Wegen Castor: Dannenberger Kartoffelsonntag fällt aus

Der für den 7. November geplante Dannenberger Kartoffelsonntag fällt aus. Grund ist der Castor-Transport. Wie Stadtdirektor Jürgen Meyer am Mittwoch vor der Presse erklärte, habe er offiziell von der Polizei erfahren, dass die Atommüll-Behälter am 5. November in La Hague starten und voraussichtlich am Sonntag in Dannenberg ankommen werden.

 

Die für Sonnabend, dem 6. November, angekündigte Groß-Demonstration, zu der über 30.000 Menschen in Dannenberg erwartet würden, werde keine Probleme mit sich bringen. Dazu habe es bereits Gespräche mit der Polizei und der Bürgerinitiative Umweltschutz (BI) gegeben, sagte Meyer.

Aber: Schwierigkeiten würde es voraussichtlich geben, wenn am Sonntag neben Atomkraftgegnern auch die vielen Besucher des Kartoffelsonntags wieder nach Hause fahren wollten und dann aufgrund von Straßensperrungen nicht mehr aus dem Raum Dannenberg herauskämen. Dabei sei zu bedenken, dass zahlreiche Kartoffelfest-Gäste aus den neuen Bundesländern kommen und die Dömitzer Brücke für den Heimweg benutzen möchten. Außerdem, so der Stadtdirektor, werde voraussichtlich aufgrund „politischer Entschlüsse“ in diesem Jahr bei den Castor-Tagen „eine andere Atmosphäre“ herrschen.

Stadtdirektor verärgert über Innenministerium

Er sei über die Festlegung des Castor-Termins sehr verärgert, betonte der Stadtdirektor. Dieser Ärger richtet sich gegen das Ministerium des Innern in Niedersachsen. Dorthin nämlich hatte die Stadt sich schon am 7. April 2010 mit dem Hinweis gewandt, dass es zu Problemen kommen könnte, falls die Castoren am Kartoffelsonntag auf dem Verladebahnhof bei Breese in der Marsch anrollen. Am 23. April dieses Jahres sei dann die Antwort aus dem Ministerium gekommen – eine Reaktion, durch sich die Stadt „ein Stück weit abgewatscht fühlt“, wie Meyer erklärte. Sinngemäß habe das Innenministerium beschwichtigt: Man möge sich doch in Dannenberg keine Sorgen machen. denn beim Castor-Transport 2004 sei ja trotz Kartoffelsonntag auch alles gut gegangen. Aber da waren die Castoren ja noch gar nicht eingetroffen, erinnerte Jürgen Meyer.

Meyer: Katastrophale Terminüberschneidung

Der Kartoffelsonntag habe eine erhebliche Bedeutung für die Region, besonders für die Kaufleute. Es sei schon „dramatisch“, wenn in einem strukturschwachen Raum durch eine solch katastrophale Terminüberschneidung ein so wichtiges Ereignis wie der Kartoffelsonntag abgesagt werden müsse. Die Entscheidung zu diesem Schritt sei in Einvernehmen von Werbegemeinschaft, Stadt und Samtgemeinde getroffen worden – „aber das ist uns sehr schwer gefallen“, bekräftigte Jürgen Meyer.

Bader: Wirtschaftlicher Schaden bis zu 400.000 Euro

„Aus Sorge um unsere Besucherinnen und Besucher wollten wir kein Risiko eingehen, deshalb haben wir den Kartoffelsonntag für dieses Jahr gestrichen“, erklärte Ernst Bader namens der Werbegemeinschaft Dannenberg, die das Fest ausrichtet. Dannenberg erleide durch den Ausfall dieses Tages einen sehr großen Imageverlust, und der wirtschaftliche Schaden werde bis zu 400.000 Euro betragen.

„Wir hoffen auf das Verständnis der Bevölkerung für unsere Absage“, wünscht sich Bader. Sichtlich bewegt fügte er hinzu, wie sehr ihn persönlich der Ausfall des Kartoffelsonntags leid tue, den er seinerzeit mit „aus der Taufe gehoben“ hatte. In diesem Jahr wäre es der 24. Kartoffelsonntag gewesen  – ein Ereignis, dass je nach Wetterlage stets zwischen 15.000 bis 20.000 Menschen aus nah und fern nach Dannenberg lockt.

Ein „Tag der Begegnung“ fällt weg

Dannenbergs Bürgermeister Günter Voß hob hervor, dass der Kartoffelsonntag alljährlich auch als „Tag der Begegnung“ begrüßt werde. „ Familien treffen sich, ganze Gruppen reisen an, Vereine legen ihren Jahresausflug auf diesen Tag, der ein Highlight im Dannenberger Veranstaltungsgeschehen ist“. All dies werde es nun nicht geben wegen einer Terminüberschneidung, die vermeidbar gewesen wäre, so schloss sich Voß der Kritik am Ministerium an.

Geschäftsleuten haben für diesen Tag eingekauft

„Viele Geschäftsleute haben sich auf den Kartoffelsonntag vorbereitet und eigens dafür eingekauft – für diese Händler ist es dramatisch, dass dieser Tag fehlt“, gab Marketing-Leiterin Ursula Fallapp zu bedenken. Der Kartoffelsonntag sei auch immer so etwas wie der Einstieg in das Weihnachtsgeschäft. Und: Der Kartoffelsonntag sei ein Einkaufstag für den ganzen Landkreis.

„Kleiner Ausgleich“ am 1. Advent?

Werbegemeinschaft und Stadt hoffen nun, dass es wenigstens einen „kleinen Ausgleich“ geben wird: Geplant ist, in Dannenberg am 1. Advent – das ist der 28. November – neben dem ohnehin geplanten Weihnachtsmarkt einen verkaufsoffenen Sonntag anzubieten und zur Teilnahme sowohl die heimischen Geschäftsleute zu motivieren als auch die rund 100 auswärtigen Marktbeschicker, die nun auch unter dem Ausfall des Kartoffelsontags leiden.

Bürger-Ehrung findet dennoch statt

Stattfinden soll aber – trotz Ausfall des Kartoffelsonntags – die schon traditionelle „Kartoffelstippe“. Bei dieser Veranstaltung – alle zwei Jahre am Freitag vor dem Kartoffelsonntag – werden verdiente Bürgerinnen und Bürger im Rahmen eines abendlichen Essens mit der Stadtmedaille ausgezeichnet. „Diesmal mit einem bitteren Beigeschmack“, merkte Jürgen Meyer an.

„Organisationsverschulden von Bund und Land“

Mit Sorge guckt Jürgen Meyer schon in den Kalender für 2011 – dem 25. Kartoffelsonntags-Jahr. „Eventuell stehen wir dann vor ähnlichen Situation wie jetzt“, befürchtet der Stadtdirektor. Deshalb appelliere er schon jetzt die Bundes- und Landtagsabgeordneten, sich dafür einzusetzen, dass es nicht wieder zu einer solchen Überschneidung der Termine kommt. Das Zusammenfallen von Castor-Ankunft und Kartoffelsonntag sei „ein „Organisationsverschulden des Bundes und des Landes“, konstatierte Jürgen Meyer.

Foto: Stadt Dannenberg / So voll waren Dannenbergs immer, wenn der Kartoffelsonntag anstand ...




2010-10-06 ; von Hagen Jung (autor),

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