Thema: theater

Gefangen in der Leere

Mit ihrem neuen Stück geht die Freie Bühne Wendland ganz neue Wege. „Die abenteuerliche Reise zum Mittelpunkt der Randgebiete“ führt in existenzialistische Gefilde. 

Herr Y weiß nicht, wie er an diesen Ort voller Schrott gekommen ist. Verrostete Benzinkanister, riesige – ebenso verrostete – Abflussrohre und alte Reifen zeugen davon, dass hier irgendwann einmal Leben stattgefunden hat. Direkt neben ihm ein hoher Stacheldrahtzaun hinter dem sich lediglich Leere findet.

Sein eigenes Leben ist für Herrn Y nur noch Erinnerung. Marmelade und Beerenmüsli, ja selbst eine Pizza („dieses Stück Quantenphysik“) erscheinen ihm wie der Himmel auf Erden. Selbst Wurstwasser aus den Schlachthöfen von Chicago wird zur Köstlichkeit. Dabei wird Herr Y erst durch Schmerzen im Bauch daran erinnert, wie Hunger sich anfühlt.

Befremdliche Geräusche und die unerklärliche Unendlichkeit der Leere hinter dem Zaun lassen ihm keine Ruhe. Herr Y phantasiert sich Welten zusammen, die hinter dem Zaun liegen - nur um die Leere für sich greifbar zu machen, ihren Sinn und Inhalt zu identifizieren.

Doch alles was ihm antwortet, sind eine sprechende Plastiktüte, ein abgeklärter Wind und eine Sonne, die ihn unermüdlich gut gelaunt an die „grundlose Schönheit in dieser grundlosen Welt“ erinnert. Der Wind lässt ihn erahnen, dass er nicht nur aus der Welt sondern auch aus der Zeit gefallen ist.

Irgendwann beginnt Herr Y, sich in seinem neuen Leben im Nichts einzurichten – bis er sich der größten Herausforderung seines Lebens stellen muss. …

Die Absurdität der Leere

Christian Saak schuf das Ein-Mann-Stück (einziger Darsteller: Lennart Müller) nach der Lektüre des Romans „Die Tatarenwüste“ des frühen Existenzialisten Dino Buzzati. Dort war es ein General, der jahrzehntelang vergeblich auf die Erfüllung seiner Aufgabe wartet. Hier ist Herr Y, der verzweifelt versucht, sich das Fremde vertraut zu machen.

Saak, der in Mammoissel lebt, machte daraus eine dramatische Collage, die existenzielle Fragen aufgreift. Was bedeutet Zivilisation? Was passiert, wenn die Vertrautheit des alltäglichen Lebens abhanden kommt und nur noch Fremdheit die Realität bestimmt?

Die Besucher erwartet ein surreales Drama mit absurd-witzigen Elementen. Beckett-Fans werden sich freuen.

Schauspieler: Lennart Müller

Stimmen: Fabienne Schürch, Christa Tornow, Yvo Antoni, Gilda Winter, Mika Blunck, Gero Wachholz, Christian Saak, Helge Gehlhaar und Lennart Müller

Buch und Regie: Christian Saak

Premiere: 8. April, 19.00 Uhr, Scheune Mammoissel 3. Weitere Vorstellungen am 9. und 10. April jeweils um 19.00 Uhr. (Es wird zwar für Wärme gesorgt – aber eine Decke und dicke Socken einzupacken, ist mit Sicherheit nicht verkehrt).

Vorbestellungen sind ab sofort unter Tel.-Nr. 05844-9763092 oder per email: theater(ät)mammoissel3.de möglich.

ÜBRIGENS: Wer das Theaterprojekt in Mammoissel unterstützen möchte, kann auch online spenden. Ab 5 Euro Spende gibt es dafür kleine Danke Schöns. Für 60 Euro gibts zum Beispiel ein wärmendes Sitzkissen mit Aufdruck "Reserviert". Hier! gehts direkt zur Spendenseite auf nordstarter.org. Und hier! zum Werbevideo von "Maxim Gurkis Prachtasyl". Für das Geld soll die Scheune in schwarzen Samt gehüllt und in einen Theaterraum verwandelt werden. Ab diesem Zeitpunkt wird er "Maxim Gurkis Prachtasyl" sein. Weil es an diesem Ort (oft) so unglaublich kalt ist, braucht es außerdem kuschelige Wärmflaschen für die Zuschauer.  

 


2016-03-30 ; von Angelika Blank (autor),
in Mammoißel 3, 29487 Luckau (Wendland), Deutschland

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