Thema: zero 145

Keine Angst vor Salzstock-Inkontinenz

Tach allerseits, ick bin’s bloß, der freche Herr Paul.

Werte Fans und Feinde, ick hatte im Sommer viel Zeit zum Lesen und Denken. Also sitze ick im Garten, blättere durch die Zeitungen und erfahre, dis diverse Atomanlagen im strahlend schönen Frankreich inkontinent sind, also ins Grundwasser tropfen. Und ein Herr verkündet im Auftrag der Betreiber, dis wir uns nich sorgen sollen – die Rohre sind schon seit Jahren kaputt und bisher hat sich noch keiner beschwert.

Na bitte, denke ick, der Mann weiß, worauf’s ankommt: Solange keiner meckert, is allet in Ordnung. In Ordnung is natürlich auch, wat in der Asse, dem maroden Salzstock bei Wolfenbüttel, passiert – meint zumindest unser Umweltgabriel: „Mit Blick auf die Asse kann ich Ihnen mitteilen, daß das Bundesumweltministerium alle notwendigen Schritte eingeleitet hat, um die aktuellen Vorkommnisse aufzuklären und entsprechende Maßnahmen zum Schutz sowohl der Bevölkerung in der Umgebung der Schachtanlage Asse II als auch dem Betriebspersonal  einzuleiten.“

So schrieb mir Gabriels Helferlein namens Heike Schröder vom „Referat RS III 2 – Grundsatzangelegenheiten der nuklearen Entsorgung, Endlagerung“ auf meine Frage, wat denn nun mit dem absaufenden Müll passiert. Und weil sie weiter unten noch die Einrichtung einer „Ad-hoc-Arbeitsgruppe“ verkündet, bin ick nunmehr völlig entsorgt, wat die Asse anjeht. Um Frau Schröders seelische Jesundheit mache ick mir allerdings schon Gedanken. Wie fühlt sich jemand, der mitten in der Scheiße sitzt, und allen – krampfhaft lächelnd – erklärt, dis es janz toll duftet?

Apropos stinken: Erzengel Gabriel möchte gerne ein Konjunkturprogramm für die Umwelt starten, also Steuererleichterungen für die, die „grün“ investieren. Schöne Idee, leider nur für Leute, die entsprechend Steuern zahlen, also jut verdienen. Arme Leute dagegen dürfen weiter stinken oder selber zahlen – Steuern sparen jeht eben erst, wenn man’s nich mehr nötig hat.

Apropos nötig: Die IHK Lüneburg hat per Pressemeldung verkündet, dis hiesige Betriebe unbedingt ‘ne schöne neue A 39 brauchen. Leider ham se dabei vergessen zu sagen, dis auf ihre Umfrage nich mal die Hälfte der anjeschriebenen Betriebe jeant-wortet hat. Ein kluger Mann sagte mal, dis er keiner Statistik traut, die er nich selbst jefälscht hat – er vergaß hinzuzufügen, dis man sich beim Fälschen nich so leicht erwischen lassen sollte wie die IHK.

Apropos erwischen lassen: Der Grüne und Ver.di-Chef Bsirske zahlt jetze seinen Urlaubs-Freiflug doch lieber selbst. Er hat „die öffentliche Aufregung“ über die Gratistickets „unterschätzt“, sagt er. Lieber Herr Bsirske, ick würde an Ihrer Stelle zum Arzt jehn: Wer nich von selber darauf kommt, dis Freiflüge der Lufthansa für den Gewerkschaftsboß, der gerade die Lufthansa bestreiken läßt, nich so jut in der Öffentlichkeit ankommen, der hat ein ernstes Wahrnehmungsproblem.

Apropos Wahrnehmung: Eltern von Kleinkindern sind nich zu beneiden, weil sie bei Lebensmitteln viel Kleinjedrucktes lesen müssen, um die lieben Kleinen nich vor der Zeit zu vergiften. Wenn z. B. Mineralwasser zu viel Uran enthält, steht „für Säuglingsnahrung ungeeignet“ drauf. Falls Mama und Papa auf Leitungswasser umschwenken – Pech gehabt:  Im Leitungswasser jibt’s keine Grenzwerte, also regional unterschiedlich viel Uran. So kann man die Rentenkassen ooch sanieren. 

Ach, ja: unser aller Lokalblättchen hat kurz nach Erscheinen der letzten „zero“ die Zusammenarbeit mit mir jekündigt – Herr Paul war ihnen zu frech. Ick wünsche daher von hier aus allen Lordsiegelbewahrern provinzioneller Lebens- und Denkungsart ungestörte Nachtruhe.


Ick meine ja bloß,
sacht der Herr Paul




2008-08-27 ; von Stefan Buchenau (autor),

zero 145   asse   endlager_gorleben  

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