Thema: elbtalcenter

Gutachter: Konzept für Elbtalcenter unausgewogen

Ist das angedachte Einkaufscenter am Dannenberger Gotenweg etwas Gutes oder Böses? Wer Antworten auf eine solch schlichte Frage erwartet hatte, als Gutachter Dr. Manfred Steinröx Dienstag Abend vor dem Rat der Stadt über Untersuchungen zum Einzelhandel referierte, hörte nicht das Gewünschte.


Aufgabe eines seriösen Wissenschaftlers ist es nun mal nicht, mit platten Prognosen zu kommen wie „Das Center belebt die Innenstadt“ oder „Es macht sie tot“.

Der Experte ging erfreulich differenziert an die Sache, wie das Kommunalparlament sowie die fast 100 Zuhörerinnen und -hörer in der Mensa des Schulzentrums erlebten. Der für das „Elbtalcenter“ vorgesehene Standort sei zweifellos „ein Sahneangebot“, sagte Steinröx, aber das derzeitige Konzept dafür sei unausgewogen, der Projektentwickler sollte es überarbeiten.

Die derzeitige Planung umfasse einen Neubau des Edeka-Marktes Altenburg mit 2500 Quadratmetern Verkaufsfläche, einen etwa 700 Quadratmeter großen Drogeriemarkt, 1000 Quadratmeter für einen Anbieter der Unterhaltungselektronik und Shops, die weitere 3000 Quadratmeter beanspruchen würden; sowohl ein Textil-als auch ein Schuhdiscounter sollten dabei sein.

Nur Edeka-Altenburg käme gewiss

Welche Firmen sich im Elbtalcenter ansiedeln könnten? „Das einzige Unternehmen, von dessen Kommen man überzeugt sein, kann, ist Edeka-Altenburg“, betonte Manfred Steinröx. Darüber hinaus gebe es ausschließlich Interessenbekundungen, „keine Verträge, nur Ideenskizzen“. Oft werde C & A in die Diskussion gebracht, doch selbst, wenn sich dieses Unternehmen am Gotenweg engagieren würde, täte es das wohl nur mit einem „small-family“-Geschäft, einem „sehr abgespeckten“ preisgünstigen Sortiment.

Noch ein Drogeriemarkt nicht notwendig

Warnend klang es, als Steinröx sagte, Niedrigpreis-Textilien und -Schuhe im Elbtalcenter würde zu einem „starken Wettbewerb“ in Dannenberg führen. Und: „Weitere Textil- und Schuhdiscounter bringen keinen Attraktivitätsgewinn für die Stadt.“ Ähnlich skeptisch betrachtet der Experte offenbar auch das Thema Drogeriemarkt. Dieser wäre nur dann im Elbtalcenter vertretbar, wenn zugleich das entsprechende Angebot am Markt erhalten bleibt. Zwingend erforderlich sei ein weiterer Drogeriemarkt – neben dem im Zentrum bestehenden – aber nicht.

Viele Kunden kaufen Elektronik auch weit außerhalb

Ein Elektronikmarkt würde im Elbtalcenter voraussichtlich „sein Auskommen haben“, meinte Steinröx. Doch die dort für ein solches Geschäft vorgesehene Fläche sei relativ klein, denn: Die Unternehmen wollten zumeist nicht nur Unterhaltungselektronik anbieten, sondern auch Haushaltsgeräte, vom Toaster bis zur Waschmaschine. Ein Weiteres dürfe man nicht übersehen: Für viele Kunden seien größere Betriebe dieses Warenbereichs auch dann ein attraktives Ziel, wenn sie über 50 Kilometer von Dannenberg entfernt liegen. Darüber hinaus tendierten jene Märkte immer mehr zum Verkauf via Internet.

Edeka-Pläne unabhängig vom Elbtalcenter

Bekannt sei, so Steinröx, dass sich Elektronikmärkte in der Regel nur dann irgendwo niederlassen, wenn es in unmittelbarer Nähe einen Einkaufsmarkt mit Vollsortiment gibt. Das wäre am Gotenweg durch die Präsenz von Edeka-Altenburg gegeben. Jener Markt sei übrigens von den Center-Plänen völlig unabhängig, wenn es um die angestrebte Erweiterung geht. Diese könne auch auf dem zurzeit genutzten Terrain verwirklicht werden. Das Gleiche gelte für den gegenüber liegenden Rewe-Markt, der ebenfalls erweitern will.

Auch Hagebau will erweitern

Einen neuen, größeren Markt plane – unabhängig von den Elbtalcenter-Entwicklungen - auch Hagebau. Dieser soll nach bisherigen Überlegungen nahe der Umgehungsstraße entstehen, gegenüber dem Bereich Querdeich an der Straße „Pörmkehof“. Sollte Edeka-Altenburg ins Elbtalcenter gehen, dürfte die dann verlassene Immobilie am Develangring nicht wieder für den Einzelhandelsbereich genutzt werden, empfahl Manfred Steinröx. Das gelte auch für Hagebau, wenn dieser von der Ordasstraße zum Pörmkehof umzöge.

Gute Noten für Zentrum an der Jeetzelallee

In seine Betrachtungen einbezogen hatte Steinröx auch das Einkaufszentrum an der Jeetzelallee, das in puncto Kundenzufriedenheit bei Umfragen gut abgeschnitten habe. Wie der Gutachter erwähnte, laufen die Mietverträge der Geschäfte dort 2013 aus. Ob dann alles so bleibt oder ob es Wechsel geben wird, war bislang nicht zu hören.

Internet eine ernste Konkurrenz

Auch Unangenehmes musste Steinröx den anwesenden Geschäftsleuten kundtun: Umfragen hätten ergeben, dass viele Kunden mit „Teilen der Einzelhandelsbetriebe nicht mehr zufrieden“ seien. Diese Unzufriedenheit wachse mit der Entfernung, welche die Bürgerinnen und Bürger von Dannenberg trennt. Besonders Kunden, die von Großstädten in die Jeetzelstadt ziehen, dächten gar nicht daran, ihre Ansprüche in puncto Einkaufsqualität herunter zuschrauben. Folge sei die Haltung: „Wenn ich dies oder das in Dannenberg nicht bekomme, hole ich es mir eben im Internet!“

Der Kunde nehme auf schwächere Betriebe nun mal keine Rücksicht, sagte Steinröx. Solche umsatzschwachen Betriebe fänden sich vor allem im Kernstadtbereich. „Neue, zeitgemäße Angebote fehlen“, mahnte der Gutachter, räumte aber ein, dass es für viele Geschäftsleute schwierig sei, entsprechend „dynamisch zu reagieren“. So mancher Betrieb in der Kernstadt stehe zurzeit „auf tönernen Füßen“ und bekomme nicht so einfach von den Banken das Geld, das zum Beispiel für eine teure Laden-Renovierung vonnöten wäre.

Gutachter warnt vor Fußgängerzone

Dannenberg brauche eine lebendige Innenstadt, durch die man gehen mag, auch ohne eine bestimmte Kaufabsicht zu hegen – und wo man auch gern mal einen Kaffee trinkt: Das brachte Ratsherr Bernard Fathman (Bürgerliste) in der Aussprache nach dem Vortrag des Gutachters zum Ausdruck. Der Frage von Birgit Stute (Grüne), ob eine Fußgängerzone die Attraktivität der Stadt steigern könnte, begegnete Manfred Steinröx mit einer Warnung: So etwas könne dazu führen, dass Dannenbergs Zentrum dann, wenn die Läden geschlossen haben, „ leer wie eine verlassene Goldgräberstadt“ wirkt.

Bürger-Vorschlag: Elektronikmarkt nahe Famila

Fragen und Empfehlungen wurden auch aus den Reihen der Zuhörer laut: Man könne doch mal überlegen, ob sich ein Elektronikmarkt in der Nähe von Famila niederlassen könne, hieß es unter anderem. Zugegen waren auch Aktivistinnen und Aktivisten der Initiative „Pro Altstadt“. Einer ihrer Initiatoren, Heino Rygula, fasste zusammen, was wohl viele im Saal dachten, appellierte sinngemäß: Alle, die für Planungen in Dannenberg verantwortlich sind, sollten dabei die vorhandenen Potentiale berücksichtigen, um die Innenstadt lebendig und als lohnenswertes Ziel zu erhalten.

Foto: Hagen Jung ... Dannenbergs Bürgermeisterin Elke Mundhenk (Grüne, li.) im Gespräch mit Gutachter Dr. Manfred Steinröx




2012-09-19 ; von Hagen Jung (autor),
in Dannenberg (Elbe), Deutschland

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