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Wölfe im Wendland: womit muss Mensch rechnen?`

In den letzten Wochen vermehrte sich in Vietze die Unruhe. Immer wieder wurde davon berichtet, dass mindestens ein Wolf in der Nähe des Ortes herumstreunt.  Am Montag informierte Wolfsberater Peter Burkhardt  am Höhbeck darüber, was vom Wolf zu halten ist.

Dass es einen massiven Informationsmangel über Wölfe, ihr Aussehen und ihre Verhaltensweisen gibt, zeigte sich schnell in der Veranstaltung am Montag im Vietzer Dorfgemeinschaftshaus. Mehrere Dorfeinwohner waren "ganz sicher", einen Wolf auf den Wiesen rings ums Dorf gesehen zu haben. 

Angesichts der Unsicherheit, die in Vietze herrschte, hatte der Gemeinderat kürzlich beschlossen, einen Wolfsberater einzuladen, um mehr Informationen zu bekommen - einerseits darüber, womit Menschen rechnen müssen, die in der Nähe von Wölfen leben und andererseits erhoffte man sich, Handlungsanweisungen, wie Mensch sich verhalten soll, wenn er einem Wolf begegnet.

Wolfsberater Peter Burkhardt aus Gartow hatte die Aufgabe gerne übernommen, in Vietze über "den Wolf" zu informieren. Er hält "Sichtungen" von Wölfen, wie es im Fachjargon heißt, nicht für ausgeschlossen, denn diese Waldbewohner wandern gerne und lang. So kann es durchaus sein, dass ein Wolf aus dem Gartower Rudel "Spaziergänge" macht, die ohne weiteres auch zur Seegeniederung - und dabei vorbei am Ort Vietze - führen können.

Für Burkhardt ist das nichts Besonderes, "Sichtungen" von Wölfen sei zwar nicht häufig, aber dennoch immer wieder möglich. Auch die Antowort auf die Frage eines Vietzers, warum die Wölfe erst in letzter Zeit wieder aufgetaucht seien, machte klar, dass die Wölfe nie wirklich weg waren. "Aus irgendeinem Grund, den wir nicht kennen, ist der Höhbeck eine Landmarke für Wölfe," so der Wolfsberater. "Bereits 1835 wurden Wölfe in der Nähe Gartows festgestellt. Bekannt ist auch, dass 1952 ein Wolf von Gartow nach Unterlüß gewandert ist." 

Aber durch die innerdeutsche Grenze seien Wölfe nur in Einzelfällen gedrungen. Erst nach der Öffnung der Grenzen hätten die Tiere wieder gehäuft Wege in den Westen und Norden gefunden. "Dabei laufen sie auch gerne mal 1200 km," so Burkhardt. Aktuell ist zum Beispiel beim Gartower Rudel eine Fähe angekommen, die nachgewiesenermaßen aus Polen stammt. Denn immer mehr Wölfe werden mit Sendern ausgestattet, um ihre Wege nachvollziehen zu können.

Woran erkenne ich einen Wolf? 

Auf den ersten Blick ist es gar nicht leicht, zu erkennen, ob man einen Wolf oder einen Hund vor sich hat. Anhand von einigen Vergleichsbildern wurde deutlich, dass bestimmte Rassen (z. B. Husky oder Schäferhund) leicht mit einem Wolf verwechselt werden können.

Doch es gibt bestimmte Merkmale, die dem Wolf eigen sind:

  • Die Spur verläuft in einer Art Perlenkette, die ca. 10 cm großen Pfotenabdrücke laufen in einer geraden Linie dahin. 
  • Der Fang (Bauch und unterer Teil der Schnauze) ist unten weiß
  • ein schwarzer Sattelfleck
  • gerade buschige Rute
  • schwarze Schwanzspitze
  • die Gesamtfarbe ist grau, gelegentlich grau-rötlich

Eine Besonderheit ist auch, dass Wölfe recht hochbeinig sind, geradezu "schlaksig" laufen. 

Ist mit einem massenhaften Auftauchen von Wölfen zu rechnen?

Wie Burkhardt informierte, leben Wölfe in einem relativ großen Revier. Tiere aus dem Gartower Rudel wurden z.B. bei Arendsee, bei Woltersdorf oder bei Bergen gesichtet. "Wenn ihre Jungen alt genug sind, werden sie gnadenlos von den Alten auf Wanderschaft geschickt," Burkhardt. Diese Jungwölfe suchen sich dann anderswo ein Revier, in dem es genug zu fressen gibt. Dort paaren sie sich und begründen - womöglich - ein neues Rudel. "Hier im Gartower Raum werden es deshalb nie mehr als 12 - 14 Wölfe werden." Von den sieben Welpen, die im Gartower Forst 2013 geboren wurden, seien nur noch ein bis zwei hier. "Die anderen sind längst weg, irgendwohin auf Wanderschaft gegangen." Unfälle und Krankheiten tun außerdem ihr Übriges, um die Wölfe immer wieder zu dezimieren.

Zuletzt wurde beispielsweise ein Wolf aus dem Gartower Rudel bei Frankfurt bei einem Autounfall getötet, ein anderer bei Bispingen. Auch Staupe oder Räude können den Wölfen gefährlich werden. 

Was sollten Nutztierhalter beachten?

Die Vorstellung, dass Wölfe scheu sind, musste Burkhardt korrigieren. "Im Gegenteil Wölfe sind extrem neugierig und lernfähig." Aber sie seien auch bequem, weswegen sie vor allem größere Tiere jagen, die leicht zu fangen sind. "Das ist effektiver, als sich mit kleinen Tieren abzugeben," so Burkhardt.

Die ersten Tiere, die in den Wäldern von Wölfen gejagt wurden, war das Muffelwild, von dem es inzwischen kaum noch freilebende Tiere gibt.  "Gefährdet sind allerdings auch Schafe und Kälber," warnte der Wolfsberater. Von allen 139 Nutztier-Rissen allerdings, die in Niedersachsen seit 2008 festgestellt wurden, waren bisher nur 60 dem Wolf zuzuordnen. Alle anderen Risse waren entweder durch Hunde oder andere Tiere (z. B. Füchse) verursacht. Allerdings sind die Nutztierrisse, die nach dem 14. März stattgefunden haben, noch in Bearbeitung.

Außerdem wurde von den Fachleuten immer wieder festgestellt, dass defekte bzw. ungenügende Zäune oder ausgeschaltete Weidegeräte die Möglichkeit gaben, ins Gehege einzudringen. Vom niedersächsischen Umweltministerium werden inzwischen wolfssichere Zäune und Herdenschutzhunde in anerkannten Wolfsgebieten bezuschusst. "Demnächst sollten auch Rinderhalter ihre Zäune verstärken," rät Burkhardt - auch wenn er weiß, dass nicht überall wolfssichere Zäune gezogen werden können.

Der lange Bearbeitungszeitraum der DNA-Untersuchungen ist übrigens Gegenstand massiver Kritik der Wolfsberater. "Die Nutztierhalter müssen teilweise über drei Monate auf den Befund warten, bevor sie die Entschädigung für einen Wolfsriss beantragen können," kritisiert Burkhardt das langatmige Verfahren. Durch die Einrichtung eines Wolfsbüros, angesiedelt beim Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) habe das Ministerium jetzt jedoch "einen Schritt in die richtige Richtung" getan.

Wie sollte Mensch sich im Umgang mit Wölfen verhalten?

"Es gibt kein Patentrezept," musste Burkhardt die Vorstellung dämpfen, dass konkrete Handlungsanweisungen gibt, wie Mensch sich verhalten sollte, wenn er einem Wolf begegnet." Allerdings hält Burkhardt direkte Begegnungen zwischen Wolf und Mensch immer noch für selten, obwohl sie zunehmen werden. Auch hält der Wolfsberater es für unwahrscheinlich, dass Menschen vom Wolf angegriffen werden.

Anders sieht es jedoch für frei laufenden Hunde aus. Er selbst leine seine Hunde seit einiger Zeit im Wald nur noch an, so der aktive Jäger Burkhardt. "Wenn die Hunde tief in den Wald laufen, kann es schon passieren, dass sie in das Revier der Wölfe eindringen und das bekommt ihnen dann womöglich nicht so gut," so Burkhardt. Deswegen rät der Wolfsberater dringend dazu, Hunde im Wald anzuleinen (was im übrigen zwischen April und Juli aus Naturschutzgründen sowieso Pflicht ist).

"Aber Sie werden es nicht erleben, dass hier ein Mensch gerissen wird," ist sich Burkhardt sicher. "Angriffe auf den Menschen müssen Sie suchen, suchen, suchen." Trotzdem rät er, Spaziergänge durch den Wald in den Morgen- und Abendstunden oder nächtens zu vermeiden - vor allem, wenn ein Hund dabei ist.

Niedersachsens Umweltminister Stefan Wenzel hatte Anfang Mai vor Panik im Umgang mit dem Wolf gewarnt. "Von Experten wird empfohlen, bei der Begegnung mit einem Wolf nicht überhastet zu reagieren, sondern sich bemerkbar zu machen," so Wenzel. "Rufen und Klatschen, den Wolf im Blick behalten und sich langsam entfernen, dürfte die richtige Verhaltensweise sein." Auch eine Pfeife könne man benutzen, um den Wolf zu verscheuchen. Auch Wolfsberater Peter Burkhardt rät dazu, eine Wolfsbegegnung danach ihm oder einem seiner Kollegen (z.B. Kenny Kenner vom Biohotel Kenners Landlust für die Göhrde) zu melden.

Denn es ist die Aufgabe der vom Land eingesetzten ehrenamtlichen Wolfsberater, Sichtungen zu registrieren, sich um Nutztierrasse zu kümmern und die Öffentlichkeit über Wölfe zu informieren.

In Vietze war die Stimmung nach dem informativen Vortrag von Peter Burkhardt deutlich gelassener. "Man will doch wissen, womit man es zu tun hat," war eine Reaktion einer Zuhörerin. So manche/r mochte sogar auf seinen "Wolf am Gartenzaun" gar nicht verzichten - auch wenn das Bild aus der Fotofalle nach Ansicht des Wolfsberaters eindeutig bewies, dass es sich um einen Hund handelte.

Mehr Informationen über Wölfe in Niedersachsen, Statistiken und eine Liste der Wolfsberater findet sich übrigens auf der Internetseite wildtiermanagement.com.

Foto
/ Julia Kauer : sieben junge Wölfe sind im vergangenen Sommer im Gartower Forst geortet worden. Inzwischen sind die meisten dieser Jungwölfe abgewandert, wie Wolfsberater Peter Burkhardt am Montag in Vietze zu berichten wusste.



2015-05-13 ; von Angelika Blank (autor),
in Vietze, 29478 Höhbeck, Deutschland

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