Thema: soziales

Mit Leidenschaft für den Garten

Seit drei Jahren gibt es inzwischen das Gärtnereiprojekt der Caritas in Dannenberg. Und immer noch sind die TeilnehmerInnen Feuer und Flamme für "ihren" Garten. 

Mit ihrem Sozialgarten hatte die Caritas bereits im vergangenen Jahr große Begeisterung bei Vertretern des Hamburger Bezirksamtes ausgelöst. Dieses Jahr geht es sogar mit vergrößerten Flächen weiter.

Die Männer und Frauen der Gärtnerei können sich vor Anfragen kaum retten. Immer wieder fragen verzweifelte Gartenbesitzer, ob "die Brigade" nicht auch einmal ihren Garten auf Vordermann bringen könnte. "Das ist uns leider verwehrt," so Projektleiter Jürgen Hinz. Denn gesetzliche Bestimmungen geben vor, dass soziale Projekte, die aus öffentlichen Geldern finanziert werden, nicht auf dem regionalen Markt tätig werden dürfen. 

Aber die kräftigen Arbeiter der Gärtnerei haben auch so genug zu tun. Schließlich warten die Abnehmer der Tafel, der Brücke e.V. und des Mehrgenerationenhauses auf die ersten frischen Gemüse der Saison. Deswegen werden jetzt eifrig Beete bestellt, Pflanzen vorgezogen und frühe Sorten in die Erde gebracht. Ein anderer Teil des Teams ist damit beschäftigt, noch die restlichen Arbeiten an neuen Beeten und Wegen fertig zu stellen, die im späten Winter angelegt wurden.

Gemüse für Tafel, Brücke und Co.

Aufgrund der großen Nachfrage an den Erntefrüchten des Gartens entschloß sich die Caritas als Träger des Projektes, mehrere hundert Quadratmeter des Geländes zu roden und für weitere Beete zu erschließen. Und als dann Dannenbergs Bürgermeisterin Elke Mundhenk ihnen noch eine Privatspende für den Bau eines Brunnens zukommen ließ, wuchs der Eifer noch mehr. Eine weitere Spende brachte Rundsteine ein, so dass seit Wochen eifrig an der Ausgestaltung der Brunnenwände und des umgebenden Weges gearbeitet wird.

Überhaupt der Eifer: für ein Sozialprojekt, an dem ausschließlich Menschen teilnehmen, die auf dem Arbeitsmarkt aus den unterschiedlichsten Gründen keine Chance haben, ist das Engagement im Garten außerordentlich groß. Projektleiter Jürgen Hinz und Caritas-Geschäftsstellenleiter Clemens Hansen verweisen stolz auf eine Anwesenheitsquote von weit über 90 % und einen Krankenstand, der noch unter 5 % liegt.

Das kommt nicht von ungefähr. Die Teilnehmer identifizieren sich nach wenigen Wochen mit dem Garten. Er wird zu ihrem zweiten Zuhause. Sie finden Gesprächspartner und vor allen Dingen wissen sie, dass sie an einem Projekt mitarbeiten, welches wiederum anderen Menschen mit ähnlichen Problemen zugute kommt. 

Tag für Tag können sie die Ergebnisse ihrer Arbeit wachsen sehen. Besonders stolz sind sie auf den großen Folientunnel, den Teilnehmer selbst entwickelt haben. Wie muss ein Folientunnel aufgebaut sein, damit er seine Arbeit tut? Wie bauen wir eine sichere Konstruktion, die Wind und Wetter standhält? Wo bekommen wir die notwendigen Materialien? Wer hilft uns bei Arbeiten, die wir nicht alleine machen können?

Alle diese Fragen lösten die Teilnehmer mit Hilfe ihrer fachkundigen Anleiter. Großzügige Spenden örtlicher Bauunternehmen und Baumärkte halfen sehr bei der Umsetzung. Selbst eine automatische Entlüftungsanlage wurde in den ca 60 qm großen Folientunnel eingebaut.

Ab und zu gibt es natürlich auch Probleme . Kürzlich meinte eine Teilnehmerin, sich über alle möglichen hygienischen und Ausstattungs-Mißstände öffentlich beschweren zu müssen. Das zog natürlich mehrere Prüfungen durch die Agentur für Arbeit, das Gewerbeaufsichts- und das Gesundheitsamt nach sich. "Doch alle diese Prüfungen verliefen ohne Beanstandungen," freut sich Clemens Jansen.

Wie den Weg in den Beruf finden?

Für manchen ist die arbeitsame Atmosphäre in dem Projekt aber auch schlichtweg eine Atempause auf dem schwierigen Weg zurück in den Arbeitsmarkt. Ulla Meyer (Nachname von der Redaktion geändert) zum Beispiel wollte eigentlich Altenpflegehelferin werden. In Salzwedel hatte sie bereits eine Ausbildung angefangen, notwendige Zwischenprüfungen absolviert, als sie sich plötzlich mit einem Trägerwechsel konfrontiert sah. Der Betreiber der Bildungsstätte hatte sich entschieden, die Kurse nach Lüchow zu verlagern. 

Das Problem: in Niedersachsen gelten andere Bedingungen als in Sachsen-Anhalt. Prüfungen, die dort ohne Probleme anerkannt worden waren, sind in Niedersachsen nicht gültig. Alle Versuche, die mühselig erworbenen Prüfungsscheine hierzulande anerkennen zu lassen, scheiterten.

Ulla M. hätte praktisch die gesamte Ausbildung noch einmal von vorne beginnen müssen. Für die rund 30-jährige ein riesengroßer Frust. "Ich hatte schon so viel gelernt und einen großen Teil der Ausbildung absolviert. Jetzt sollte ich alles noch einmal von vorne beginnen? Nein, das wollte ich nicht mehr." Sie resignierte. Glücklicherweise bekam sie einen Platz im Sozialgarten.

Hier lebt sie jetzt auf, beteiligt sich engagiert an den Arbeiten und versucht, mit Hilfe der regelmäßig stattfindenden Gespräche mit SozialpädagogInnen der Caritas eine neue Perspektive zu finden. 

Das Problem: eine dauerhafte Perspektive fehlt

Clemens Jansen bedauert, dass er den TeilnehmerInnen nicht selbst eine dauerhafte Perspektive bieten kann. "Viele würden liebend gern im Garten bleiben. Doch das ganze Konzept ist vom Jobcenter darauf angelegt, dass die Teilnehmer maximal zwei Jahre finanziert werden," berichtet er. "Da der Garten aufgrund gesetzlicher Bestimmungen nicht eigenwirtschaftlich arbeiten darf, gibt es keine Möglichkeit, sie hier zu behalten."

Was fehlt, sind also Anschlussprojekte, die wirtschaftlich arbeiten dürfen und in die die gut qualifizierten Teilnehmer dann wechseln könnten. 

So müssen die Teilnehmer damit leben, dass sie zwei gute Jahre im Garten haben und dabei viel über gärtnerische und handwerkliche Tätigkeiten lernen. Manch einer kann sich jetzt schon als Pflasterer bewerben, andere hätten jederzeit als Gärtnereigehilfe eine gute Chance. Die SozialpädagogInnen helfen dabei, womöglich in einem regionalen Betrieb unterzukommen.

Übrigens: es ist durchaus schon vorgekommen, dass Teilnehmer, die das Projekt wegen Zeitablauf verlassen mussten, danach als ehrenamtliche Mitarbeiter zurückkehrten. Sie mochten das gute Team und die Arbeit im Garten nicht mehr missen. 

Foto / Angelika Blank: Besonders stolz sind Teilnehmer und Projektleiter Jürgen Hinz (li) auf den selbst entwickelten und gebauten Folientunnel.





2015-03-27 ; von Angelika Blank (autor),
in Am Besenberg, 29451 Dannenberg (Elbe), Deutschland

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