Thema: wasser

Zuviel Grundwasser wird abgezogen

Ein großer Teil der Ökosysteme im Landkreis ist von genügend Grundwasser abhängig. Doch vor allem in der Mitte des Landkreises sind die Grundwasserstände alarmierend niedrig, wie eine Stellungnahme der Kreisverwaltung zeigt.

Das Thema ist nicht neu, doch wird es immer dringlicher, Maßnahmen zu ergreifen: die Grundwasserspiegel sind in vielen Ökosystemen des Landkreises derart gesunken, dass vielerorts die Wasserentnahme höher ist als die Grundwasserneubildung.

Die Stellungnahme der Kreisverwaltung zu einer Anfrage der SOLI für den vergangene Woche durchgeführten Kreistag machte die Brisanz des Themas noch einmal deutlich. Unter anderem weist die Kreisverwaltung darauf hin, dass das Land nach dem Vergleich des aktuellen und des zukünftigen Bedarfs mit den vorhandenen und zukünftigen Grundwassermengen zu dem Schluss kam, dass die vorhandenen Grundwasservorkommen nicht ausreichen, um alle Nutzungen zu ermöglichen. Dieser Bewertung liegt auch die Aussage der Landwirtschaft zugrunde, in den nächsten Jahren über 90 % mehr Wasser zu benötigen.

Im März hatte sich die Untere Wassserbehörde in einer Ausschusssitzung besorgt über die Auswirkungen der Grundwasserentnahmen auf Fließgewässer, stehende Gewässer und naturgeschützte grundwasserabhängige Ökosysteme gezeigt. Nach der aktuellen Stellungnahme der Kreisverwaltung hat sich die Situation noch verschärft (Zitate aus der Stellungnahme): "Zahlreiche Gewässer sind in Teilen oder fast vollständig trockengefallen. Die Quellbereiche der Drawehn-Bäche verlagern sich immer weiter flussabwärts. Zahlreiche grundwasserabhängige gesetzlich geschützte Biotope zeigen deutliche Wasserstandsabsenkungen und sehr viele sind in diesem Sommer vollständig trocken gefallen. Grundwasserabhängige Wälder zeigen starke Trockenschäden auf. Die überwachten Grundwasserstände sind in einigen Brunnen seit langer Zeit kontinuierlich am Fallen. Insgesamt ist zu beobachten, dass die stark eingeschränkten Niederschläge und die kontinuierlich sinkenden Grundwasserstände in diesem Jahr zu sehr großen negativen Auswirkungen bei grundwasserabhängigen Ökosystemen geführt haben."

Die Kreisverwaltung hat eine Übernutzung der Grundwasserleiter beobachtet, wobei die größten Wasserentnehmer demnach landwirtschaftliche Betriebe sind. Für den Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) allerdings nicht genügend belegt:   "Inwieweit gestiegene Grundwasserentnahmen zum Beispiel für die öffentliche Wasserversorgung, den erhöhten Bewässerungsbedarf beziehungsweise den weiteren Ausbau der Feldberegnung die Entwicklung der vergangenen Jahre beeinflusst haben, kann der NLWKN nicht abschließend beurteilen," so der Grundwasser-Experte Dr. Gunter Wriedt in einem Interview des NLWKN.  

Nicht genehmigte Wasserentnahmen verschärfen das Problem zusätzlich. Überprüfungen fanden allerdings 2021 wegen Personalmangels nicht statt, so die Kreisverwaltung in ihrer Stellungnahme. 2022 wurden dann bisher 60 Überprüfungen von Beregnungsanlagen vorgenommen. Bisher stehen laut Aussagen der Kreisverwaltung 47 Fälle im Verdacht von Ordnungswidrigkeiten, welche zurzeit intensiv geprüft würden. Es sind Grundwasserentnahmen ohne Wasserzähler, ohne wasserrechtliche Erlaubnis, sowie Beregnung von Straßen und fehlende Kennzeichnung der Beregnungsmaschinen festgestellt worden. Bußgeldbescheide wurden allerdings in den seltensten Fällen ausgestellt.

Parallel dazu haben die Untere Naturschutzbehörde (UNB) und die Untere Wasserbehörde (UWB) damit begonnen, 40 gesetzlich geschützte Biotope in der Nähe von Beregnungsentnahmen gemeinsam zu überprüfen. Fast alle überprüften Biotope zeigen Auswirkungen von Grundwasserabsenkungen. Eine große Anzahl der Biotope ist fast oder vollständig trocken gefallen und somit geschädigt, so die bisherigen Ergebnisse der Überprüfungen.

2023 neue Landesregeln für die Flächenberegnung

Nicht überraschend, dass die Sonderausgabe zur Entwicklung des Grundwassers in Niedersachsen, die der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) soeben veröffentlicht hat, zeigt, dass die sinkenden Grundwasserstände kein regionales Problem sind. Vor allem im Osten Niedersachsen sinken die Grundwasserstände kontinuierlich - geschuldet der langen Trockenphasen, die einen Wiederaufbau der Grundwasserkörper bis heute einschränken.

Das Land hat angekündigt, Anfang 2023 einen neuen Erlass zur mengenmäßigen Bewirtschaftung des Grundwassers zu veröffentlichen. In diesem Erlass werden die zulässigen Entnahmemengen für jeden Grundwasserkörper angegeben. Nach Kenntnis der Kreisverwaltung hat das Umweltministerium darum gebeten, vor der Veröffentlichung des neuen Erlasses keine weiteren Erlaubnisse für den Grundwasserkörper „Jeetzel Lockergestein rechts“ (östlich der Jeetzel) zu erteilen.

Das Wasserversorgungskonzept Niedersachsen schätzt, dass der Bedarf an Grundwasser für Feldberegnung (in Gesamt-Niedersachsen) bis 2050 um 136 Prozent von 254 Millionen Kubikmeter pro Jahr (2015) auf etwa 600 Millionen Kubikmeter pro Jahr ansteigen wird. Kurzfristig bis 2030 sei eine Bedarfssteigerung von 54 Prozent zu erwarten. Für die öffentliche Wasserversorgung wird mit einer Bedarfssteigerung um neun Prozent bis 2050 von 747 Millionen Kubikmeter pro Jahr (2015) auf 815 Millionen Kubikmeter pro Jahr gerechnet. Für industrielle Entnahmen in Eigenversorgung werden keine wesentlichen Änderungen angenommen. "Das Ergebnis des Wasserversorgungskonzeptes zeigt deutlich, dass die vorhandenen Grundwasservorkommen nicht ausreichen, um alle Nutzungen zu ermöglichen," heißt es von Seiten der Kreisverwaltung.   

Weniger Entwässerung auf landwirtschaftlichen Flächen

Die Böden sind durch die Dürre bis in große Tiefen ausgetrocknet. Der gesamte trockene Bereich muss zunächst durchfeuchtet werden, damit Grundwasserneubildung stattfinden kann.

Der Landkreis setzt auf Rückhaltemaßnahmen auf den Äckern. "Der übermäßigen Entwässerung des Grundwassers durch die Entwässerungsgräben soll entgegengewirkt und  die naturgeschützten sowie die landwirtschaftlichen Bereiche mit Wasser versorgt werden," ist der Plan der UWB. "Dadurch würde sich der Bewässerungsbedarf der Felder sehr deutlich verringern, sodass die Grundwasserentnahmen minimiert werden können." Diese Maßnahmen müssten aber schnell stattfinden, bevor das Wasser durch die Grundwasserabsenkungen der Grundwasserentnahmen so massiv werden, dass das restliche Grundwasser für diese Maßnahmen nicht mehr reicht.

Vorausschauende Grundwasserbewirtschaftung ist unerlässlich, darüber sind sich alle Fachleute einig. Der Sonderbericht des NLWKN fordert aber auch, dass dabei "nicht nur die aktuellen klimatischen Bedingungen zu betrachten, sondern sowohl die zu erwartenden klimatischen Bedingungen inklusive der damit einhergehenden Extreme, als auch die Veränderungen der Wasserbedarfe für die verschiedenen Nutzungen angemessen zu betrachten und in Einklang zu bringen sind. "

Bild von Anrita auf Pixabay: Wegen der Trockenheit mussten Landwirte auch dieses Jahr sehr viel mehr beregnen als in früheren Jahren. Verschiedene Maßnahmen sollen den Wasserverbrauch reduzieren.



2022-09-27 ; von Angelika Blank (text),
in Lüchow-Dannenberg, Deutschland

wasser  

Kommentare

    Sie müssen registriert und angemeldet sein um einen Kommentar schreiben zu können