Thema: waldbrand

Waldbrandschäden: Wie kann der Wald stabiler werden?

In einer hochrangig besetzten Fachtagung ging es Dienstag und Mittwoch darum, Wissen über die Entstehung von Waldbränden auszutauschen - und Strategien für Vermeidung und optimierte Bekämpfung vorzustellen und zu diskutieren.

Auch wenn der Wald wieder aufgeforstet wurde, sind die Spuren des Großbrands im August 1975 bei Trebel heute noch zu erkennen - ein Beleg dafür, wie langfristig Ökosysteme durch Katastrophen wie diese beeinträchtigt werden. Und für die Zeitzeugen von damals wirkt der Schock immer noch nach. Es war bis heute die größte Waldbrandkatastrophe nach dem zweiten Weltkrieg.

Seitdem wurden die Sommer immer häufiger immer trockener und auch in Deutschland häuften sich große, kaum zu bekämpfende Großbrände. Allein im Jahr 2019 wurde bei rund 1500 Waldbränden eine Fläche von über 2000 ha zerstört. Einer der größten - und gefährlichsten - Waldbrände ereignete sich in dem Jahr bei Lübtheen im Mecklenburgischen Elbetal. Dort brannten im Juni 2019 auf einem ehemaligen Truppenübungsplatz 944 Hektar Waldfläche. Mehr als 700 Einwohner mussten evakuiert werden, 3000 Einsatzkräfte kämpften neun Tage lang gegen das Feuer an. Hier werden die Fachleute wohl noch 40 Jahre damit zu tun haben, flächendeckend im Boden verstreuten Munitionsreste so zu entfernen, dass die Wälder wieder freigegeben werden können.

Nicht nur die Häufung, sondern auch kaum vorhandenes Wissen über Wald- und Feuerökologie, über waldbauliche Schutzmaßnahmen oder resistentere Baumarten waren ein Grund, sich auf offizieller Ebene intensiv mit dem Thema auseinanderzusetzen. Die Bundesministerien für Landwirtschaft und Umwelt legten Forschungsprogramme auf und in der Forstwirtschaft tauscht man sich über erfolgreiche Modelle aus.

Fachtagung mit bundesweiter Beteiligung

Organisiert von der Fachagentur für Nachwachsende Rohstoffe fand am Dienstag und Mittwoch in Dömitz eine große Waldbrand-Fachtagung statt, an der Fachleute aus Landesforsten und wissenschaftliche MitarbeiterInnen verschiedener Universitäten aus dem ganzen Bundesgebiet teilnahmen.

In seinem Eingangsstatement mahnte der Feuerökologe Prof. Dr. Johann Georg Goldammer vom Max-Planck-Institut für Chemie an, dass es angesichts des offenbaren Klimawandels an der Zeit sei, waldbauliche Konzepte zu überprüfen und die natürliche Waldentwicklung anzupassen. "Der klimaresiliente Umbau der Wälder funktioniert aber nur mit vielen Partnern", so Goldammer. Seine Vorstellung vom "Wald der Zukunft" hatte Goldammer in einem Beitrag für das science media center so formuliert: "Der Wald der Zukunft soll einerseits möglichst viel Kohlendioxid aus der Atmosphäre ziehen, Wasser speichern und Biodiversität schützen und andererseits viel Holz als nachwachsende Ressource für den Bau und die Bioökonomie liefern". Gleichzeitig müsse er aber auch häufigeren und extremeren Dürren widerstehen können. 

Im Rahmen seiner Resilienzstrategie fördert der Bund zum Thema Wald mehrere Verbundprojekte. In Vorträgen wurden auf der Tagung Zwischenergebnisse aus vier dieser Projekte vorgestellt (THOR, ErWiN, Pyrophob und Brennpunkt Wald). Bei einer Begehung in den Bernstorff'schen Wäldern wurden außerdem die nach dem großen Brand von 1975 durchgeführten Wiederaufforstungsmaßnahmen begutachtet und diskutiert. 

Die wichtigsten Erkenntnisse:

  • Waldbrandprävention fängt bei der Baumstruktur an - eine Mischung aus Laub- und Nadelhölzern steigert die Bodenfeuchtigkeit und sorgt außerdem für einen drastischen Rückgang von Baumschädlingen wie den verschiedenen Spinnerarten. Bedenken der Waldbesitzer, dass die Wirtschaftlichkeit nicht mehr gegeben sein könnte, entgegnete Prof. Michael Müller, Professor für Waldschutz an der TU Dresden, dass eine Kalamitätsbekämpfung wesentlich teurer sei als ein eventueller Verlust durch Laub-Anpflanzungen.

  • Die Ausbreitung der Feuer muss durch geeignete Maßnahmen verhindert werden. In dem Forschungsprogramm THOR wird u. a. untersucht, welche waldbaulichen Schutzelemente eingesetzt werden können, um die unkontrollierte Feuerausbreitung zu verhindern. Hier geht es einerseits um die Reduzierung leicht brennbaren Materials im Unterwuchs, aber auch um die Anlage von breiten Schutzstreifen zwischen Waldbereichen.
  • Fortbildung: Wer mit Wald zu tun hat, ob in der Bewirtschaftung oder in der Feuerbekämpfung, muss laufend fortgebildet werden. "Denn die Kenntnis über Feuerverhalten, den Einflussfaktor der Feuerausbreitung und darüber, was Brände außer Kontrolle geraten lässt, ist entscheidend für die Herleitung von Präventionsmaßnahmen als auch Taktik und Technik der Brandbekämpfung" (Quelle: Waldbrand Klima Resilienz/WKR-Projekt ).
  • Einsatz innovativer Brandüberwachungseinrichtungen, die Brände schon erkennen, bevor Rauch entsteht. Vorgestellt wurde ein vernetztes Überwachungssystem , das durch Geruchssensoren noch 200/300 m entfernte kleine Feuer erkennen kann - ehe überhaupt Rauch aufsteigt. Die Meldungen werden direkt an die Einsatzzentralen oder auch an örtliche Feuerwehren gemeldet.
  • Es fehlen gesetzliche Grundlagen für moderne Methoden der Wald- und Heidepflege. Der Feuerökologe Alexander Held, der bereits im vergangenen Jahr eine Vor-Ort-Schulung zur Feuerlöschung durch Gegenfeuer und ohne Wasser leitete, beklagte, dass neuere Methoden, wie zum Beispiel mit "Gegenfeuer" zu arbeiten, genehmigungsbedürftig sind, es aber keinerlei Gesetzesgrundlagen gebe. In der hiesigen Unteren Naturschutzbehörde wolle man zunächst einen Arbeitskreis einrichten, der sich mit dieser Thematik beschäftigen soll. Held hofft, dass es zu keinem Waldbrand kommt, bevor der Arbeitskreis zu Ergebnissen gekommen ist.
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  • Die meisten Waldbrände werden von Menschen verursacht - Informationskampagnen sind notwendig, um das Bewusstsein für den Wert des Waldes und die möglichen Konsequenzen des eigenen Verhaltens im Wald zu schärfen. Auf der Website waldwissen.net - einem Projekt der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg - gibt es zum Beispiel zahlreiche Informationen rings um das Thema Waldbrand.

Ein komplexes Thema

Wie viele Faktoren dazu beitragen, ob ein Wald stabil auch größeren Herausforderungen standhalten kann, wurde auf der Tagung beeindruckend deutlich. Nicht zuletzt ist es der Mensch, der den Wald durch sein Verhalten schützt - durch nachhaltige Waldbewirtschaftung, vorausschauende Planung, aber auch durch sensibles Verhalten der BesucherInnen.

Poster (Ausschnitt): Niedersächsische Landesforsten ... Waldpädagogikzentrum Oerrel ... Wald-Klima-Resilienzprojekt (Das vollständige Poster kann hier! heruntergeladen werden)




2023-05-10 ; von Angelika Blank (text),
in Dömitz, Deutschland

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