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Optionskommune oder Arbeitsagentur? Was hilft Arbeitslosen weiter?

Nach Ansicht des niedersächsischen Wirtschafts- und Arbeitsministeriums sind die sogenannten "Optionskommunen" die beste Organisationsform für die Betreuung von Arbeitslosen. Mit einer Zielvereinbarung will das Ministerium nun die Erfolge verbessern. DIE LINKE im Landtag dagegen sieht in der Optionskommune keinen Vorteil für Arbeitslose.

Nach Ansicht der Fraktion DIE LINKE im Landtag bringen Optionskommunen keine messbaren Erfolge bei der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit in Niedersachsen. "Viele Angebote der Optionskommunen führen nur dazu, dass die betroffenen Erwerbslosen nicht mehr in der Arbeitslosenstatistik auftauchen. Eine anschließende Vermittlung in den ersten oder zweiten Arbeitsmarkt gelingt in der Regel nicht", sagte Patrick Humke, der sozialpolitische Sprecher der Fraktion. In Niedersachsen handele es sich dabei um mehr als 50.000 Personen. Zu den untauglichen Instrumenten der Optionskommunen gehöre unter anderem die Vermittlung in sogenannte Ein-Euro-Jobs. "Das Modell Hartz IV und dessen arbeitsmarktpolitischen Instrumente sind gescheitert - damit lassen sich Statistiken aufhübschen, aber keine aktive Beschäftigungspolitik gestalten", so Humke.

Als sinnvoll bezeichnete Humke die Einführung eines öffentlich geförderten Beschäftigungssektors. Außerdem müsse das soziale Netz entbürokratisiert werden. "Beim Umgang mit Arbeitslosigkeit darf es nicht um Organisationsformen wie Arbeitsagentur oder Optionskommune gehen, sondern um Teilhabe und Perspektiven für Erwerbslose", sagte Humke.

Zielvereinbarungen mit 13 Landkreisen

Das niedersächsische Wirtschafts- und Arbeitsministerium sieht das ganz anders. Nachdem die Optionskommunen im Dezember 2010 im Grundgesetz verankert wurden, könne damit das Optionsmodell in Niedersachsen nun erfolgreich weitergeführt werden, erklärten am Dienstag Staatssekretäre des Ministeriums in Hannover. Dabei sollen verbindlich vereinbarte Ziele helfen, die das Ministerium am Dienstag mit Landräten der 13 niedersächsischen Optionslandkreise unterzeichnete. Darin enthalten sind konkrete Ziele etwa zur Integration von Arbeitsuchenden in die Erwerbstätigkeit oder auch für eine bessere Betreuung und Vermittlung von Alleinerziehenden.

„Mit den Zielen wird der Erfolg noch besser mess- und vergleichbar. Und: wir betreten damit gemeinsam Neuland in der Zusammenarbeit zwischen Bund, Ländern und Kommunen", sagte der niedersächsische Arbeitsstaatssekretär Oliver Liersch anlässlich der Unterzeichnung in Hannover. „Erstmals vereinbaren wir für ein großes Leistungsgesetz ein neues Steuerungsmodell auf der Basis ausgehandelter Ziele zwischen den staatlichen Ebenen. Damit setzen wir ein Zeichen für mehr Transparenz, Qualität und partnerschaftliche Zusammenarbeit."

„Die Zielvereinbarungen sollen die Qualität der Arbeit in den Optionskommunen sichern und vergleichbar machen. Mit der heutigen Unterzeichnung geht die Experimentierphase des Erfolgsmodells in die Dauerphase über", ergänzte Sozialstaatssekretär Heiner Pott.

Der Bund, das Land Niedersachsen und die niedersächsischen Optionskommunen haben sich gemeinsam auf folgende vier Ziele geeinigt:

Die Hilfebedürftigkeit soll verringt werden. Dieses Ziel ist in 2011 erreicht, wenn die Summe der Leistungen zum Lebensunterhalt am Ende des Jahres gesunken ist.

Die Integration in die Erwerbstätigkeit soll verbessert werden. Bislang ist die Integrationsquote der Optionskommunen nicht erfasst. Daher ist es in 2011 das Ziel, ihre Entwicklung zu beobachten. Für 2012 können dann die Vergleichszahlen aus 2011 herangezogen werden.

Langfristiger Leistungsbezug soll vermieden werden. Dieses Ziel ist in 2011 erreicht, wenn die Zahl der Langzeitarbeitslosen am Ende des Jahres gesunken ist.

Alleinerziehende sollen in den Arbeitsmarkt integriert werden: Der Integration von Alleinerziehenden in den Arbeitsmarkt soll besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden. Da es bisher keine Vergleichszahlen über die Integrationsquote der Alleinerziehenden gibt, wird die Einwicklung in 2011 zunächst beobachtet.

Mit der Absicherung der gemeinsamen Jobcenter aus Arbeitsagenturen und kommunalen Trägern im Grundgesetz war im vergangenen Jahr auch die Arbeit der Optionskommunen verfassungsgemäß abgesichert worden.

„Für die Erreichung dieser Ziele müssen seitens des Bundes aber auch ausreichend Ressourcen zur Verfügung gestellt werden", forderte Landrat Bernhard Reuter, Vorsitzender des Niedersächsischen Landkreistages (NLT) und Sprecher der Optionskommunen angesichts der Kürzung der Eingliederungsmittel für das Jahr 2011.

Oliver Liersch sieht gute Chancen, die Ziele zu erreichen: „Vor allem die rasante wirtschaftliche Erholung nach der Krise und das anhaltende Wachstum unserer Wirtschaft in Niedersachsen schaffen gute Voraussetzungen. Ich hoffe auf mindestens 2 % Wirtschaftswachstum in 2011 und rechne mit einem weiteren deutlichen Rückgang der Arbeitslosigkeit."

NLT-Vorsitzender Reuter ergänzte: „Neben diesen positiven Aussichten können die 13 Optionskommunen auf ein gewachsenes Fundament in der Zusammenarbeit mit dem Land aufbauen."

In Niedersachsen gab es im vergangenen Jahr durchschnittlich 299.600 Arbeitslose. Erstmals seit 18 Jahren wurde die Zahl von 300.000 Arbeitslosen unterschritten. Wie die Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit erwartet auch das Land 2011 einen Rückgang der Arbeitslosigkeit auf unter 280.000 im Jahresdurchschnitt. Es ist realistisch, dass die Jobcenter mehr Arbeitslose in die Wirtschaft vermitteln und gleichzeitig weniger für Arbeitslosengeld II ausgeben müssen.

In Niedersachsen werden zum 1. Januar 2012 vier weitere Optionskommunen ihre Arbeit aufnehmen. Beworben haben sich die Landkreise Aurich, Friesland, Lüchow-Dannenberg, Schaumburg und Wittmund. Das Auswahlverfahren wird zum 31. März 2011 abgeschlossen sein.

Die derzeitigen niedersächsischen Optionskommunen sind die Landkreise Ammerland, Emsland, Göttingen, die Grafschaft Bentheim, Leer, Oldenburg, Osnabrück, Osterholz, Osterode am Harz, Peine, Rotenburg / Wümme, Soltau-Fallingbostel und Verden.

HINTERGRUND: bei dem Organisationsmodell der "Optionskommune" übernimmt die jeweilige Kommune, bisher meist ländliche Landkreise, alle Aufgaben, die früher das Arbeitsamt wahrgenommen hatte - von der Leistungsbewilligung bis hin zur Arbeitsvermittlung. Eigentlich als Experimentiermodell eingeführt, halten sich die Optionskommunen mit unterschiedlichen Erfolg bis heute.

Aber auch die Auseinandersetzungen über Vor- und Nachteile der regionalen Betreuung der Arbeitslosen reißen nicht ab. Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund versucht die niedersächsische Landesregierung nun, über konkrete Zielvereinbarungen, Erfolge und Mißerfolge mess- und nachvollziehbarer zu machen. Auch die Ergebnisse einer Erfolgsauswertung durch das Forschungsinstitut INFAS ergab 2010 kein einheitliches Bild.

In Lüchow-Dannenberg zum Beispiel, dass sich auch um eine Bewilligung als Optionskommune beworben hat, müssten 54 neue Stellen in der Kreisverwaltung eingerichtet werden, um die neuen Aufgaben bewältigen zu können. Schon die Diskussion im Kreistag im vergangen Jahr anlässlich der Bewerbung um die Zulassung als Optionskommune zeigte, wie unterschiedlich die Abgeordneten das Organisationsmodell einschätzten. Nur nach zäher Diskussion konnte die notwendige Mehrheit für die Bewerbung erreicht werden.




2011-02-01 ; von asb (autor),

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