfte also noch
einige Jahre dauern.
In der Zwischenzeit arbeitet die
Samtgemeinde Lüchow als Antragsteller gemeinsam mit den Bewohnern
der Rundlingsdörfer intensiv weiter daran, die Substanz der
Rundlingsdörfer auch für die Zukunft zu erhalten und die
Wahrnehmung in der Öffentlichkeit zu erhöhen. Workshops zum
sensiblen Sanieren historischer Häuser, Informationsveranstaltungen
zur Geschichte der Rundlingsdörfer oder eben die Gestaltung von
Aktionstagen wie eben dem „Welterbe“-Tag am Sonntag sind
Aktivitäten, die die Samtgemeinde Lüchow mit den Partnergemeinden
seit Jahren durchführt.
Wer mehr über den Stand des
Welterbe-Verfahrens wissen möchte, wird auf den Internetseiten der Samtgemeinde Lüchow fündig.
Fotos: Gerhard Ziegler