Grüner Umweltminister besuchte Gorleben

Am Mittwoch Vormittag informierte sich der neue Niedersächsische Umweltminister Stefan Wenzel in Gorleben über verschiedene geologische Fragestellungen sowie den Stand der Erkundungen im Salzstock.

Zwei Fakten machten schon bei der Anfahrt deutlich, dass dieser Ministerbesuch in Gorleben unter anderen Vorzeichen steht als die Vorhergehenden: zum Einen erwartete den grünen Umweltminister keine Trillerpfeifende Menge von Gorlebengegnern - lediglich ein am Straßenrand geparkter PKW zeigte demonstrativ die Wendlandfahne.

Noch auffälliger war allerdings, dass nirgendwo, weder im Ort Gorleben noch in den Waldeingängen noch am Erkundungsbergwerk, auch nur der Hauch eines Streifenwagens zu sehen war. Ob diese Komplett-Abwesenheit der Polizei vom Umweltminister gewünscht war oder ob die Sicherheitsleute keinen Grund sahen, "diesen" Minister zu beschützen - diese Frage muss vorerst offen bleiben.

Und auch in anderer Hinsicht war schnell deutlich: Wenzel geht an die Problematik anders heran als seine Vorgänger. Als langjähriger Fraktionsvorsitzender der Grünen hat sich Wenzel jahrzehntelang mit der Endlager-Problematik beschäftigt, Gorleben auch mehrfach besucht. Er kennt sich also aus. Dementsprechend zielstrebig waren seine Besichtigungswünsche: das Vorhandensein von Lösungen, das Ausmaß der Kohlenwasserstoffe sowie Umfang und Auftreten von Anhydritlagen standen besonders im Fokus.

MEHR TRANSPARENZ INS VERFAHREN BRINGEN

Ob bestellt oder nicht - im Sinne von Stefan Wenzel war die Abwesenheit der Polizei mit Sicherheit. Im Pressegespräch nach der Besichtigung der Schachtanlagen kritisierte er die Tatsache, dass das Erkundungsbergwerk in den letzten Jahrzehnten wie eine Hochsicherheitsfestung ausgebaut worden ist, obwohl "dort unten nicht ein Gramm Atommüll lagert". Für Wenzel ist dieses übersteigerte Schutzbedürfnis ein weiterer Beleg dafür, dass die Kommunikation zwischen Bevölkerung und den Entscheidern über die Endlagerfrage seit langem nicht funktioniert.

Auch der Präsident des Bundesamts für Strahlenschutz, Wolfram König, hatte schon in seiner Begrüßungsrede kritisiert, dass es in Sachen Gorleben bisher kein transparentes Verfahren gegeben habe. "Bis heute wird das Bergrecht angewandt, welches den Bürgern keinerlei Mitspracherechte einräumt," so König. "Da ist es kein Wunder, dass die Bevölkerung Zweifel daran hat, dass hier wirklich ergebnisoffen gearbeitet wird und wurde."

Erstmals räumte BfS-Präsident König öffentlich ein, dass in Gorleben "womöglich mehr Aufwand betrieben wurde, als es für eine reine Erkundung notwendig gewesen wäre" (> siehe UPDATE). Ein Fakt, der auch den Umweltminister beschäftigt.

Konkrete Ergebnisse brachte der Besuch nicht. Aber schließlich wollte sich Wenzel am Mittwoch zunächst über den aktuellen Stand informieren, bevor es in die weiteren Planungen geht. Dabei könnte es auch um den Umfang der Offenhaltungsarbeiten gehen, die derzeit Kosten von ca. 15 Mio. Euro/Jahr verursachen. "Hier gibt es noch Verhandlungsspielraum," so BfS-Präsident König. Zum Beispiel könnte es bei diesen Verhandlungen darum gehen, ob es wirklich notwendig ist, in 880 m Tiefe Fahrbahndecken neu zu pflastern. ...

Am Abend stellt sich Wenzel im Gasthaus Sültemeier in Dünsche ab 18.00 Uhr in einer öffentlichen Veranstaltung den Fragen aller Interessierten.

UPDATE, 21.03.2013: Dem Bundesamt für Strahlenschutz ist es wichtig, festzustellen, "dass die Zweifel am notwendigen Erkundungsumfang keineswegs vom BfS oder vom BfS-Präsidenten 'erstmals' so dargestellt worden ist. Tatsächlich wurde gerade die Tatsache, dass es eine politische Entscheidung war, Gorleben mit mehr Aufwand auszubauen als für ein reines Erkundungsbergwerk notwendig gewesen wäre,  vom BfS bei Debatten über oder Besuchen in Gorleben immer wieder aktiv angesprochen. Bereits seit 2009 findet sich eine Darstellung zum Thema auf der Internet-Seite des BfS ."

Dort heißt es u.a. : "Die Entscheidung, den Salzstock Gorleben im Rahmen des Bergrechts zu erkunden und mit hohem Aufwand auszubauen, ist im Vorfeld der Schachtabteufung 1986 auf politischer Ebene getroffen worden. (...) Allerdings hat das Bundesamt für Strahlenschutz im Zusammenhang mit der Diskussion über ein Standortauswahlverfahren für ein Endlager für hoch radioaktive Abfälle mehrfach festgestellt, dass die Kosten in Gorleben höher sind, als es allein für eine Erkundung im Rahmen eines solchen Verfahrens notwendig ist. Die Anlagen sind für den Fall der nachgewiesenen Eignung im Hinblick auf ihre spätere Nutzbarkeit bzw. Ausbaufähigkeit für das geplante Endlager ausgelegt worden. Dies betrifft insbesondere die beiden Schächte, die Größe der Salzhalde sowie die Größe der Außenanlage und der Gebäude. Das wurde im Übrigen auch bereits in der Antwort der Bundesregierung auf eine parlamentarische Anfrage am 26.06.2006 so dargestellt "  

Foto / Angelika Blank: Besonders auf das Vorkommen von Kohlenwasserstoffen hat Umweltminister Stefan Wenzel (links) ein besonderes Augenmerk.




2013-03-20 ; von Angelika Blank (autor),
in Gedelitzer Straße, 29475 Gorleben, Deutschland

endlager_gorleben   grüne   altmaier  

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