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Nuri El Ruheibany: musikalische Brücke zwischen Orient und Okzident

Am Sonntag fand in Hitzackers VERDO eine besondere Uraufführung statt: Nuri El Ruheibany dirigiert dort die Magdeburger Philharmonie. Im Programm schlug der Komponist und Dirigent einen Bogen zwischen arabischen und westlichen Einflüssen in der Musik.

Das große Sommerkonzert im "Verdo" mit seinen 700 Plätzen im wendländischen Hitzacker am Sonntag war so etwas wie eine späte Genugtuung für Nuri El Ruheibany: ausverkauftes Haus, Standing Ovations. Das war aber nicht von Anfang an klar: Für dieses schlicht atemberaubende Konzert mit der Magdeburger Philharmonie musste der in Syrien geborene Komponist und Dirigent Ruheibany im Vorfeld vieles erdulden - entwürdigende Gänge zu und Bettelbriefe an Sponsoren eingeschlossen.

Ruheibanys Wirken in seinem Heimatland wurde im Wendland, wo der in der syrischen Hauptstadt Damaskus geborene Künstler seit Jahrzehnten lebt und arbeitet, nie so richtig wahrgenommen. In Syrien aber ist Ruheibany ein Star. Für seine musikalischen Brückenschläge zwischen Orient und Okzident wurde Ruheibany in der Staatsoper in Damaskus, der Hauptstadt des geschundenen Landes, noch vergangenes Jahr frenetisch gefeiert.

Im Westen aber stand zu dieser Zeit der Krieg im Vordergrund der Berichterstattung. Ruheibany leistet sich einen eigenen, unabhängigen Blick auf die Dinge in Syrien - "es ist nicht alles so holzschnittartig einfach, wie in den westlichen Medien dargestellt", meint der gebürtige Damaszener. Das hat dem 72-jährigen nicht nur Sympathie eingebracht in den vergangenen Jahren.  

Am Sonntag aber stand aber Ruheibanys musikalisches Wirken im Vordergrund, und die begeisterten Besucher erlebten einen beeindruckenden Querschnitt durch das Oeuvre des in Leipzig und Dresden ausgebildeten Komponisten. In seiner Arbeit verzichtet Ruheibany auf avantgardistische und atonale Strömungen, vielmehr versucht er, mit klarer Linie seine orientalischen Wurzeln in der Musik wiederzugeben. Der Auftakt des Abends gehörte jedoch Ruheibanys Meisterschülerin Catharina Schorling mit dem berühmten Klavierkonzert d-moll KV 466 von W.A. Mozart - ihr erster großer Auftritt. Die Abiturientin spielte das anspruchsvolle Werk auswendig mit einer atemberaubenden Sicherheit.

Herausragend interpretierten Solistin und Orchester den dialogisierenden Wettstreit zwischen Solo und Tutti - das Publikum feierte Orchester und die junge Solistin. Ein weiterer Höhepunkt des Abends: die Uraufführung der Arabischen Symphonischen Tänze und Lieder von Nuri El Ruheibany. Arabische Tänze sucht man bisher vergeblich in der sinfonischen Musikliteratur.

Bei den meisten Versuchen europäischer Komponisten, "arabisch" zu komponieren, fehlt es an Originalität - eine Lücke, die Ruheibany nun geschlossen hat: Für seinen lang gehegten Traum, arabische Tänze und Lieder für großes Orchester zu realisieren, traf der Komponist eine Auswahl an traditionellen Liedern und schlug eine wohlklingende wie temperamentvolle Brücke zwischen Orient und Okzident.

In den "Musikalischen Bildern aus dem Orient" für großes Orchester schildert Ruheibany seine lebendigen Eindrücke und Erlebnisse seiner ersten Heimat Syrien. Opernsängerin Souzan Haddad, extra aus Syrien eingeflogen, huldigte in der Ballade "Ya Toyour" (Oh, Vögel) der Liebe und dem Leiden - ein atemberaubender Moment. Ihrem zweiten Lied "Ya Zahratan" (Oh, Blume) lag ein arabischer Tango aus einem Film der 50er Jahre zugrunde.

Mit einem "Vater unser" auf aramäisch beteten Ruheibany und Haddad mit Tränen in den Augen am Ende gemeinsam mit dem Publikum für Frieden in Syrien - ein schmerzlicher Moment, der bewusst machte, dass dieser Konzertabend ein in vielerlei Hinsicht besonderer war.


Nico und Souzan: Verwandt!

Wenige Tage nach dem Konzert stellte sich übrigens heraus, dass die syrische Sängerin Souzan Haddad mit dem in Lüchow allseits bekannten Nico Haddad eine gemeinsame Geschichte verbindet.  Im Stones-Museum traf Souzan Haddad völlig zufällig auf Nico Haddad - um dabei mit
großer Freude festzustellen, dass beide nicht nur den gemeinsamen Familiennamen teilen, sondern auch, dass ihre Eltern aus der kleinen Stadt Zahle im Libanon, dem Geburtstort von Nico, stammen. Da gab es selbstverständlich erst mal eine herzliche Umarmung und einen Kaffee gratis!

Für Souzan und Nico stand es natürlich außer Frage, als Nächstes bei ihren Verwandten zu Hause den genauen Verwandtschaftsgrad zu erkunden.  




2013-07-25 ; von Björn Vogt (autor),
in Dr.-Helmut-Meyer-Weg 1, 29456 Hitzacker (Elbe), Deutschland

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