300 Trecker unterwegs - mit Wut im Bauch für das Überleben der Höfe

Rund 300 Traktoren und 400 Landwirte trafen am Dienstag Mittag in Lüchow zusammen, um gemeinsam gegen die Agrarpolitik von Land und Bund sowie die neue Düngeverordnung zu protestieren.

"Wir sind nicht die Letzten von gestern, sondern die Ersten von morgen." Fast trotzig klang dieser Eingangssatz von Hubertus von Ohe, Koordinator der Bauernaktion am Dienstag Mittag. Dieses Motto des Tages machte aber deutlich, worum es den Landwirten hauptsächlich ging - ernst genommen werden.

Noch krasser drückte es Britta Linde aus, Milchbäuerin aus Penkefitz: " Wir reißen uns nicht den Arsch auf, damit uns Andere den Arsch aufreißen. Das wollen wir nicht mehr! "

Rund 400 Landwirte mit mehr als 300 Traktoren waren es, die sich am Dienstag zunächst in Lüchow und Dannenberg zu Demonstrationen trafen, bevor sie zur Abschlusskundgebung auf einen Acker "vor den Toren Lüchows" fuhren.

Den Bauern reicht's. Das machte auch die gewaltige Beteiligung deutlich, die die Initiative "Land schafft Verbindung" in kurzer Zeit - die erste leise Initiative wurde erst vor drei Wochen via Facebook veröffentlicht - verkünden konnte. Bundesweit fanden sich tausende Landwirte mit ihren Traktoren zu Demonstrationen zusammen. Allein Richtung Bonn wurden kilometerlange Traktorschlangen gesichtet.

In Lüchow-Dannenberg hatte sich vor 11 Tagen in Weitsche das erste Mal eine Orga-Gruppe gegründet, die die Demo in Lüchow-Dannenberg vorbereitete. Bei der Vorbereitung spielten die Bauernverbände keine Rolle. Hubertus von der Ohe: "Die Initiative geht von der Basis aus, die Verbände haben wir bewusst herausgehalten."

Die Kritik der Bauern richtet sich gegen das Verbraucherverhalten ebenso wie die nach ihrer Ansicht verfehlte Agrarpolitik. Vor allem die verschärfte Düngerverordnung macht den Landwirten zu schaffen.

Für Umweltschäden wollen die Landwirte nicht verantwortlich gemacht werden.Von der Ohe sieht zum Beispiel die Verantwortung für die Nitratbelastung der Böden nicht bei den Landwirten. "Wir lassen uns die Nitratverschmutzung nicht in die Schuhe schieben," so von der Ohe. "Da lügen die Klärwerke." Und woher kommt die Nitratbelastung in den Böden? "Die Klärwerke leiten ungefiltertes Wasser in Oberflächengewässer ein," erläutert der Sohn eines Landwirts. "Die Messstellen sind einerseits dicht an den Oberflächengewässern angebracht bzw. an Mooren und humosen Böden, wo der Boden seit 20000 Jahren vor sich hinrottet." 

Überhaupt wollen die Bauern nicht zum Sündenbock der Nation gemacht werden. Ihnen fehlt Wertschätzung und Einbindung. Nicht umsonst trugen mehrere Trecker das Transparent "Redet mit uns. Nicht über uns." auf ihren Gabeln.

Die Bauernverbände werden dabei nicht kritisiert. Warum nicht? "Die Tatsache, dass wir die Verbände herausgehalten haben, zeigt schon, dass die Verbindung nicht sehr groß ist," so von der Ohe. Das Vertrauen in ihre Branchenvertreter ist vor allem bei den jüngeren Landwirten offenbar minimal. Von der Ohe fiel dazu ein etwas kryptischer Satz ein: "Die Verbände sind wie Religion und Parteien. Zuerst fühlt man sich aufgehoben - und dann merkt man, dass sie anfangen zu spalten."  

Die Demo am Dienstag war nach Aussagen der Initiatoren nur der Anfang. Es soll "beharrlich" weitergehen, bis die Forderungen der Bauern erfüllt sind. Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner hat zumindest schon einmal Verständnis für die Bauern bekundet, verteidigte allerdings ihre Agrarpolitik. Nach Medienberichten sieht sie die Ursachen allerdings "weniger in den politischen Maßnahmen als darin, dass diese Beschlüsse Veränderungen bedeuteten und übertriebene 'Folgeabschätzungen' die Runde machte" (Quelle: agrarheute.com )

Foto | Angelika Blank: Hunderte Landwirte mit ihren Traktoren trafen sich am Dienstag in Lüchow zu einer Protestkundgebung.




2019-10-22 ; von Angelika Blank (text),
in 29439 Lüchow, Deutschland

landwirtschaft  

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