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Eine unendliche Geschichte: Baumrückschnitt an der Elbe

Die Weiden an der Elbe treiben nach ihrem radikalen Rückschnitt längst wieder aus und der krause Ampfer überwuchert das liegengebliebene Geäst, während sich Landkreise und Land über Zuständigkeiten und Beteiligungsmöglichkeiten streiten. Und genügend Ausgleichsflächen Rückschnitt sind auch noch nicht gefunden.

Noch bevor eine Weide abgeschnitten worden war, hatten Naturschützer am Höhbeck bereits moniert, dass nicht genügend Ausgleichsmaßnahmen für die über 200 Bäume, die dort abgeholzt werden sollten, nachgewiesen wurden.

Damals wurde das vom Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) bestritten. Doch nun zeigt sich, dass noch viele der rund 34 Hektar Ausgleichsflächen fehlen. 

Die FFH-Richtlinie (europäische Richtlinie zum Schutz von Flora und Fauna) schreibt vor, dass für jeden Baum, der in geschützten Bereichen gefällt wird, anderswo Ausgleich geschaffen werden muss. Auch über den Faktor gibt es jetzt Streit. Während im April vergangenen Jahres noch von einem Faktor 1 : 1,3 die Rede war, soll nun nach dem Willen des Landes ein Faktor von 1:2,17 gelten. Sprich: für einen gefällten Baum müssen mehr als zwei Bäume neu angepflanzt werden.

Offiziell mag es niemand bestätigen, aber unter der Hand ist zu hören, dass viele der ursprünglich vorgesehenen Flächen von den jeweiligen Eigentümern nicht für Neuanpflanzungen zur Verfügung gestellt werden. Nun muss neu gesucht werden.

Ein Erlass des Landes Niedersachsen sorgt dabei nicht nur beim Landkreis Lüchow-Dannenberg für Unmut. "Nach dem Willen des Landes sollen nun die Landkreise für die Beschaffung der Ausgleichsflächen zuständig sein," ärgert sich Ernst-August Schulz, Fachdienstleiter Wasserwirtschaft beim Landkreis. "Das nehmen wir nicht hin." Denn nach seiner Ansicht ist das Land gefordert, erforderliche Flächen zu organisieren, denn die Rückschnitte seien vor allem auf Flächen des Bundes und des Landes vorgenommen worden. Sein Kollege aus dem Landkreis Lüneburg sieht das ähnlich und hat sich inzwischen mit einem Brief an das Land Niedersachsen gewandt.

Beim NLWKN hofft man unterdessen, dass eine erneute Prüfung durch ein Gutachterbüro ergeben wird, dass deutlich weniger Ausgleichsflächen benötigt werden, als ursprünglich gedacht. "Es wurde insgesamt weniger zurückgeschnitten, so dass nun auch weniger Ausgleichsflächen benötigt werden," so Karsten Petersen, Leiter der Projektgruppe. Doch auch wenn diese Prüfung positiv ausgeht, gilt es immer noch, Dutzende Hektar zu finden, auf denen Neuanpflanzungen vorgenommen werden können.

Und wenn es bei der ursprünglichen Fläche und einem Faktor 1:2,17 bleibt? "Wir müssen zunächst in den Nebengewässern der Elbe suchen," so Petersen. "Sollte sich dort keine Flächen finden lassen, so müssen wir wieder an die Elbe gehen - natürlich dorthin, wo die Neuanpflanzungen den Abfluss möglichst wenig beeinträchtigen."

Übernehme Pflege gegen Ausgleichsmaßnahmen

Rechtliche Folgen scheint dieser Verstoß gegen die FFH-Richtlinie vorerst nicht zu haben. "Wir haben uns bei der Fahrt nach Brüssel bestätigen lassen, dass wir die vorgezogenen Maßnahmen an der Elbe auch ohne den Nachweis von Ausgleichsmaßnahmen durchführen können," so Karsten Petersen.

Nichts desto trotz müssen die Flächen aber über kurz oder lang benannt werden, soll es nicht doch noch zu einem Vertragsverletzungsverfahren mit der EU kommen.

Wegen dem Streit um die Zuständigkeit für die Ausgleichsmaßnahmen bleibt die Pflege der abgeholzten Bereiche bisher auf der Strecke. Zumindest am Höhbeck schlagen die stehen gebliebenen Stümpfe aus und sind inzwischen kräftige, kleine Kopfweiden geworden. Das bei der Abholzung liegen gebliebene Holz verschwindet unter massivem Bewuchs durch krausen Ampfer. "Wir weren da nichts veranlassen, so lange nicht geklärt ist, wer für die Beschaffung der Ausgleichsmaßnahmen zuständig ist," so Schulz. Bis zum 1. Oktober kann am Elbufer aber sowieso nichts passieren - erst dann endet die Brut- und Setzzeit, während der keinerlei größere Arbeiten vorgenommen werden dürfen. 

Wie geht es mit dem Rahmenplan weiter?

Doch die Beschaffung von Ausgleichsflächen und die Organisation der Pflege waren nicht die einzigen Themen, weswegen die Projektgruppe am Dienstag in Streit geriet. Vor allem ging es um die weitere Planung des vom Ministeriums vorgesehenen Hochwasserschutz-Rahmenplans , mit dem längs der Elbe komplexer Hochwasserschutz realisiert werden soll. Nach den Vorstellungen des Landes sollen aufeinander abgestimmte Module den Abfluss verbessern und so einen nicht unerheblichen Teil des Hochwasserschutzes leisten. Dazu gehören Beweidungskonzepte, die Schaffung von Rückzugsräumen oder die Anbindung von Altarmen ebenso wie Gehölzrückschnitt und Sedimententnahmen.

Für die Erstellung dieses Rahmenplans ist der NLWKN zuständig. In der Projektgruppe gab es nun Ärger, weil die Beteiligten (u. a. Naturschutzverbände, Biosphäre, Deichverbände und Landkreise) sich vom NLWKN nicht genügend eingebunden fühlen. "Wir möchten nicht nur abstimmen, was der Landesbetrieb uns als fertige Planung vorlegt, sondern wir wollen auch mit entwickeln," fasst Ernst-August Schulz die Haltung der meisten Teilnehmer der Projektgruppe zusammen. Schließlich seien bei der Entwicklung des Rahmenplanes viele Vor-Ort-Gegebenheiten zu berücksichtigen und abzustimmen.

Übrigens: Für die langfristige Pflege der Elbufer hat es die Biosphärenreservatsverwaltung übernommen, Pflegeverbände ins Leben zu rufen. Am 22. Juni will die Verwaltung auch in Lüchow-Dannenberg für das Konzept werben. 

Foto / Angelika Blank: Während sich die Behörden streiten, breiten sich die abgeholzten Weiden fröhlich wieder aus. Zusammen mit liegengebliebenem Gestrüpp und wild wucherndem Ampfer ist das Elbufer zu einer beinahe undurchdringlichen Wildnis geworden.






2015-06-04 ; von Angelika Blank (autor),
in Lüchow-Dannenberg, Deutschland

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