Thema: endlagersuche

Milbradt: "Verstehe mich als ehrlicher Makler"

Am Sonntag skizzierte Professor Georg Milbradt, von der Katholischen Kirche für die Endlagerkommission benannt, in Gorleben seine Vorstellungen von der zukünftigen Arbeit in dem pluralistisch zusammengesetzten Gremium.

Milbradt hatte als zukünftiges Endlagerkommissionsmitglied auf Einladung des Bistums Hildesheim am "Kreuzweg der Schöpfung" teilgenommen. Am Nachmittag stellte sich der ehemalige Ministerpräsident den Fragen einer kleinen Zuhörerschar in der Gorlebener Kapelle.

Milbradt ist sich als langjähriger Schlichter bei Tarifverhandlungen sehr bewusst, dass die Aufgabe als Kommissionsmitglied ihm wenig Ruhm einbringen wird. "Im Gegenteil, das wird eher viel Ärger mit sich bringen," so Milbradt in Gorleben. Doch den auf ihn zukommenden Ärger ist er bereit, auf sich zu nehmen, weil er "hofft, dass es etwas bringt."

Immer wieder verwies der ehemalige Ministerpräsident darauf, dass keine Lösung, sei sie "noch so richtig", jemals akzeptiert werde, wenn die betroffenen Menschen nicht gehört worden sind. "In der Politik kommt es oft nicht darauf an, was ist, sondern was die Menschen denken, was ist," ist der ehemalige Ministerpräsident überzeugt. "Es wird nirgendwo ein Großprojekt ohne größere Konflikte umgesetzt werden können, wenn die Menschen die Richtigkeit der Entscheidung nicht nachvollziehen können." 

Endlagerkommission als Schlichtungsverfahren?

Für seine Arbeit in der Kommission sieht Milbradt Parallelen zu seiner Arbeit als Schlichter bei Tarifverhandlungen, zu denen er in der Vergangenheit immer wieder herangezogen worden war. "Erfolg gab es da erst, nachdem allen klar geworden war, dass es nicht darum geht, wer Recht hat, sondern dass gemeinsam eine gute Lösung gefunden wird. Ich sehe mich da als Moderator, als ehrlicher Makler für eine gute Lösung. Es kann gut sein, dass wir uns in der Kommission in ähnlichen Situationen befinden werden wie bei festgefahrenen Tarifverhandlungen."

Da gelte es dann, gemeinsam konstruktiv nach Lösungen zu suchen, um eine wirklich gute Lösung zu finden und nicht politische Schaukämpfe auszufechten. Dabei habe er nicht "den Stein der Weisen" gefunden, so Milbradt. "Ich kann nur meinen Beitrag leisten, dass es zu einem fairen Verfahren kommt."

Nicht nur Propst Wichert von Holten unterstrich noch einmal die Bedeutung der Öffentlichkeitsbeteiligung. "Eine Kommission, die nicht auf die Betroffenen hört, wird keine Akzeptanz haben," mahnte Wichert von Holten. Er erwartet, dass alle Kommissionsmitglieder sich nicht nur in Gorleben sehen lassen, sondern auch an den anderen in Frage kommenden Standorten, um die Betroffenheit der verschiedenen Menschen in den unterschiedlichen Regionen kennen zu lernen.

Auch aus der rund 60-köpfigen Zuhörerschar kamen einige Beiträge, die ihre Skepsis gegenüber einer "offenen und ehrlichen" Arbeit in der Kommission sichtbar werden ließen - auch wenn BI-Vertreter nicht zu sehen waren, da sie im nahe gelegenen Trebel ihre Mitgliederversammlung abhielten. Das Argument, Milbradt müsse sich klarer "als Vertreter der katholischen Kirche" definieren, wies dieser deutlich zurück. "Ich sitze nicht als weisungsgebundener Vertreter der Katholischen Kirche in der Kommission, sondern als freier Mensch." so Milbradt. "Als solcher nehme ich meine Aufgabe unabhängig wahr. Ich bin weder Vertreter der Katholischen Kirche noch Ihrer." 

Parallelität der Argumente berücksichtigen

Eine politische Bewertung der bisherigen Endlagersuche nahm Milbradt nicht vor, mahnte aber Wissenschaftlerkollegen ebenso wie Politiker, nicht zu vergessen, dass anscheinend sichere Erkenntnisse sich morgen schon als Irrtum erweisen können. "Man sollte nie die Skepsis den eigenen Erkenntnissen gegenüber verlieren," so Milbradt. "Vor allem diejenigen, die die Entscheidungen zu treffen haben, müssen sich immer darüber im Klaren sein, dass sie auch irren können."

Angesichts der Vielzahl der Argumentationen, die im Zusammenhang mit der Endlagerung von Atommüll vorhanden sind, kann es nach Milbradts Ansicht in der Kommission nur darum gehen, dass die Arbeitsgruppe sich als Gemeinsames empfindet, welches um eine Lösung ringt - und nicht um Positionen. "Ich sehe mich da als 'ehrlicher Makler'," so Milbradt. "Wichtig ist, dass wir Vertrauen schaffen, dass in der Kommission ehrlich und offen gearbeitet wird." 

Und was wird, wenn seine Idee von der gemeinsamen, ehrlichen und transparenten Arbeit an einem komplexen Problem, welches auch die betroffenen Menschen ausführlich hört, nicht klappt? Wenn sich die Kommission doch als ein Gremium erweist, in dem die Mitglieder lediglich von Anfang an gesetzte politische Ziele durchsetzen wollen oder von ihrer vorgefertigten Haltung nicht lassen wollen ? "Als Kaspar stehe ich nicht zur Verfügung," so Milbradts klare Ansage. "Ich bin nicht bereit, meine Lebenszeit für unnütze Dinge einzusetzen." 

Aber jetzt gelte es zunächst, erst einmal in Gang zu kommen. Milbradt: "Es ist unethisch, das Problem Endlagerung von Generation zu Generation zu verschieben. Dabei müssen wir aber auch politische Lösungen entwickeln, da langfristig halten. Nur dann ist Politik gut."

Foto / Angelika Blank: Während des "Kreuzwegs der Schöpfung" ließ sich Prof. Georg Milbradt (li.), Mitglied der Endlagerkommission, nicht nur von Pastor Eckhard Kruse (re.), Endlagerbeauftragter der Evangelischen Kirche über die Befürchtungen der Gorlebengegner informieren.




2014-03-16 ; von Angelika Blank (autor),
in Gorleben, Deutschland

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