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AKW-Sicherheit: Nichts Genaues sagt die RSK nicht

Am Dienstag stellte Bundesumweltminister Norbert Röttgen die Empfehlung der Reaktorsicherheitskommission zur Sicherheitsüberprüfung alter Atomkraftwerke vor. Resümee: zwar weisen die alten AKWs Sicherheitsmängel vor allem gegen Flugzeugabstürze auf - die meisten können aber nachgerüstet werden.

In seiner Rede zur Vorstellung der Empfehlung der Reaktorsicherheitskommission (RSK) betonte Umweltminister Röttgen, dass man bei der Erarbeitung des Berichts vor einer "völlig neuen Fragestellung" gestanden hätte. Die RSK habe vor allem Fragen untersucht, die bisher nicht Gegenstand von Genehmigungsverfahren gewesen seien. So sei das womögliche Auftreten eines Tsunamis in der Größenordnung wie er in Fukushima eingetreten ist, nie Auslegungsgegenstand gewesen. Mit Blick auf die Kritik von SPD-Chef Sigmar Gabriel erklärte Röttgen, dass es nicht gerechtfertigt sei, von "veralteten Vorgaben" zu sprechen - im Gegenteil, mit der Abfassung dieses Sicherheitsberichts habe Deutschland eine Vorreiterrolle eingenommen.

Sigmar Gabriel hatte am Dienstag im ZDF-Morgenmagazin bemängelt, dass Röttgen die 2009 entwickelten Sicherheitskriterien wieder außer Kraft gesetzt habe. Nun sei auf der Basis eines 30 Jahre alten Katalogs geprüft worden. Der sogenannte "Stresstest" sei nicht aussagekräftig, da die RSK für die Sicherheitsüberpüfung viel zu wenig Zeit gehabt hätte. "Sie brauchen, um ein Kraftwerk wirklich zu überprüfen, ein bis eineinhalb Jahre", so der frühere Bundesumweltminister im ZDF.

REAKTIONEN

DIE LINKE im niedersächsischen Landtag sieht sich durch die heutige Vorstellung des Berichts der Kommission für Reaktorsicherheit in ihren Befürchtungen bestätigt. Anstatt eine klare Abschaltungsstrategie für die Atomkraftwerke vorzulegen, blieben die Empfehlungen der Reaktorsicherheitskommission vage.

"Die Atomlobby kann sich freuen: Die Bundesregierung hat keine Eile bei der Abschaltung der Atomkraftwerke. Mit den Schlüssen aus dem Bericht verschafft sich die Bundesregierung noch einmal Luft, um weitermachen zu können wie bisher", sagte Kreszentia Flauger, Vorsitzende der Fraktion. Dabei gebe es inzwischen deutliche Berechnungen von Experten, wie und wann die Atomkraft beendet werden könne. "In Niedersachsen darf das abgeschaltete Uralt-AKW Unterweser nicht mehr ans Netz, und die AKW Emsland und Grohnde müssen schnellstmöglich abgeschaltet werden", so Flauger.

DIE LINKE hat eine Expertise vorgelegt, die belege, dass es möglich ist, alle Atomkraftwerke stufenweise bis 2014 abzuschalten. Dies bedeute, die sieben ältesten AKW und den Pannenreaktor Krümmel nicht wieder ans Netz zu bringen, und die anderen zehn Atomkraftwerke schrittweise abzuschalten. In Niedersachsen könnten das AKW Grohnde im Jahr 2013 und das AKW Emsland im Jahr 2014 stillgelegt werden. "Dies ist realistisch, da wir in Niedersachsen mehr Strom erzeugen als wir verbrauchen. Wir müssen gleichzeitig eine Offensive starten zum Ausbau der Erneuerbaren Energien, zur Energieeinsparung und Erhöhung der  Energieeffizienz. Dazu braucht es allerdings den politischen Wille - und der scheint bei der Bundes- und Landesregierung nicht vorhanden zu sein", sagte Flauger.

Gleichzeitig schlägt die Linksfraktion die Erarbeitung eines Konzepts für die Beschäftigten der Atomindustrie vor. "Auch bei einer Abschaltung der AKW werden die Beschäftigten nicht alle arbeitslos denn auch abgeschaltete Atomkraftwerke brauchen Nachsorge und Kontrolle." Dennoch werde ein Umschulungsprogramm für eine Weiterbeschäftigung im erneuerbaren Energiesektor benötigt.

Grüne: Persilschein für Atomindustrie

Grünen-Fraktionsvorsitzender in Hannover Stefan Wenzel erklärte:

"Die Reaktorsicherheitskommission hat der Atomindustrie einen Persilschein ausgestellt. Das ist nicht nur angesichts der japanischen Erfahrungen mit der offensichtlichen Unkontrollierbarkeit auch modernster Reaktorsysteme geradezu zynisch. Hochwasser, Sturmflut, Erdbeben, Terror, menschliches Versagen und andere Gefahren machen auch an deutschen Grenzen nicht halt.

Es bestätigt sich: zu viele Mitglieder der Kommission sind viel zu eng mit den Betreibern der Atomanlagen verbunden. Die Politik sollte sich vor falschen Ratgebern hüten. Wir erwarten, dass der Bundestag eine Ausstiegsentscheidung trifft, die dem breiten gesellschaftlichen Konsens entspricht. Dieser Atomausstieg muss schnell und unumkehrbar sein. Zudem muss eine Verabredung zu einer neuen Endlagersuche getroffen werden."

Ausgestrahlt: Atombranche prüft sich selbst

„Das Ergebnis der Reaktorsicherheitskommission ist mit Vorsicht zu genießen. Einen ‚Stresstest‘ für die Atomkraftwerke hat es nicht gegeben. In weiten Teilen verlässt sich die Kommission auf schriftliche Angaben der AKW-Betreiber", so die Reaktion von Jochen Stay, Sprecher der Anti-Atomkraft-Initiative .ausgestrahlt.

"Die Kommission ist nicht neutral. Hier hat sich die Atomwirtschaft gewissermaßen selbst geprüft. Denn unter den 16 Mitgliedern sind Vertreter der Stromkonzerne, Mitarbeiter des Reaktorbauers Areva und Angestellte von Forschungsinstituten, die einen Großteil ihrer Aufträge dadurch bekommen, dass es laufende Atomkraftwerke gibt. Alleine vier Mitglieder der Kommission stellt der TÜV, in dem wiederum die Stromkonzerne großen Einfluss haben. Das  Bundesumweltministerium stellte schon 2008 fest: die ‚große Betreibernähe der TÜV beeinträchtigt die Qualität und Unabhängigkeit der Begutachtung", so Stay weiter.

Nach Stays Ansicht wäre es deutlich besser gewesen, wenn die Kanzlerin die  Versicherungswirtschaft um ein Gutachten gebeten hätte. Denn dann wäre schnell deutlich geworden, dass kein deutsches AKW gegen eine Kernschmelze und ihre Folgen ökonomisch sinnvoll versichert werden kann, weil das Risiko einfach zu groß ist.“

Hier gehts zum Download der vollständigen Stellungnahme der RSK. click!

Foto: BMU / Rudolf Wieland (links) und Bundesumweltminster Dr. Norbert Röttgen (rechts) bei der Bundespressekonferenz zum Bericht über die Ergebnisse der Sicherheitsüberprüfung deutscher Atomkraftwerke.




2011-05-17 ; von asb (autor),

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