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Archetag: alte Nutztierrassen und regionale Köstlichkeiten

Alte Nutztierrassen standen im Mittelpunkt des 5. Archetages der Archeregion Flusslandschaft Elbe in Weitsche. Über 1000 Besucher interessierten sich für die vom Aussterben bedrohten Rassen, genossen den sonnigen Tag und leckere Köstlichkeiten aus der Region.

Buntes Bentheimer Schwein, Thüringer Waldziege, Lachshuhn oder englisches Parkrind - in der Archeregion Flusslandschaft Elbe werden rund 50 % der Nutzttierrassen gehalten, die auf der Roten Liste der vom Aussterben bedrohten Arten stehen.

Sie konnten am Sonntag, auf dem 5. Archetag, der dieses Jahr in Weitsche stattfand, natürlich nicht alle präsentiert werden, dennoch konnten die zahlreichen Besucher einiges über die Rassen, ihre Haltung und nicht zuletzt über ihre Verwendung erfahren - und sie hautnah erleben.

Insgesamt waren 25 Aussteller mit ihren Produkten nach Weitsche gekommen - neben kulinarischen Produkten hatten sie auch Wolle und Filz, feine Seifen oder frisch gepresste Öle mitgebracht. Die Feinschmecker-Organisation „Slow Food“ war ebenso dabei wie der Freundeskreis freilebender Wölfe. Ein Drechsler und ein Stuhlflechter zeigten ihr Handwerk und die Jugendwerkstatt Wendland stellte u. a. ihre selbst gebauten Obststiegen aus.

Auch ein mobiler Hühnerstall wurde von der Jugendwerkstatt der Öffentlichkeit präsentiert. Die Idee dazu hatte Hühnerzüchter Willy Hardes aus Braasche geliefert, der nach einer transportablen Hühner"hütte" suchte, mit der Küken oder kleine Hühnergruppen problemlos auf frische Pickflächen gezogen werden können.

Erhalten durch Verwerten - kulinarische Köstlichkeiten und neue Projekte

Ganz nach dem Motto "Erhalten durch Verwerten" wurden nicht nur die Tiere vorgestellt, sondern auch ihre hervorragende Eignung als kulinarische Spezialität -  wovon sich die Gäste nicht nur bei den Kreationen des Kochduos "Atze und Keule " überzeugen konnten.

Ob Currywurst aus Auerochsenfleisch, Ziegenkäse, Lammleberwurst oder Krustenbraten aus Fleisch des Bunten Bentheimer Schweins - die zahlreichen Besucher konnten auch zahlreiche Köstlichkeiten testen, die aus der Archeregion stammen. Wie zum Beispiel der Ziegenkäse der "Gülzer Geißen", einem Ziegenhof mit Thüringer Waldziegen oder Wurst und Schinken vom Hutewaldhof in Riskau. Dort dürfen die Schweine noch im Wald laufen - so wie es früher üblich war. Eigentlich ist diese Haltungsform in Niedersachsen untersagt, doch mit viel Engagement und noch mehr Durchhaltevermögen schafften es Kathrin Ollendorf und Holger Linde , eine Genehmigung für diese traditionsreiche Haltungsform zu bekommen.

Schwerpunkt auf dem Archetag war das Thema "Geflügel". Auf der ausgedehnten Wiese am Luft'schen Hof in Weitsche präsentierten sich stolze Vorwerk- und üppige Lachshuhn-Hähne - vorgeführten von einigen Haltern sowie dem Geflügelzuchtverein Lüchow-Dannenberg. So wurde der Archetag auch zum Treffpunkt von Geflügelhaltern, die sich bei Kaffee und Rhabarberschorle über Alltagsthemen eines Hühnerhalters austauschten. Das ein oder andere Vorwerk- oder Sperberküken wechselte an diesem Tag auch seine Besitzer.

Aber auch neue Projekte werden in der Archeregion angestoßen. Wie zum Beispiel ein Projekt von Schafhaltern: Sie planen eine eigene Wollmanufaktur. Gemeinsam mit Designern und der Grünen Werkstatt Wendland sollen aus der Wolle der alten Schafrassen schöne Dinge entstehen. „Tausende Felle wandern nach dem Scheren als Abfall  in die Tonne oder unters Gemüsebeet – das muss nicht sein“, sagte Hofbesitzer und Selbstversorger Marcel Luft bei der Eröffnung.

Und auch die gemeinsame Vermarktung soll in der Archeregion gestärkt werden. Kürzlich schlossen sich 15 Archebetriebe zu einer Vermarktungsgesellschaft zusammen, damit die bisher fast ausschließlich regional angebotenen Produkte auch den Weg in die Großstädte finden können. 

In Weitsche jedenfalls waren am Ende des Tages alle zufrieden: die Besucher, weil sie viel zu erfahren, zum Anschauen und letztlich auch zum Genießen fanden, die Aussteller, weil sie viele Interesse für ihre Produkte bekamen und die Veranstalter, weil der Tag rundum gelungen war.

Nur Poitou-Esel "Palu" hatte keinerlei Ambitionen, sein Zuhause in Amt Neuhaus zu verlassen. Er hatte sich schlichtweg verweigert, den Transporthänger zu betreten. Er ahnte wohl, dass der Tag in Weitsche recht turbulent werden würde. So mussten Groß und Klein im Streichelzoo im Schatten der Bäume auf den großen Esel verzichten.

Warum alte Nutztierrassen halten?

Viele der alten Nutzttierrassen wie das Bunte Bentheimer Schwein, das deutsche Niederungsrind oder die Vorwerkhühner sind in den letzten Jahrzehnten von den Bauernhöfen verschwunden. Die Gründe dafür sind vielfältig: so war es bei Schweinen z.B. der zu hohe Fettgehalt oder bei Kühen die nicht so hohe Milchleistung einer modernen Turbokuh. So landeten im Laufe der Zeit Dutzende Arten auf der Liste der gefährdeten Rassen.

Dabei haben gerade die alten Rassen oft Vorteile, die heutigen Hochleistungstieren fehlen: sie sind unempfindlicher gegen Krankheiten, haben schmackhafteres Fleisch oder sind nicht nur auf eine Nutzungsart hingezüchtet. Ein modernes Legehuhn legt zwar viele Eier, als Fleischhuhn eignet es sich aber nicht unbedingt. "Zwienutzungshühner" wie z.B. das Vorwerkhuhn bieten beide Vorteile. Für die industrielle Nutzung sind sie allerdings uninteressant.

Für viele Halter der Archeregion ist es allerdings die reine Liebe zur Rasse, warum sie sich für die Haltung alter Nutztierrassen entschieden haben.

Fakten zur Archeregion Flusslandschaft Elbe

Gegründet wurde die Archeregion Flusslandschaft Elbe mit damals zehn Betrieben im Jahre 2011 auf der Grünen Woche. Herz und Motor der Initiative ist bis heute Hartmut Heckenroth aus Amt Neuhaus, der bereits kurz nach der Wende maßgeblich an der Entwicklung des Naturschutzprojektes in Preten für die stork foundation mitwirkte.

Heute sind es zwischen Amt Neuhaus und Riskau 33 landwirtschaftliche Betriebe, die sich ganz der Haltung dieser Tiere verschrieben haben. Allein in Lüchow-Dannenberg sind es sieben Betriebe, die als Archebetrieb zertifiziert sind.

Fotos / Angelika Blank: Bei strahlendem Sonnenschein wurde der Archetag in Weitsche zu einem rundum genussreichen Erlebnis.  



Fotos

2016-06-06 ; von Angelika Blank (autor),
in Weitsche, 29439 Lüchow, Deutschland

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