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Gorlebengegner: Zufrieden unzufrieden mit dem Kompromissvorschlag

Im Laufe des Sonntages wurden Details zum Kompromissvorschlag zum Endlagersuchgesetz bekannt - nicht alles ist zur Zufriedenheit der Gorlebengegner im Wendland. Auf der Mitgliederversammlung der BI wurde dem Vorschlag mit gemischten Reaktionen begegnet.

Auf der Mitgliederversammlung der Bürgerinitiative Umweltschutz wurde die Nachricht von der Einigung in Sachen "Endlagersuchgesetz" mit skeptischem Optimismus aufgenommen. "Zufrieden sind wir, dass die Öffentlichkeit in das Verfahren stärker eingebunden werden soll," so BI-Vorsitzender Martin Donat. "Unzufrieden müssen wir aber bleiben, dass Gorleben als möglicher Standort für radioaktiven Abfall weiter im Spiel bleibt."

Auch die Absage der Castortransporte nach Gorleben nimmt die BI eher skeptisch auf. "Die Castoren sollen da bleiben, wo sie sind," so Ehmke. "Da geht es uns gar nicht um den Transport nach Gorleben. Es gibt keine Notwendigkeit, die Castorbehälter auf derart weite Reisen zu schicken." Skeptisch bleibt die BI auch, weil eine Fußnote im vorgelegten Kompromissvorschlag darauf verweist, dass für die Absage der Castortransporte die Zustimmung "der betroffenen Bundesländer" notwendig ist. 

Genau beobachten werden die Gorlebengegner auch, wie die Enquetekommission tatsächlich zusammengesetzt sein wird, welche Aufträge sie erhält und inwieweit die Ergebnisse der Kommissionsarbeit in die späteren Bundestags- und Bundesratsbeschlüsse tatsächlich einfließen werden.   

Trotzdem wertete die BI den vorgelegten Kompromissvorschlag als "Chance, die uns aber in den nächsten zwei Jahren unglaublich viel Arbeit machen wird," wie es BI-Sprecher Wolfgang Ehmke in der Sitzung ausdrückte. Andere BI-Mitglieder sprachen gar von einem "Wunder, dass das so gekommen ist." Hauptdiskussionspunkt blieb die Frage, wie sich die BI in den weiteren Prozess einmischen werde - eine vertiefte Auseinandersetzung mit dem Kompromissvorschlag wurde allerdings vorerst vertagt.

Details des Kompromissvorschlags

  • Eine Enquetekommission, zusammengesetzt aus 24 Abgeordneten, VertreterInnen von Umweltverbänden, Religionsgemeinschaften, Wissenschaft, Wirtschaft und Gewerkschaften soll  Grundsatzfragen für die dauerhafte Lagerung von hochradioaktiven Stoffen  erörtern und klären.
  • Der Bundestag - mit Zustimmung des Bundesrats - muss sowohl über die Berufung der Mitglieder als auch des Vorsitzenden entscheiden. Ebenso müssen beide Gremien den konkreten Arbeitsauftrag in einem gemeinsamen Einsetzungsbeschluss festlegen.
  • Die Enquete-Kommission tagt grundsätzlich öffentlich. Empfehlungen und Entscheidungen sollen von einem Quorum von 2/3 der Mitglieder getroffen werden, um auf diese Weise möglichst weitgehend Übereinstimmung herzustellen.
  • Bis 2015 soll die Kommission ihre Arbeit abgeschlossen haben.

Insbesondere soll sich die Kommission mit folgenden Fragen beschäftigen:

  • Festlegung von spezifischen Mindestanforderungen, Ausschlusskriterien und Abwägungskriterien,
  • Festlegung von Kriterien für die Fehlerkorrektur (Rücksprünge, Rückholung, Bergung, Wiederauffindbarkeit)
  • Festlegung der Anforderungen an die Organisation und das Verfahren des Suchprozesses und die Prüfung von Alternativen und
  • Beteiligung der Öffentlichkeit und Sicherstellung der Transparenz.

Ferner ist vorgesehen die Erörterung gesellschaftspolitischer und technisch-wissenschaftlicher Fragen, wie zb:

  • Empfehlungen zum Umgang mit bisher getroffenen Entscheidungen und Festlegungen in der Endlagerfrage und
  • die Analyse internationaler Erfahrungen und daraus folgender Empfehlungen für ein Lagerkonzept.
Über den späteren Standort des Endlagers soll ebenfalls durch Bundestagsbeschluss entschieden werden. Die davor zu treffenden Entscheidungen sollen auf der Grundlage einer Parlamentsentscheidung durch einfachen Beschluss der Regulierungsbehörde vorgenommen werden. Der Parlamentsbeschluss über den Endlagerstandort wird ein geordnetes Genehmigungs/Planfeststellungsverfahren nicht ersetzen. So soll sichergestellt werden, dass der Rechtsweg nicht verkürzt wird und der Verursacher für die Kosten aufkommt.  

Über die wirtsgesteinsabhängigen Ausschlusskriterien und Mindestanforderungen und die wirtsgesteinsunabhängigen Abwägungskriterien wird auf der Grundlage der Empfehlungen der Enquete-Kommission ebenfalls im Rahmen der Überarbeitung des Standortauswahlgesetzes entschieden. Grundlage sind hier die Empfehlungen des AK End sowie BMI- und BMU Kriterien von 1983 bzw. 2010 und Kriterien der BGR Salzstudie 1995. Die Einrichtung eines Salzlabors unterbleibt, ebenso unterlbeit eine vorzeitige Enteignung von Bergeigentum.

Noch vor der Sommerpause soll der Gesetzentwurf von Bundestag und Bundesrat verabschiedet werden. Die abschließende Zustimmung Niedersachsens steht unter dem Vorbehalt, dass die vorstehenden Punkte mit der Anlage im Gesetzentwurf eingearbeitet werden und eine möglichst einvernehmliche Verständigung über die Besetzung der Enquete erreicht werden kann.

Nach Abschluss der Arbeit der Enquete-Kommission wird das Standortsuchgesetz gegebenenfalls von Bundestag und Bundesrat noch einmal geändert. Erst danach beginnt das weitere Verfahren.

Harms: Kompromissvorschlag großer Fortschritt

Die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Europäischen Parlament, Rebecca Harms, begrüßt den heutigen neuen Kompromissvorschlag zur Endlagersuche:

"Soweit ich die Vereinbarung von heute kenne, sehe ich darin einen großen Fortschritt. Sicher ist es hart, dass es jetzt zunächst weiterhin nicht zu einer Aufgabe des Endlagerstandortes Gorleben kommt.

Aber die Einsetzung einer Enquetekommission mit einem umfassenden Auftrag und breiter gesellschaftlicher Beteiligung bietet nach Jahrzehnten der Ignoranz  die große Chance, sich in Deutschland  über das Problem Atommüll und seine Lösung fundiert zu verständigen. Eine solche gesellschaftliche Verständigung ist der unverzichtbare Ausgangspunkt für ein verantwortbares Vorgehen. " 



2013-03-25 ; von Dirk Drazewski (autor), Angelika Blank (autor),
in 29494 Trebel, Deutschland

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