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Göhrde-Morde: Gibt es über 20 Opfer?

Staatsanwaltschaft und Polizeidirektion Lüneburg schließen nicht aus, dass der als "Göhrde-Mörder" verdächtigte Kurt-Werner Wichmann weitaus mehr als die bereits bekannten fünf Morde begangen hat. Eine "Clearing"-Stelle überprüft jetzt bundesweit weitere Mordfälle.

Nach "aller Wahrscheinlichkeit" geht die Polizei nach dem nun vorliegenden
Obduktionsgutachten davon aus, dass die 1989 ermordete Birgit Meier aus Moorburg erschossen worden ist.  Aufgrund des Zustands des Skeletts könne die genaue Todesursache aber nicht mehr festgestellt werden.

Seit 1989 habe die Polizei immer wieder "Klärungsversuche" unternommen, um die Leiche der Ermordeten zu finden bzw. handfeste Beweise gegen den vermutlichen Täter, dem Friedhofsgärtner Kurt-Werner Wichmann, zu finden. Dieser hatte sich 1993 im Gefängnis selbst getötet. Dort saß er wegen anderer ihm angelasteter Taten in Untersuchungshaft.

Seitdem wurde nur noch sporadisch bzw. gar nicht ermittelt - so zumindest die Vorwürfe des Hamburger Ex-LKA-Chefs Wolfgang Sielaff, der im September 2017 auf eigene Faust mit Freunden - durchweg erfahrene Kriminalisten - noch einmal auf dem Grundstück des mutmaßlichen Täters suchte. Dort fand er Birgit M. Leiche denn auch unter einem Garagenboden. Die Frage, warum die Polizei diesen Ablageort bei ihren früheren Untersuchungen nicht gefunden hatte, ist bis heute offen.

Erfolge durch privat organisierte Ermittlungsgruppe

Gegenüber dem NDR hatte Sielaff erklärt, dass er 2003 festgestellt hatte, dass in dem Fall seiner Schwester seit 1994 nicht mehr weiter ermittelt worden sei. Erst 2015 sei es ihm gelungen, den Lüneburger Polizeipräsidenten zu überzeugen, die Ermittlungen fortzuführen. Im September 2016 wurden diese dann jedoch wieder abgeschlossen, ohne dass die Leiche von Birgit M. gefunden worden ist. Sielaff gab sich damit nicht zufrieden und organisierte eine eigene, private Ermittlungsgruppe mit Freunden, durchweg erfahrene Kriminalisten und (teilweise) ehemalige Kollegen von Sielaff. Mit im Team: der Rechtsmediziner Prof. Klaus Püschel. Auf einer Tagung des Heimatkundlichen Arbeitskreises Lüchow-Dannenberg im Jahre 2014 hatte er ebenfalls vehement die Fortführung der Ermittlungen gefordert.

Weiterhin im Dunkeln bleibt, warum Spuren, die bereits 1989 vorhanden waren, erst in diesem späteren Ermittlungsverfahren ausgewertet wurden. So blieben z. B. Blutanhaftungen an einer Stahlhandfessel sowie DNA-Spuren aus dem Auto eines Opfers in der Göhrde unbewertet.  Erst vor kurzem teilte die Polizei mit, dass letztere DNA-Spuren Kurt-Werner Wichmann zugeordnet werden können. " Die Auswertung der seinerzeit in einem Opferfahrzeug gefundenen DNA-Spur gelang den Ermittlern durch eine neue Untersuchungsmethode des LKA Niedersachsen", heißt es dazu in der aktuellen Mitteilung der Polizei. 

Im Zusammenhang mit dem Skelettfund im September 2017 sei außerdem neues Spurenmaterial gesichert worden, welches zur Zeit noch ausgewertet wurde, so die Polizei. Über die Ergebnisse will die Polizei informieren, "sobald eine abschließende Bewertung möglich ist".

Über 21 Opfer des "Göhrde-Mörders"?

Nach Einschätzung von Staatsanwaltschaft und Polizeidirektion Lüneburg kann nicht ausgeschlossen werden, dass Kurt-Werner W. über die genannten Taten hinaus für weitere in Frage kommt. "Aufgrund des bisherigen Ermittlungsstandes müssen wir von der Möglichkeit einer
Vielzahl von Taten in Deutschland und vielleicht auch darüber hinaus ausgehen. Wir müssen daher sicherstellen, dass alle in Frage kommenden Dienststellen eine gründliche Prüfung ihrer Altfälle vornehmen können," so Polizeipräsident Robert Kruse.

Ex-LKA-Chef Wolfgang Sielaff kommt auf 21 ungeklärte Mordfälle rings um Lüneburg, die der Vorgehensweise von Kurt-Werner Wichmann entsprechen könnten.

Der Abgleich der gewonnenen Informationen soll dann über eine bereits eingerichtete
Clearingstelle der Polizeidirektion Lüneburg erfolgen. Geprüft wird auch, ob Wichmann bei seinen Taten einen Komplizen hatte.

Foto | Jenny Raeder: Nachstellung der "Göhrde-Morde" während der Tagung des Heimatkundlichen Arbeitskreises Lüchow-Dannenberg im Jahre 2014




2018-01-19 ; von asb/pm (text),
in Lüneburg

göhrde   mord  

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