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AKW-Stresstests offenbaren Sicherheitsmängel

Erst Mitte Oktober sollen die offiziellen Ergebnissen des europaweiten AKW-Stresstests verkündet werden, doch am Montag drangen schon erste Fakten durch: demnach gibt es in allen neun deutschen noch laufenden Atomkraftwerken Sicherheitslücken.

Vor allem die Warnsysteme z. B. vor Erdbeben stehen im Fokus der Kritik, ausserdem hätten die Betreiber internationale Leitlinien für schwere Unfälle nicht umgesetzt. Die endgültigen Ergebnisse werden von der EU-Kommission allerdings erst Mitte Oktober veröffentlicht. Nach dem GAU in Fukushima hatte die EU europaweit Sicherheitsüberprüfungen für alle 145 Atomkraftwerke angeordnet.

Für die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Europäischen Parlament, Rebecca Harms, sind die durchgesickerten Informationen über die beunruhigenden Ergebnisse keine große Überraschung. Anlässlich der bevorstehenden Vorstellung des Berichtes durch Energiekommissar Oettinger erklärt die Atomexpertin:

"Die Prüfungen, die im Rahmen der Stresstests durchgeführt worden sind, waren nicht umfassend. Die Tests klammerten viele sicherheitsrelevante Bereiche, wie Risiken durch alternde Technik, überholtes Design, menschliches Versagen oder Terrorismus aus. Außen vorgelassen wurde auch die Erfahrung mit dem unerwarteten Katastrophenszenario in Fukushima. Zudem wurden nur wenige Reaktoren besucht, die dann auch nicht gründlich inspiziert wurden. Tausende von Rissen im Stahl belgischer Reaktoren wurden nicht im Rahmen der Stresstests entdeckt."

Nach Harms Ansicht steht EU-Kommissar Oettinger nun vor der Herausforderung, zumindest die identifizierten Sicherheitsmängel sofort abzustellen. Die Kosten dafür liegen laut Stresstest-Bericht bei 10 - 25 Milliarden Euro. "Für viele Anlagen werden sich die Investitionen in verbesserte Sicherheit nur dann lohnen, wenn die Reaktoren noch möglichst lange am Netz bleiben," so Harms weiter. "Die Stresstests dürfen aber von der EU-Kommission nicht als Gütesiegel für alte riskante Atomkraftwerke missbraucht werden und im schlimmsten Fall noch eine Laufzeitverlängerung rechtfertigen."

Stay: Ergebnisse sind ein Weckruf

Jochen Stay, Sprecher der Anti-Atom-Organisation .ausgestrahlt, zu den Ergebnissen der Stresstests: "Der sogenannte ‚Ausstiegs‘-Beschluss des Bundestages vom letzten Sommer hat nicht dazu geführt, die Risiken der Atomkraft-Nutzung in Deutschland zu beenden. Neun gefährliche Reaktoren dürfen noch lange Jahre weiterlaufen, die meisten bis 2022."

Stay weiter: "Bereits im letzten Jahr hatte die Reaktorsicherheitskommission des Bundes festgestellt, dass keines der noch neun laufenden Atomkraftwerke in Deutschland wirklich sicher ist. Gegen den Absturz eines großen Verkehrsflugzeugs ist keine Anlage ausgelegt. Es gibt Mängel beim Hochwasserschutz, der Erdbebensicherheit und beim Störfallmanagement. Keines dieser Probleme ist seither behoben worden – doch die Reaktoren laufen trotz dieser Risiken weiter."

Die Bundesregierung müsse Atomkraftwerke, die nicht in allen Punkten jedem Störfallszenario standhalten, sofort abschalten, so Stay. Sonst würde sich die Politik der Merkel-Regierung nicht vom Vorgehen der japanischen Behörden unterscheiden, die trotz der bekannten Risiken in Fukushima nach der Maxime ‚Es wird schon gut gehen‘ verfuhren.

Foto / Karin Behr/publixviewing.de / : Protestaktion vor dem AKW Krümmel im Sommer 2010




2012-10-02 ; von pm / asb (autor),
in Stadt Brüssel, Belgien

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