Qualhaltung: Grotelüschen soll ihr Amt ruhen lassen

Seit über einer Woche kommt Niedersachsens Agrarministerin Astrid Grotelüschen nicht zur Ruhe. Seit der Ausstrahlung eines „Report Mainz“-Beitrages, fragt sich die Öffentlichkeit, ob die Ministerin etwas mit Tierquälerei zu tun hat. Nun fordern die Oppositionsparteien im Landtag, Grotelüschen solle ihre Ministeramt ruhen lassen.

 

Seit der ARD-Sendung "Report Mainz" am 09. August und einer NDR-Sendung am 11. August steht die niedersächsische Landwirtschaftsministerin Astrid Grotelüschen (CDU) unter Dauerbeschuss: nach Recherchen der Fernsehmagazine soll die Firma von Grotelüschens Mann Geschäftsbeziehungen zu Geflügelhaltern in Mecklenburg-Vorpommern zu unterhalten, die sich nicht an das Tierschutzgesetz halten.

In dem ARD-Beitrag wurden unter anderem Aufnahmen von Hühnern mit ausgepickten Augen gezeigt. Die Tierschutzorganisation PETA hat inzwischen Strafanzeige gegen die Ministerin gestellt. Grotelüschen wies die Anschuldigungen bisher zurück. Ihre Firma habe mit dem  genannten Betrieb nichts zu tun.

Anfang der Woche jedoch hatten die Landtagsgrünen jedoch mitgeteilt, dass sich nun doch herausgestellt hätte, dass der Betrieb von Grotelüschens Ehemann an der fraglichen Erzeugergemeinschaft in Mecklenburg-Vorpommern beteiligt sei. Ausserdem liegen der Fraktion eidesstattliche Versicherungen vor, die vom Firmen- und teilweise vom Privatfax der Familie Grotelüschen abgesandt worden sind.

Grotelüschens Glaubwürdigkeit ist erschüttert

Seitdem sehen die Landtagsgrünen die Glaubwürdigkeit der niedersächsischen Landwirtschaftsministerin Astrid Grotelüschen weiter erschüttert. Nach den aktuell vom Norddeutschen Rundfunk gezeigten neuen Dokumentaraufnahmen und der zusätzlichen Information, dass die bewussten Aufnahmen doch aus den Ställen der mit dem Unternehmen der Familie Grotelüschen eng verbundenen Putenerzeugergemeinschaft Mecklenburg-Vorpommern stammen, sprach der landwirtschaftspolitische Sprecher Christian Meyer von "zweifelhaften Ausreden" der Ministerin. "Die Behauptungen von Frau Grotelüschen, sie hätte mit der in den Filmaufnahmen gezeigten Qualhaltung von Puten nichts zu tun, fallen nach und nach wie ein Kartenhaus zusammen. " Entgegen ihren Behauptungen würde sich jetzt herausstellen, dass der Betrieb ihres Mannes doch an der fraglichen Erzeugergemeinschaft in Mecklenburg-Vorpommern beteiligt sei. Danach wäre die Ministerin vor ihrem Regierungsamt sogar am Ausbau des Putennetzwerkes in Mecklenburg-Vorpommern als Prokuristin des Schlachtbetriebes persönlich beteiligt gewesen.

Meyer kritisierte, dass die Ministerin anscheinend bewusst ihre Rolle bei den skandalösen Vorgängen in Mecklenburg-Vorpommern verschleiere. Schließlich sei offen damit geworben worden, dass die Mastputen-Brüterei der Familie Grotelüschen (Zitat Homepage) "seit Jahrzehnten erfolgreich mit der Putenerzeugergemeinschaft Mecklenburg-Vorpommern zusammen arbeite" und nach "einheitlichen Erzeugungs- und Qualitätsregeln" produziere. Es muss davon ausgegangen werden, dass Frau Grotelüschen als Geschäftsführerin des Stammunternehmens auch Mitverantwortung für die Mast- und Haltungsbedingungen in den Betrieben hat."

Meyer wies darauf hin, dass laut der bis zum Regierungseintritt im Netz befindlichen Selbstdarstellung der Mastputenbrüterei Ahlhorn das der Familie Grotelüschen gehörende Unternehmen auch für die Kontrollen und Haltung in den Betrieben mitverantwortlich sei. Dort habe es geheißen (Zitat):"Während der ganzen Haltungsperiode erhalten die Landwirte Unterstützung durch die erfahrene Außendienst-Mannschaft der Mastputenbrüterei sowie firmeneigene Veterinäre." Meyer: "Demnach hatte Tierschutzministerin Grotelüschen maßgebliche Verantwortung in der Putenmassentierhaltung in Deutschland. Wenn sie behauptet von den skandalösen Zuständen nicht gewusst zu haben, hatte sie entweder die Augen verschlossen oder sagt bewusst die Unwahrheit. Wenn sie dies nicht vollständig aufklärt, ist sie als Landesministerin nicht mehr tragbar."

Grüne: Grotelüschen soll ihr Amt ruhen lassen

Nachdem die Regierungsparteien am Donnerstag erneut abgelehnt haben, eine Parlamentsdebatte über über offene Fragen hinsichtlich einer möglichen Verstrickung von Landwirtschaftsministerin Astrid Grotelüschen in den Puten-Skandal, sprechen die Landtagsgrünen von einem noch mehr gestiegenen Vertrauensverlust. "Die Ministerin hatte vier mal die Chance im Parlament oder in den Ausschüssen zu ihrem Wissen über die Faxe, die eidesstattlichen Erklärungen und die Kommunikation in Richtung des Unternehmens ihres Mannes Stellung zu nehmen", sagte der agrarpolitische Sprecher Christian Meyer am Donnerstag in Hannover.

"Das Schweigen nährt den Verdacht, dass Frau Grotelüschen intensiver mit den Vorgängen befasst war, als es in der Öffentlichkeit dargestellt wird." Um die Aufklärung der Vorwürfe nicht weiter zu belasten, solle die Ministerin ab sofort ihr Amt ruhen lassen. Die Ablehnung des gleichlautenden Antrags der Oppositionsfraktionen durch CDU und FDP sei bezeichnend für den mangelnden Aufklärungswillen der Regierung.

Keine Trennung von Amt und Geschäft

Unterdessen entdeckte die LINKE im Landtag neue Indizien, wonach Agrarministerin Astrid Grotelüschen Amt und Geschäft nicht voneinander trennt. Marianne König, die agrarpolitische Sprecherin der Fraktion, sagte: "Wie sehr auch Frau Grotelüschen ihre Unabhängigkeit von Geschäftsinteressen behaupten mag - ein Blick auf Ihre Internetseite zeigt, bei ihr ist gar nichts getrennt."

Das Ahlhorner Büro der Ministerin liege in der Wildeshauser Straße 7, und hinter dieser Adresse verberge sich nichts anderes als die Mastputenbrüterei Ahlhorn, die Firma ihres Mannes, teilte die LINKE mit. Sogar der Telefonanschluss des Büros sei derselbe wie der der Firma; die Ministerin nutze lediglich eine andere Durchwahl.

König stellt fest: "Wenn ein offizielles Büro der Ministerin samt Mitarbeiterin im Firmengebäude untergebracht ist, kann von einer Trennung ihres Amtes von eigenen Geschäftsinteressen keine Rede sein."

Foto: Angelika Blank / Ministerin Grotelüschen (li.) Anfang Mai bei der Preisverleihung des Wettbewerbs "Bioenergiedorf" in Hitzacker

 

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2010-08-20 ; von Angelika Blank (autor),

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